Ein verführerischer Schuft
Banken; sie lagen alle dicht beieinander, verstreut um die Bank von England und die Getreidebörse. Er benutzte seinen Erfolg bei Daviot, um seinen Weg zu ebnen, und traf auf keinen nennenswerten Widerstand; als der Nachmittag sich seinem Ende zuneigte, hatte er herausgefunden, dass die gängigen legalen Bankhäuser nicht die vielen Pfund an Ruskins Mitspieler weitergeleitet hatten.
Er rief sich wieder eine Droschke und fuhr zurück nach Mayfair. Die Schuldscheine bewiesen, dass Ruskin nicht nur ein schlechter Spieler war, sondern auch jemand, der davon nicht mehr loskam. Er hatte über Jahre hinweg beständig verloren, aber es gab keine Hinweise auf wachsende Panik in seinen Geschäften. Er hatte jeden Schuldschein in angemessener Zeit zurückgezahlt.
Mit einem halblauten Fluch klopfte Tony gegen das Dach; als der Kutscher durch die Luke fragte, was sein Begehr sei, antwortete er:
»Bury Street - Nummer dreiundzwanzig.«
Es musste irgendeine Aufzeichnung irgendwo geben. Ruskin war schließlich Beamter. Der Inhalt seines Schreibpults, das in seiner Wohnung und das in seinem Büro, verriet zwanghafte Ordnungsliebe. Er hatte sogar die Schuldscheine nach dem Datum sortiert aufgehoben.
Die Droschke blieb vor dem Haus in der Bury Street stehen. Tony sprang auf den Bürgersteig, warf dem Kutscher eine Münze zu und stieg rasch die Stufen zur Eingangstür von Nummer 23 hoch. Dieses Mal machte ihm ein alter Mann auf.
»Ich bin von der Zoll- und Finanzbehörde - ich muss Mr. Ruskins Räume durchsuchen nach etwas, das ich gestern bei meiner Suche vielleicht übersehen habe.«
»Ach, ja.« Der alte Mann trat zurück.
»Dann kennen Sie den Weg ja.«
»Genau. Ich habe seinen Schlüssel - es wird nur ein paar Minuten dauern. Ich lasse mich dann selbst hinaus.«
Der Alte nickte nur und schlurfte wieder in das Erdgeschosszimmer zurück. Tony stieg die Treppe hoch.
In Ruskins Wohnung stellte er sich hinter verschlossener Tür auf den Teppich in der Mitte des Zimmers und blickte sich um. Er versuchte sich in Ruskins Denkweise hineinzuversetzen; angenommen, er hatte Aufzeichnungen seiner illegalen Geschäfte besessen und wollte sie geheim halten, wo hätte er sie versteckt?
Das Zimmer war sauber und ordentlich, es lag kein Staub. Die Möbel waren poliert und sorgfältig gepflegt. Jemand kam zum Saubermachen. Wo auch immer Ruskins Geheimversteck war, es würde nirgends sein, wo eine neugierige Putzfrau es zufällig entdecken konnte.
Hinter den massiven Sockelleisten? Das war unwahrscheinlich; unter einer Fußbodendiele wäre zu riskant, selbst wenn gewöhnlich Teppiche darüberlagen. Tony arbeitete so leise wie nur möglich, während er die schweren Möbel verrückte, dahinter und darunter suchte; doch er fand nur feste Wände und solide Bodenbretter und Staub.
Unbeirrt überprüfte er die Innenwände des schmalen Wandschranks, verschob die Sachen, die er zuvor schon durchsucht hatte. Er drückte, ruckte und klopfte leise ab, aber es gab keinen Hinweis auf einen Hohlraum. Als Nächstes nahm er sich die Tür- und Fensterrahmen vor, suchte alles nach einem Spalt oder irgendeiner Öffnung ab, die zu einem möglichen Versteck in der Wand führen konnten. Es gab keine.
Weshalb nur noch die Kamine und ihre Schornsteine übrig blieben.
Es gab insgesamt zwei - einen im Salon und einen kleineren im Schlafzimmer. Die Kaminsimse und die Ummantelungen waren schnell überprüft, brachten aber kein Ergebnis. Mit einem resignierten Seufzer zog sich Tony seinen Rock aus und rollte seine Hemdsärmel hoch, ehe er sich an die schmutzige Arbeit machte.
Er entdeckte die Stelle sofort, als er in die Hocke ging, den Kopf einzog und in den Schornstein hochblickte. Es fiel noch genug Licht über seine Schultern, dass er den einen Ziegelstein auf der einen Seite bemerkte, weit außerhalb der Reichweite der Flammen, der wesentlich weniger verrußt war als die unmittelbar daneben. Die Fugen und Ränder waren frei von dem Ruß und dem Schmutz von Jahren. Er griff hinein, drückte gegen eine Ecke; der Stein verrutschte. Er ließ sich leicht fassen und herausziehen.
Er stellte ihn hin, wischte sich die Finger ab und griff in das gähnende Loch. Seine Fingerspitzen glitten über glattes Leder. Er tastete herum, dann holte er ein schmales ledergebundenes Büchlein heraus.
Mit einem zufriedenen Grinsen legte er es auf den Boden und schob den Stein zurück. Danach säuberte er sich erneut die Hände mit seinem Taschentuch, rollte seine Hemdsärmel
Weitere Kostenlose Bücher