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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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alltäglicher Anblick. »Gut. Wann war das?«
    »Vor einer Viertelstunde, Sir, vielleicht ein bisschenmehr. Ich hab den Eingang ein paar Minuten beobachtet, aber sie ist nicht wieder rausgekommen. Weil das so in der Nähe ist und möglicherweise ein längerer Besuch wird, und weil sie den Fahrer bezahlt hat, dachte ich, Sie möchten vielleicht informiert werden.«
    James blinzelte erstaunt. »Gute Überlegung   – äh   …«
    »Quigley, Sir. Alfred Quigley.«
    »Recht so. Gute Arbeit.« James warf dem Jungen eine Krone zu und machte auf dem Absatz kehrt. Dann blieb er stehen und sah zu dem Jungen zurück. »Äh   – Quigley.«
    »Ja, Sir?«
    »Ich habe keine Zeit, die Dame den ganzen Tag zu beobachten. Komm mit mir mit und folge ihr dann weiter.«
    »Ja, Sir.«
    »Und von jetzt an kommst du immer direkt zu mir.«
    Der Junge riss die Augen etwas auf. »Was ist mit Inspektor Furley, Sir?«
    »Ich erledige die Sache mit ihm. Von jetzt an gehörst du zu meinem Team.«
    ***
    Der Zeitpunkt von James   – oder besser, der von Alfred Quigley   – war perfekt: Die Droschke fuhr genau vor den Toren des Zollhauses vor, als eine vertraute Gestalt aus der schweren Flügeltür auftauchte. Sie war stark verschleiert und noch einfacher gekleidetals gewöhnlich, aber James erkannte sie an der forschen Gewissheit, mit der sie sich bewegte. Leichten Schrittes trat sie aus dem Tor und winkte eine Droschke herbei.
    James kam sich ziemlich albern vor, als er seinem Kutscher zumurmelte: »Folgen Sie jener Droschke.«
    Der Kutscher lachte schallend. »Das hab ich doch schon mal irgendwo gehört.«
    Die Straßen waren verstopft von Menschen, Tieren und allem möglichen Unrat. Doch der Fahrer verlor die Droschke nicht aus den Augen und folgte ihr schließlich auf der London Bridge über die Themse nach Southwark.
    Beide Droschken hielten in der Nähe der West India Docks. James sah, wie Mary den Kopf herausstreckte, sich kurz umsah und dann ausstieg, um ihren Weg zu Fuß fortzusetzen. Aus dem Versteck seines Gefährts beobachtete er sie ein, zwei Minuten, denn sie kam nur langsam voran, weil sie offenbar bemüht war, ihren Rock nicht schmutzig zu machen. Sie hatte ihn angehoben, soweit es der Anstand erlaubte   – bis zu dem oberen Rand ihrer Knopfstiefel. Obwohl es gegen Mittag war, hatte sich ein leichter Nebel über die Straßen gelegt. Als sie darin verschwand, bezahlte James ganz gelassen seinen Fahrer, zog sich die Hutkrempe tief über die Augen und stieg aus. Es bestand keine Notwendigkeit zur Eile; er wusste genau, wohin sie ging.
    Gleich um die Ecke befanden sich die Lagerhäuser der Handelskompanie Thorold & Co. auf einem Stücktrockengelegtem Marschland am Südufer der Themse. Die roten Backsteingebäude waren gedrungen und hatten hohe, schmale Fenster. Wahrscheinlich waren sie erst zwei Jahrzehnte alt, aber schon von einer dunklen Ruß- und Schmutzschicht überzogen.
    James blieb etwas zurück und lehnte sich an eine Straßenlaterne   – die vergeblich versuchte, den Nebel zu durchdringen   – und sah zu, wie sie ihre Schritte noch mehr verlangsamte, als sie sich dem Haupteingang näherte, der in die Geschäftsgebäude führte. Sie hatte den Schleier noch heruntergelassen, den Kopf aber in Richtung der Gebäude gewandt.
    Hinter was zum Teufel war sie nur her?
    In der Gegend herrschte einiger Betrieb. Laufburschen, herumziehende Hausierer, ein Streichholzmädchen, Dockarbeiter, Matrosen auf Landgang, Männer in Tweedanzügen und gelegentlich eine Prostituierte, die bereits auf den Beinen war, machten es ihm leicht, sie zu beobachten   – aber der Ort war wohl kaum passend für eine Dame. Erst recht nicht für eine, die nicht von einem Diener begleitet wurde, der ihr mit ein paar Schritten Abstand folgte. Selbst so tief verschleiert zog sie Blicke und die eine oder andere Bemerkung auf sich. Womöglich würde sie seine Hilfe brauchen. James überlegte, ob er das tun würde.
    Unmittelbar nach ihrer Begegnung in Thorolds Arbeitszimmer hatte er begonnen, Erkundigungen über sie einzuziehen. Obwohl er ein Neuling in derartigen Nacht-und-Nebel-Aktionen war, hatte er immerhinein paar Kontakte. Das Einzige, was er herausgefunden hatte, war, dass sie bisher Hilfslehrerin an einer Mädchenschule gewesen war und davor Schülerin am selben Institut. Die Schule nahm offenbar häufig bedürftige Mädchen auf und sie war wohl ein solches gewesen. Zumindest hatte er keine Angehörigen oder jemanden, der die Schulgebühr zahlte,

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