Ein verführerischer Pakt
senkte den Kopf und fühlte sich niedergeschlagen. Hier saß er nun neben der toten Geliebten seines Vaters und hatte nicht die geringste Ahnung, was er tun sollte. Nach einer Weile nahm er ihre Hände, um sie zu falten. Dabei spürte er plötzlich etwas Spitzes, Hartes unter ihrem Kleid.
Er riss den Stoff auseinander und sah sofort das Stück Metall, das tief in ihr steckte, direkt unterhalb der linken Brust. Wie konnte es geschehen, dass ihm das vorher entgangen war?
Guy fluchte. Jemand hatte sie erstochen, und dabei musste das Heft des Messers abgebrochen sein. Die Klinge ragte kaum einen Millimeter aus ihrer Haut heraus. Andolou hatte kaum geblutet, zumindest nicht äußerlich, und das wenige Blut, das ausgetreten war, fiel auf dem Rot ihres Kleides kaum auf.
Er deckte sie zu und stand auf. Er musste den Constabler holen. Hier war ein Mord begangen worden, und Guy ahnte instinktiv, dass dieser mit dem Tee und dessen Zusätzen zu tun hatte. Andere Gründe konnte er sich in diesem Augenblick nicht vorstellen.
Wenn jemand Andolou getötet hatte, um sie zum Schweigen zu bringen, dann befand sich womöglich auch Mimms in Gefahr. Er musste nach Edgefield Manor und weitere Wachen aufstellen.
Nach einem letzten Blick auf die Tote eilte Guy an den Tisch und nahm die geschnitzte Teekiste und das Glasgefäß mit seinem ascheähnlichen Inhalt an sich. Was immer das auch sein mochte, er hatte das Gefühl, dass diese beiden Dinge die Ursache für die Probleme seines Vaters und wahrscheinlich auch Lilys waren.
15. Kapitel
Es war ein langer, harter Tag gewesen, und er war noch nicht vorbei. Lily begab sich zu ihrem Mann und Konstabler Frick in den Salon. Beau hatte man in Guys ehemaligem Kinderzimmer zu Bett gebracht, und Smarky hatte geschworen, mit einer Waffe in der Hand vor seiner Tür zu schlafen.
Den ganzen Nachmittag hatte dieser dürre kleine Mann Beau mit den wildesten Geschichten von Straßenräubern und Piraten unterhalten, in der Umgangssprache der Hafenarbeiter von London. Lily mochte um das Zartgefühl ihres Jungen besorgt sein, aber um seine Sicherheit musste sie sich keine Gedanken machen, solange Smarky in der Nähe war.
Jetzt hörte sie zum zweiten Mal, wie Guy berichtete, was sich in Andolous Kate abgespielt haben mochte und wie er sie vorgefunden hatte. So gut er konnte, erklärte er, wie Andolou zu Tode gekommen war und welches Motiv möglicherweise dahinter steckte.
"Ich gehe davon aus, dass die Verabreichung dieses Pulvers, was immer es auch gewesen sein mag, die Ursache für das Verhalten meines Vaters in den letzten Jahren war. Lord Justice Jelf jedenfalls war fest davon überzeugt. Jemand erfuhr von der Wirkung des Mittels, erwarb einen gewissen Vorrat davon und verabreichte es auch meiner Frau. Ich denke, Andolou wurde ermordet, damit sie nicht verraten konnte, wer das Zeug von ihr gekauft hat."
Mr. Frick setzte eine nachsichtige Miene auf, aber Lily sah ihm an, dass er nicht ein Wort davon glaubte. "Es ist mir sehr unangenehm, Sie zu verhaften, Lord Duquesne, aber ich sehe keine Alternative. Es gibt keine weiteren Verdächtigen in diesem Mordfall. Sie waren am Tatort. Ich möchte wetten, Sie sind meistens bewaffnet. Und Sie können nicht abstreiten, dass Sie zu solch einer Tat absolut fähig sind."
"Wie kommen Sie darauf?" fragte Guy vorsichtig.
"Ihre Heldentaten sind legendär, selbst hier auf dem Land. Sie sind der absolute Schrecken des Londoner Gesindels, aber auch unserer Staatsfeinde. Es geht das Gerücht, dass Sie vor nichts zurückschrecken."
Guy stritt es nicht ab. "Sie wären gut beraten, Frick, sich daran zu erinnern, auf welcher Seite des Gesetzes ich immer gestanden habe."
"Das ist übrigens genau der Grund, weshalb Sie nicht schon längst in Handschellen auf dem Weg ins Gefängnis sind. Sie halten Mr. Bradshaw für den Schuldigen, aber der hat ein vollkommen hieb und stichfestes Alibi. Bis vor einer Stunde war er mit mir zusammen, ohne Unterbrechung."
Lily meldete sich zu Wort. "Sir, wenn Sie bitte in Betracht ziehen würden, dass auch Dr. Ephriam durchaus in diese Sache verwickelt sein könnte."
Frick runzelte die Stirn. "Ephriam? Er ist ein alter Mann und besitzt wohl kaum die Kraft, eine so große Frau wie Andolou zu überwältigen."
Lily hätte am liebsten die Hände gerungen. "Jeder Schurke hätte Andolou erstechen können! Vielleicht hat ihr Tod ja überhaupt nichts mit dieser Sache zu tun? Was ist, wenn einer ihrer Kunden nicht mit der Wirkung eines
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