Ein verfuehrerischer Tanz
Blütenblättern, die empfindsam auf jeden heftigen Atemzug reagierten. Als müsse er sehr, sehr behutsam sein.
Es war ein Leichtes, sich vorzustellen, dass sie ihm vertraute. Dass sie ihn brauchte und sich blind auf ihn verließ. Die Vorstellung gefiel ihm, dennoch regte sich eine Stimme in seinem Unterbewusstsein, dass es sich in Wahrheit anders verhielt.
Mit einem Mal versteifte sie sich in seinen Armen und löste sich von seinen Lippen.
»Andererseits« – sie musterte ihn mit strengem Blick – »vielleicht bist du wirklich ein Idiot. Ist dir schon einmal der Gedanke gekommen, dass du, statt meinen armen Bruder wegen Osiris in den Bankrott zu treiben, ganz zu schweigen, dass du diesen Mordverdacht auf dir sitzen lässt, mal ein ehrliches Wort mit Lord Ashworth und Mr. Bellamy reden solltest?«
»Das habe ich versucht«, antwortete er. »Ich habe angeboten, auf die verbleibenden Münzen zu verzichten, vorausgesetzt, die beiden billigen, dass ich Osiris hier bei mir unterstelle. Sie waren strikt dagegen.«
»Hast du ihnen deine wahren Gründe genannt, weshalb dir dieser Hengst so wichtig ist?«
Er schnaubte missfällig. Oh ja, sicher weil es sein erklärtes Lebensziel war, dass Bellamy und Ashworth ihn für einen romantischen, sentimentalen Idioten hielten.
»So was interessiert die zwei einen Scheißdreck. Warum sollten sie mir entgegenkommen, vor allem wenn es um eine alte, misshandelte Stute geht?«
»Weil ihr gute Freunde seid.«
»Wann hast du denn diesen Eindruck gewonnen? Als Bellamy mich als Mörder beschimpfte? Oder als ich ihn zu Boden geschlagen habe? Ashworth lasse ich mal außen vor, der hat schon vor Jahren Prügel einstecken müssen.«
»Nein«, sagte sie gefasst. »Als ich euch fragte, ob es in eurem Leben nichts Wichtigeres gibt als einen blöden Club und ein paar Münzen und ihr alle drei eine plötzliche Faszination für eure Stiefel und den Teppich entdeckt habt.« Sie umschlang ihn fester. »Mag sein, dass ihr noch keine Freunde seid, aber wenn du dir die Zeit nimmst und dich um die Freundschaft mit ihnen bemühst, kommen sie dir bestimmt entgegen.«
»Spinnst du? Die beiden glauben, dass ich Leo umgebracht habe.«
»Lord Ashworth glaubt das nicht. Und Mr. Bellamys private Ermittlungen werden ergeben, dass du unschuldig bist.«
»Bestimmt nicht, Amelia. Ich habe rund um Whitechapel das Unterste zuoberst gekehrt und nichts gefunden. Wahrscheinlich wird Leos Mörder nie gefasst werden.«
»Dann musst du das Vertrauen der beiden Gentlemen gewinnen. Gib ihnen genau wie mir die Chance, dich besser kennenzulernen.« Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Auch wenn es dir schwerfällt, du ersparst dir einen Haufen Ärger, wenn du dein bestgehütetes Geheimnis preisgibst.«
»Ach? Und das wäre?«
Sie streichelte ihm über die Wange.
»Dass du trotz deiner anderslautenden Beteuerungen ein verständnisvoller, umgänglicher, höchst liebenswerter Mensch bist. Jedenfalls …« Sie stockte. »Also, ich mag dich jedenfalls, sehr sogar.«
Sie war ein süßes Geschöpf. Nicht gutgläubig oder naiv, nein, sie hatte wirklich … ein großes Herz. Deswegen glaubte sie auch, dass drei Männer ihre Standesdünkel über Bord werfen und echte Freunde werden konnten, die keine Geheimnisse voreinander hatten. Aber weit gefehlt. Selbst Männer, für die Herkunft, Vermögen, Ressentiments und Missgunst keine Rolle spielten, ließen sich nicht in die Karten schauen. Das machte sie nun einmal zu Männern.
Ein Blick in ihre großen blauen Augen und er wünschte sich fast, er könnte über seinen Schatten springen, nur für Amelia.
Unvermittelt hatte er einen Geistesblitz. Es war die beste Idee, seit er dieser Frau einen Antrag gemacht hatte. Verdammt, die Idee war brillant.
Er konnte sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen, als er fragte:
»Würdest du mir einen sehr großen Gefallen tun?«
»Kommt ganz darauf an.«
»Ich möchte ein Hausfest geben. In ganz kleiner Runde«, fügte er hastig hinzu, ehe sie von einem Sturm der Begeisterung fortgerissen wurde. »Ich lade Ashworth und Bellamy ein, und wir drei diskutieren die Geschichte ein für alle Mal aus.« Nicht so, wie Amelia sich das vorstellte, aber das brauchte sie nicht zu wissen. Ihre Diskussion würde natürlich hinter verschlossenen Türen stattfinden. Damit sein Plan Erfolg hatte, mussten die Gentlemen erst einmal auftauen. In entspannter Atmosphäre, bei einem schönen Mahl und guten Gesprächen. »Was hältst du davon?
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