Ein verführerischer Pakt
zog an seiner Hand, und Guy sah die großen, vertrauensvollen Augen des Jungen.
"Danke, dass du zu uns gekommen bist", sagte Beau.
Seine Zweifel lösten sich augenblicklich in Luft auf, und er lächelte. "Das ist doch selbstverständlich. Wo sollte ich sonst sein?" Irgendwo in den Straßen von London, nichts Gutes im Schilde führend, nur das tuend, was ihm ein paar Silbermünzen eingebracht und den Status quo aufrechterhalten hätte. Das war kein Leben.
Nun, da sich sein Verstand zu dieser Veränderung durchgerungen hatte, konnte er wenigstens hier etwas Gutes bewirken. Aber es war nicht nur seine Vernunft, die ihn dabei lenkte, auch sein Herz, wie er sich eingestehen musste.
Als er den Jungen nach dem Frühstück an seine Schulbücher gesetzt hatte, zog Guy sich in die Bibliothek zurück, um zwei Briefe zu schreiben. Der Zeitpunkt war gekommen, um ein paar offene Rechnungen einzufordern.
Er brauchte Smarky hier an Ort und Stelle, auch wenn dieser mit seinen Nachforschungen in London noch nicht fertig war. Für ein gutes Entgelt würde der Mann bleiben und eine zuverlässigere Wache abgeben, als wenn er einen von den Einheimischen einstellte. Und obwohl es bestimmt vierzehn Tage dauern würde, Thomas Snively von Edinburgh nach Sylvana Hall zu holen, wollte er ihm doch in wenigen Worten den Sachverhalt schildern und ihn bitten, ebenfalls zu kommen. Wenn Snively wegen seiner Stellung an der Universität nicht persönlich zu ihnen reisen konnte, dann würde er gewiss jemand anderen schicken, der mehr Erfahrung hatte als der alte Dr. Ephriam.
Guy war klar, dass sein Vater ein hoffnungsloser Fall war, aber Lily war es nicht. Dafür musste er Sorge tragen. Wenn jemand schon frühzeitig in die Behandlung seines Vaters eingegriffen hätte, wäre er vielleicht auch geheilt worden. Mit dreizehn war Guy noch zu jung gewesen, um zu wissen, was zu tun gewesen wäre, doch ein paar Jahre später hatte er einen bekannten Londoner Arzt hinzugezogen. Aber da, so war ihm versichert worden, hatte man nichts mehr für den Patienten tun können, außer ihn ruhig zu halten, ihn vor sich selbst zu schützen und ihm Laudanum zu verabreichen, wenn er seine Anfälle bekam.
Duquesne war entschlossen, in diesem Fall nicht aufzugeben und den besten Arzt, den es gab, hinzuzuziehen. Ein solcher sollte untersuchen, wie es um Lily wirklich bestellt war, damit er sie möglicherweise heilen konnte, ehe ihr Zustand sich verschlechterte.
"Noch einmal – guten Morgen!" wünschte Lily und betrat die Bibliothek. Ihm kam es vor, als würde es schlagartig heller im Raum, und er stand auf, um sie mit einem bewundernden Lächeln zu begrüßen.
Das cremefarbene Morgenkleid raschelte leise, als Lily sich in den Sessel setzte, der gegenüber von seinem Schreibtisch stand. Ein zarter weißer Spitzenschleier lag über ihren sorgfältig frisierten Locken und verbarg die Tatsache, dass sie eigentlich viel zu kurz waren.
Guy sehnte sich danach, ihr Haar zu berühren, mit dem Finger über ihre zarte Wange zu streichen und die rosigen Lippen zu berühren, ja, sie zu küssen, wie er es in der vorletzten Nacht getan hatte. Seltsam, wie sie ihn zu erregen vermochte, auch wenn sie es gar nicht darauf anlegte.
"Ich bin gekommen, um dir dafür zu danken, wie du Beau vorhin auf andere Gedanken gebracht und dich um ihn gekümmert hast."
"Nicht doch. Er hat ziemlich genörgelt wegen der Aufgaben, die ich ihm nach dem Frühstück gestellt habe, aber er hat sich trotzdem an sie herangemacht."
"Ich habe einen flüchtigen Blick ins Kinderzimmer geworfen, aber er war so vertieft, dass er mich gar nicht gehört hat. Latein etwa?" fragte sie scherzhaft.
Er musste lachen. "Rechtschreibung. Seine Fertigkeiten darin lassen zu wünschen übrig." Er warf einen Blick auf den Schreibtisch und verzog das Gesicht. "Meine auch."
"Ach, Übung macht den Meister. Oder musste früher jemand mit einer Rute hinter dir stehen, damit du deine Aufgaben erledigst hast, obwohl ich mir das bei dir beim besten Willen nicht vorstellen kann."
Und Guy wiederum konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese lebhafte junge Frau eines Tages möglicherweise ihren Verstand verlieren sollte. Aber auch sein Vater war einmal stark und imposant gewesen.
Lily sah auf die Briefbögen unter seiner Schreibfeder. "Störe ich dich bei deiner Korrespondenz?"
"Ganz und gar nicht. Ich bin fertig", versicherte er. Er beschloss, vollkommen ehrlich bezüglich seines Vorhabens zu sein. Das war
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