Ein verführerischer Pakt
Scheu ablegen, davon war er überzeugt. Er wollte, dass sie sich ihm mit Leib und Seele hingab und ihn so akzeptierte, wie er war, mit allen Fehlern und Schwächen. Vielleicht war das ja egoistisch gedacht.
Natürlich war es das. Er erwartete von ihr, sich zu ändern, wenn er selbst gar nicht in der Lage dazu war? Das war mehr als nur egoistisch, das war unmöglich. Aber Guy wusste, dass er nie der puritanische Liebhaber sein konnte, den sie im Bett zu erwarten schien. Er konnte niemals ein zweiter Jonathan Bradshaw werden, für sie nicht und für keine andere Frau.
Vielleicht konnte sie aber nicht diejenige sein, die er sich wünschte? Doch Guy wusste, er hatte schon einmal, wenn auch nur ganz flüchtig, einen herrlich ungestümen Zug an ihr wahrgenommen, der viel zu natürlich wirkte, um gespielt zu sein. Er nahm sich fest vor, ihn wieder zum Vorschein zu bringen.
Wenn er sich selbst ein wenig änderte, vielleicht etwas mehr Sanftheit zeigte, konnten sie womöglich beide davon profitieren. Einen Versuch war es jedenfalls wert.
Schon vor langer Zeit hatte ihm sein Vater den Rat gegeben, stets so anzufangen wie er weitermachen wollte. Das hatte Guy sich zu Herzen genommen. Es war ein guter Rat gewesen, und er hatte ihm oft geholfen.
Die Art, wie er mit Lily im Bett begonnen hatte, gereichte ihm allerdings nicht zur Ehre.
10. Kapitel
Bei dem zwanglosen Abendessen setzte Guy sein Vorhaben in die Tat um, Lily aus der Reserve zu locken. Es erwies sich jedoch als etwas schwierig, ihr zweideutige Bemerkungen und vielsagende Blicke über Beaus Kopf hinweg zuzuwerfen, gleichzeitig aber auch die Rolle des zuvorkommenden Ehemanns und umsichtigen Stiefvaters zu spielen.
Die verzehrenden Blicke waren nicht gespielt. Lily trug ein dunkelrotes Kleid, das sein Blut in Aufruhr brachte. Ihr Busen war zwar nicht besonders groß, aber sie verstand es trefflich, ihn zur Geltung zu bringen. Ihre Taille wirkte in dem Gewand geradezu zerbrechlich, während ihre bloßen Schultern im Kerzenschein samtig schimmerten. Guy hatte sich nie sonderlich für Mode interessiert, aber an diesem Abend war das eindeutig anders. Lilys Anblick raubte ihm fast den Atem.
Sie ging auf ihn ein und warf ihm gelegentlich beinahe kokette Blicke unter halb gesenkten Lidern zu, während sie die köstliche Mockturtlesuppe aßen, die die Köchin auf ihren Wunsch hin zubereitet hatte. Für Guy die reinste Verschwendung, denn er nahm ohnehin nichts davon wahr. Er glaubte noch immer, ihre Lippen schmecken zu können.
Lily hatte ihre rotgoldenen Locken nach hinten gekämmt und sie mit einem schlichten, dunkelroten Samtband zusammengefasst.
"Es ist unbedingt ein Vorteil, sich zum Abendessen umzukleiden", stellte er heiser fest. Sein Verlangen nach ihr war unbeschreiblich.
Seine eigene Dinnerkleidung entsprach zwar nicht mehr der allerneuesten Mode, aber wenigstens war er einigermaßen passend angezogen für einen Landedelmann, der en famille speiste.
Ihr vergnügtes Lächeln und ihre Stimme rissen ihn aus seinen Gedanken. "Noch etwas Suppe?"
Er lachte trocken. "Ich hätte eigentlich viel mehr Lust auf den Nachtisch!"
"Keinen Nachtisch, ehe man nicht alles andere aufgegessen hat!" verkündete Beau. "Das ist Mutters eiserne Regel!"
Guy schüttelte belustigt den Kopf. "Mutters Regeln sollten wir unbedingt Folge leisten."
Lily zog eine Braue hoch, lächelte ihn aber weiterhin an, eine Dame durch und durch. Trotzdem glaubte er, einen kleinen Erfolg verbuchen zu können. Anstatt angesichts seines Verhaltens eine eisige Miene aufzusetzen, schien sie das Ganze eher mit Humor aufzunehmen. Irgendwie war alles absurd.
Als sie endlich das Erdbeertrifle verspeist hatten, erhob Lily sich. "Wenn ihr beide mich entschuldigen wollt, werde ich euch jetzt für den Drink allein lassen."
Guy erkannte, dass sie ihren Sohn mit dem richtigen Protokoll vertraut machen wollte. Sobald das offizielle Essen beendet war, verließen die Damen die Herren, damit diese ihre Zigarren und ihren Brandy genießen konnten. Er fragte sich, ob sie es für nötig hielt, ein wenig an seinem Schliff zu arbeiten. Flüchtig spielte er mit dem Gedanken, Beau eine Zigarre anzubieten. Das würde ihr sicher in mancher Hinsicht die Augen öffnen.
Wie durch Zauberhand erschien ein Butler, um die Getränke zu servieren. Beau bekam ein Glas Ziegenmilch, während sich Guy für seinen gewohnten Brandy entschied.
Als sie wieder unter sich waren, meldete sich Lilys Sohn zu Wort, und er klang sehr
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