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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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verflogen war; im Gegenteil, es begann ihr Spaß zu machen. Sie stand unter Hochspannung. Eine Welle der Begeisterung erfasste sie, die nichts mit der Rechtmäßigkeit und der Bedeutung ihrer Aufgabe zu tun hatte, sondern nur damit, wieder auf Beutezug zu sein. Den reinen, konzentrierten Nervenkitzel der Gefahr hatte sie bis zu diesem Moment komplett aus den Augen verloren.
    Sie schob sich hinein in die pechschwarze Dunkelheit. Da sie nichts sehen konnte, setzten sich allmählichdie anderen Sinne durch. Die Stille war die einer großen Höhle   – auch wenn es kein Geräusch gab, das einen Hall verursachen konnte, wusste sie, dass es sich um eine riesige Halle handelte. Es roch nach Sägemehl und Salz, nach Teer und Harz. Die Bodendielen waren rohe Planken, die vor Sand und Dreck knirschten.
    Im Dunklen war es leichter zu kriechen, als zu gehen. Auf allen vieren durchquerte sie den weitläufigen Raum, in dem sich turmhoch Kisten stapelten. Die überdimensionalen Proportionen waren verwirrend. Als sie am anderen Ende bei einer normal großen Tür ankam, wirkte diese seltsam klein. Die Tür war abgeschlossen, jedoch mit einem so primitiven Schloss, dass Mary lächeln musste. Warum überhaupt eines?
    Sie drückte die Tür einen Spalt auf und lauschte wieder. Ein leicht scharrendes Geräusch wurde deutlicher: Schritte. Mary zog die Tür wieder zu, drückte sich dicht an die Wand, legte das Ohr ans Schlüsselloch und atmete langsam und flach.
    Ein Wachmann, der seine Runde drehte.
    Genau vor der Tür blieb er stehen. Der helle Schein seiner Laterne sandte einen kleinen gelben Lichtstrahl durch das Schlüsselloch.
    Ein Seufzen.
    Stille.
    Ein Furz.
    Dann entfernten sich die Schritte wieder.
    Sie wartete weitere drei Minuten, dann öffnete siedie Tür einen winzigen Spalt. Durch eine Reihe von Oberlichtern, die ins Dach eingelassen waren, drang etwas Licht, in dessen Schein man eine breite Treppe erkennen konnte. Der Mond hatte sich trotz des Nebels durchgesetzt.
    Mary blieb dicht an der Wand und prüfte jede Stufe, ob sie nicht knarrte, ehe sie mit ganzem Gewicht auftrat. Daher ging es nur langsam voran. Als sie schließlich das obere Stockwerk erreicht hatte, huschte sie an den kleineren Türen vorbei auf das Ende des Ganges zu. Die protzige Mahagonitür dort war ganz offensichtlich, was sie suchte. Ein Namensschild aus Messing bestätigte das: H.   Thorold. Lächelnd fasste sie nach dem Türknopf. Natürlich abgeschlossen.
    Als sie den Dietrich ins Schloss schob, schien ein schwaches Knurren durch die Tür zu dringen. Sie hielt inne und starrte in den Korridor hinter sich. Nichts. Doch das Geräusch wurde stärker und wuchs von einem leichten Grummeln zu dem eindeutig von einem Tier stammenden Knurren.
    Ein Hund. Fast hätte sie den Schlüssel fallen lassen. Ein Wachhund.
    »Pschschscht…«, machte sie zögernd.
    Das Knurren wurde heftiger. Es konnte nicht mehr lange dauern und das Tier würde laut zu bellen anfangen.
    »Aus«, sagte sie so streng wie möglich. »Du musst still sein, Hund.«
    Das Knurren hörte einen Augenblick auf.
    »Guter Junge«, sagte Mary und wischte sich die schwitzenden Hände an der Hose ab. »Ganz brav«, murmelte sie aufmunternd, während das Knurren langsam verebbte.
    Als sie nur noch das stete Hecheln hören konnte, wagte sie es, den Schlüssel im Schloss umzudrehen. Währenddessen sprach sie die ganze Zeit beruhigend auf das Tier da drinnen ein. Mit einem hörbaren Klicken öffnete sich das Schloss. Mary drückte die Tür vorsichtig auf, während sie weiter mit dummem Zeug auf den Hund einredete.
    Ein Augenpaar glühte sie aus der Dunkelheit an. Wolfsaugen.
    Der Atem blieb ihr im Hals stecken. »Guten Abend, ja, braver Hund«, brachte sie krächzend hervor. »Du bist ja wirklich ein ganz Lieber.«
    Die Augen schienen unheimlich zu flackern. Kein Blinzeln.
    »Ich würde gerne in dein Büro kommen«, murmelte Mary und hoffte, dass sie ruhiger klang, als sie sich fühlte. »Ich tu dir nichts, in Ordnung?« Sie hockte sich tief auf den Boden und rückte langsam vor.
    Das Tier schien tatsächlich stillzuhalten und zu überlegen, wie es reagieren sollte.
    Plötzlich fiel Mary etwas ein. Mit vorsichtigen Bewegungen kramte sie eine paar Augenblicke in ihrer Umhängetasche. Als sich ihre Finger um das in ein Stück Stoff eingewickelte Ding schlossen, hörte sie, wie das Tier neugierig schnupperte. Vor seinen schillernden Augen wickelte sie das Mitgebrachte aus: einStück kalter Hammelbraten. Das

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