Ein verführerischer Pakt
erwachsen dabei: "Ich würde gern etwas mit dir bereden."
Also ging es doch nicht nur um Protokoll und Etikette. Guy nahm einen Schluck Brandy und nickte ihm ermutigend zu.
Der Junge runzelte die Stirn und machte ein ernstes Gesicht. Belustigt stellte Guy fest, dass sein Milchbart gar nicht so recht dazu passen wollte. "Es geht um die Schule."
Guy zuckte die Achseln. "Darüber haben wir uns doch schon unterhalten. Ich habe dir versprochen, dich nicht fortzuschicken. Hast du noch immer Angst, ich könnte das tun?"
Die Falte zwischen Beaus Augenbrauen wurde tiefer. "Vielleicht sollte ich tatsächlich weggehen. Mama befürchtet, mir wieder einen Schrecken einzujagen. Ich habe ihr versprochen, beim nächsten Mal ganz tapfer zu sein, aber sie macht sich trotzdem Sorgen, und das will ich nicht. Ist es in der Schule denn so schlimm?"
Guy seufzte. "Nein, es kann sogar recht lustig sein. Ich bin sehr gern dorthin gegangen. Es ist natürlich deine Entscheidung, aber ich fände es besser, wenn du die Schule erst mit zehn oder zwölf besuchen würdest."
Ein Hoffnungsfunken glomm in Beaus Augen auf. "Ehrlich? Warum?"
Es bestand kein Anlass, dem Jungen etwas vorzumachen. Guy wünschte nur, jemand hätte ihn beraten, ehe er in die Schule gekommen war. "Oft haben die kleineren Jungen Schwierigkeiten, sich in eine schon bestehende Gruppe älterer Kameraden einzugliedern."
Lilys Sohn nickte nachdenklich und trank noch einen Schluck Milch. "Werden sie verprügelt?"
Guy lächelte. "Manchmal." Fast immer, hätte er am liebsten hinzugefügt. Es lag in der Natur der kleinen Ungeheuer, Schwächere rücksichtslos unterzubuttern. "Mit zehn oder zwölf bist du dann schon um einiges größer als jetzt. Und ich bin gern bereit, dich bis dahin in ihre Spielregeln einzuweihen, damit du ihnen etwas entgegenzusetzen hast."
Beau leerte sein Glas, setzte es ab und stand auf. "Du bist ein echter Kamerad, Guy." Er grinste und leckte sich die Oberlippe sauber. Als er an Duquesne vorbeiging, versetzte er ihm einen leichten Schubs gegen die Schulter. "Gute Nacht!"
Guy prostete ihm mit seinem verbliebenen Brandy zu. Er brachte nur ein Nicken und ein Lächeln zu Stande, denn er war zu gerührt, um sprechen zu können. Der Viscount verspürte das dringende Bedürfnis, Lily zu berichten, was geschehen war, aber wahrscheinlich hörte sich die Sache im Nachhinein erzählt ganz unbedeutend an. Vielleicht empfand sie sie sogar als verfrühte Einmischung seinerseits. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich allein an der Tatsache zu erwärmen, dass er nun doch noch, zu guter Letzt, ein Vater wurde. Er war sich nie bewusst gewesen, dass er sich das gewünscht hatte, geschweige denn, wie sehr.
Lily deckte Beau zu, sprach mit ihm das Abendgebet und gab ihm einen Gutenachtkuss. Er wirkte ruhiger, so als sei ihm eine große Last von den Schultern genommen worden. Das lag wohl daran, dass er all seine Probleme mit Guy besprechen konnte – wie sie auch. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, was sie getan hätte, wenn er ihren Antrag nicht angenommen hätte. Wenn er nicht da gewesen wäre und die Dinge in die Hand genommen hätte.
Sie kehrte in ihr Zimmer zurück, um sich umzuziehen. In dieser Nacht würde sie nicht nach unten gehen und ihm in der Bibliothek Gesellschaft leisten. Er würde zu ihr kommen.
Von diesem Gedanken beseelt griff sie nach einem schlichten Nachthemd und einem hauchdünnen Morgenmantel aus elfenbeinfarbener Seide. Beides hatte sie noch nie zuvor getragen. Beim Aufräumen ihrer Kleiderschränke waren Sachen zum Vorschein gelangt, die sie längst vergessen hatte.
Die Schneiderin in Maidstone hatte mehrere verführerische Schlafgewänder für sie angefertigt, als Lily vor ihrer Hochzeit mit Jonathan ihre Aussteuer in Auftrag gegeben hatte. Damals hatte Lily sie sogar für die intime Atmosphäre des Schlafzimmers als zu unschicklich empfunden und sie sofort weggepackt. Der Lavendelduft des Nachthemds, das sie nun in der Hand hielt, war immer noch ein wenig zu aufdringlich. Sie faltete es auseinander und schüttelte es mehrfach aus, ehe sie es sich über den Kopf zog. Als sie die raschelnde Seide auf ihrer Haut spürte, kam sie sich sehr frivol und sinnlich vor. Einen Augenblick lang stellte sie sich Guys Hände vor, wie sie sich um ihre Taille legten, über ihre Hüften strichen … Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr.
In dieser Nacht würde alles anders sein. Dieses Mal würde sie nicht einfach still abwarten. Dieses Mal würde sie
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