Ein verfuehrerischer Tanz
willst, weißt du noch?«
Oh mein Gott.
»Bitte, tu es!«
Ja, wenn sie es unbedingt wollte. Und wenn sie ihm bei den Knöpfen half, konnte er ihren Wunsch innerhalb von Sekunden erfüllen.
»Hallo?«, drang dumpf eine Stimme aus dem Stall. »Hallo, ist da jemand? Amelia?«
»Wa …?« Ihre Augen blitzten. Hastig glättete sie ihr Reitkostüm und zog ihr Oberteil zurecht. Dann reckte sie den Kopf und rief durch den Stall: »Ja, wir sind hier!«
Verdammt! Spencer drehte sich schnell um, fuhr sich eilig mit einer Hand durch die Haare und zog sich mit der anderen die Reithose hoch. Er kannte die Stimme, wusste sie jedoch nicht zuzuordnen.
»Erzähl mir jetzt nicht, dass das die Herzoginnensuite ist.« Die Stimme und die Schritte kamen näher. »Eine Zweckehe ist ja schön und gut, aber ich hätte doch gedacht, dass Morland dir eine bessere Unterkunft zubilligt.«
Spencer, der immer noch keine Ahnung hatte, wer der Mann war, hätte den Kerl am liebsten einen Kopf kürzer gemacht. Aber Amelia …
Amelia errötete und lachte.
Sie stürmte in den Mittelgang, um den Fremden zu begrüßen, und Spencer folgte ihr. Als der Kerl mit der Ablästerstimme näher kam, ging dem Herzog ein Licht auf. Damit wurde nichts aus diesem Nachmittag, der so vielversprechend begonnen hatte. Er seufzte stumm.
Er verkniff sich einen bissigen Kommentar, sondern beobachtete, wie seine Frau ihren Bruder umarmte.
»Jack«, sagte sie warm. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist.«
15
I ch bin wirklich überrascht«, sagte Amelia eine Weile später, als sie beim Tee saßen, »dass du uns besuchst.«
»Hoffentlich bist du positiv überrascht«, versetzte Jack und schob sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Wie Amelia und seine anderen Brüder war er ein heller Typ, hatte jedoch die feinen Gesichtszüge der Mutter geerbt. Er war immer der Attraktivste gewesen, bis er sich als schwarzes Schaf der Familie entpuppte.
»Natürlich«, bekräftigte sie. »Claudia, sei so lieb und schenk uns Tee ein, ja?«
Offensichtlich neugierig geworden, beehrte die junge Dame sie mit ihrer Anwesenheit, um den unbekannten Gast in Augenschein zu nehmen. Zögernd stand Spencers Mündel auf, doch Amelia kannte kein Pardon. Claudia musste sich in der Rolle der Gastgeberin üben, und Amelia brauchte Zeit zum Nachdenken.
Wieso um alles in der Welt war Jack hier aufgekreuzt?
Natürlich hatte sie gehofft, dass er sie besuchen würde, da sie ihn dazu bringen wollte, sein Londoner Lotterleben zu beenden. Deshalb hatte sie ihm an ihrem Hochzeitstag eine kurze Notiz mit einer Einladung nach Braxton Hall geschickt: »Komm, wann immer du möchtest.« Aber noch in derselben Woche?
»Ich wäre noch eher gekommen, aber ich wusste ja nicht, welch reizende Ansichten Cambridgeshire zu bieten hat.« Bei dem umwerfenden Lächeln, das er Claudia darauf schenkte, drehte sich Amelia der Magen um. Jacks flirtendes Grinsen wirkte erfahrungsgemäß auf leicht zu beeindruckende junge Damen.
Claudia blieb jedoch gelassen. Die Augen des Mädchens weiteten sich für einen Moment, dann drehte sie den Kopf weg.
Umso besser für sie.
Achselzuckend griff Jack nach einem Sandwich und biss hungrig hinein. »Nach der langen Fahrt in der Postkutsche habe ich Hunger wie ein Bär. Die Köche in den Poststationen, wo wir unterwegs Rast gemacht haben, können dir nicht das Wasser reichen, Schwesterherz.«
»Es ist bloß ein Stück kalter Braten. Deine Lieblingsspeisen habe ich allerdings schon bei der Köchin in Auftrag gegeben.«
»Ah, ich wusste es! Du bist die beste Schwester auf der ganzen Welt.«
Während Claudia den Tee eingoss, neigte Amelia sich zu ihm und raunte ihm leise zu:
»Der Herzog kann jeden Moment hier sein. Du hast doch hoffentlich das Geld dabei, das du ihm schuldest, oder?«
»Ach was!« Er griff nach einem zweiten Sandwich. »Das Geld ist längst überwiesen. Die Miete für das Cottage, schon vergessen?«
»Oh.« Amelia blinzelte verwirrt. »Ach ja, das Cottage. Das ging aber … schnell.«
Wieso hatte Spencer davon nichts erwähnt? Aber vermutlich hatte er das Geld noch nicht erhalten. So viel zu ihrem Landhausfest. Obgleich sie die Vorstellung verabscheute, dass Fremde in Briarbank logierten, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Endlich war Jack seine Schulden los. Vielleicht war er deshalb so unbekümmert.
»Wie lange bleibst du?«, fragte sie.
»Ein paar Wochen, wenn du es so lange mit mir aushältst. Ich habe mir überlegt, in den nächsten Tagen nach
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