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Ein verführerischer Pakt

Ein verführerischer Pakt

Titel: Ein verführerischer Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyn Stone
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würde er niemals herausfinden, was er unbedingt wissen musste.
    Da. Ganz schwach, aber er konnte den Puls fühlen. Rasch hob er sie auf, trug sie ins Haus und legte sie auf das Bett. Sie rührte sich nicht. Vielleicht das Herz? Oder sie hatte sich einfach im Garten überanstrengt und war ohnmächtig geworden. Für Herzprobleme wirkte Andolou noch ein wenig zu jung.
    Es war überhaupt schwierig zu sagen, wie alt sie sein mochte. Ihr milchkaffeebraunes Gesicht und der Hals wiesen kaum Falten auf. Ihre anmutigen Hände mit den langgliedrigen Fingern waren übersät mit Brandnarben, die Nägel waren kurz geschnitten. Von der Figur her, mit ihren straffen Brüsten und den schmalen Hüften, erinnerte sie eher an ein junges Mädchen.
    Er konnte nachvollziehen, welchen Reiz sie auf jemanden wie seinen Vater ausgeübt haben musste. Sie war exotisch, rassig, geheimnisvoll – das genaue Gegenteil von einer kühlen englischen Schönheit.
    Guy hatte zu viele Frauen dieses Typs in London gesehen, um sie noch attraktiv finden zu können. Es gab Hunderte von Andolous in den Freudenhäusern dort, erbärmliche Geschöpfe, von Männern im Stich gelassen, die sie einst nach England mitgenommen hatten und ihrer dann überdrüssig geworden waren.
    Nein, für Guy war Lily die aufregendste Frau, die er sich vorstellen konnte. Nie war er einer Frau begegnet, die sein Blut so in Erregung versetzen konnte wie sie.
    Doch was sollte er nun mit Andolou machen? Er wollte sie nicht bewusstlos auf dem Bett zurücklassen, während er Hilfe holte. Und wer würde diese überhaupt leisten? Der alte Dr. Ephriam etwa, der in ihr womöglich eine Bedrohung seines eigenen Berufsstandes sah? Wenn es wirklich ihr Herz war, dann würde eine Dosis Laudanum auch nichts bewirken, und das war anscheinend das einzige Medikament, das dieser Arzt kannte.
    Wenn es Guy gelang, sie wieder zu beleben, konnte sie ihm vielleicht selbst sagen, welche Arznei sie benötigte. Er goss Wasser aus dem Krug in die Waschschüssel, tränkte einen Lappen, den er gefunden hatte, und kühlte ihr damit das Gesicht. Leise redete er auf sie ein, nannte sie beim Namen und beschwor sie aufzuwachen.
    Er war schon kurz davor aufzugeben, als ihre Lider plötzlich zu flattern begannen. Sie stöhnte auf und sah ihn aus trüben, dunkelbraunen Augen an. Sie lächelte wie ein Mensch, der unter großen Schmerzen litt. "Grifford? Du hast nicht den kleinen Mann geschickt?"
    Den kleinen Mann? Auf einmal wurde ihm klar, dass sich das Wort "klein" nicht auf die Körpergröße bezog, sondern auf den Status. Der Kammerdiener seines Vaters hatte sonst immer den Tee geholt. "Mimms? Nein, dieses Mal nicht."
    Andolou war Guy nie begegnet, daher verwechselte sie ihn vermutlich mit seinem Vater. Wie lange hatte dieser sie wohl nicht mehr besucht? Er beschloss, den Irrtum nicht aufzuklären. "Andolou? Bist du krank?" Wieder tupfte er ihr die Stirn ab. Dabei verrutschte das Tuch, das sie wie einen Turban um ihren Kopf geschlungen hatte. Ihre schwarzen Locken waren von Silberfäden durchzogen.
    Sie zupfte an seinem Ärmel und sah stirnrunzelnd zu ihm hoch. "Du gekommen, um mich sterben zu sehen, Grifford?"
    "Nein, Andolou." Er blickte zu den Regalen hinüber. "Sag mir jedoch, was du brauchst, damit du dich besser fühlst."
    "Das 'ilzpulver", keuchte sie plötzlich und sah zum Tisch. "Nimm nicht mehr. Die ganze Zeit er es versprechen. Er sagt, du bald kommen, ganz gesund, bald." Sie verzog schmerzlich das Gesicht und presste die Hand gegen die Brust. "Du jetzt gesund."
    Guy hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, aber er wollte sie trösten, sie beschwichtigen – und vor allem wollte er ihr die Information entlocken, die er benötigte, ehe sie wieder ohnmächtig wurde. "Ja, gut, ich verspreche es, ich werde nicht mehr davon nehmen. Aber sag mir, was du in den Tee getan hast, Andolou. Ich muss es wissen, es ist sehr wichtig."
    Sie stieß einen langen Seufzer aus und schloss die Augen. "Du zu Ende. Nicht mehr", murmelte sie matt. "Ich zu Ende …"
    Guy versuchte, sie wieder aufzuwecken, dieses Mal aber ohne Erfolg. Ein letzter rasselnder Atemzug, dann war sie still.
    "Andolou?" Er schüttelte sie erst sanft, dann ein wenig kräftiger, aber ihr Körper blieb schlaff und leblos. Er legte die Finger an ihren Hals, spürte aber keinen Puls mehr. Daraufhin schob er ihre Hände von der Brust fort und schmiegte sein Ohr an ihr Herz. Sie war einfach fortgegangen, ohne einen Laut, ohne ein letztes Wort zum Abschied.
    Guy

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