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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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sie auf ihren Sitz zurück. Gerade nochrechtzeitig konnte er ausweichen, um nicht ihr Knie in den Schritt zu bekommen. »Hören Sie auf, sich zu wehren, Sie Idiotin!«
    Plötzlich sank sie in sich zusammen. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre Wangen waren flammend rot.
    »Dieses theatralische Getue wird allmählich zur Gewohnheit bei Ihnen.« Er legte ihr eine Hand auf die Stirn. Sie war glühend heiß.
    »Was machen Sie da?«
    Statt zu antworten, nahm er ihre linke Hand. Die Verbrennungen waren immer noch rot und geschwollen, aber er sah etwas Neues: vier halbmondförmige Rötungen, die sich in die Haut gebohrt hatten. Sie waren unangenehm verfärbt und dick.
    »Ich wette, Sie fühlen sich etwas schwindelig? Geschwächt? Erhitzt? Habe ich nicht recht?« Sie nickte jedes Mal und er seufzte. »Weil Sie nämlich Fieber haben.« Er deutete auf die entzündeten Stellen. »Das war wohl Angelica.«
    Sie schwieg.
    »Wie gut, dass George immer eine Flasche Whisky in der Kutsche hat.«
    Sie starrte ihn an. »Das ist wohl nicht der Augenblick für einen Drink.«
    »Sie starrköpfige Idiotin«, sagte er freundlich und fischte in seiner Tasche nach etwas. »Ich hab Ihnen doch gesagt, das sollten Sie einem Arzt zeigen.«
    »Es ist ganz gut geheilt, bis   –«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Bis was? Bis IhnenAngelica die Krallen gezeigt hat? Ziemlich rachsüchtig, die Dame   … obwohl ich sicher bin, dass Sie es verdient hatten.«
    Mary warf einen misstrauischen Blick auf die Dinge, die er auf dem Sitz ausgebreitet hatte: eine Flasche Whisky, ein Taschenmesser und ein Taschentuch. »Kommt nicht infrage! Sie sind verrückt, wenn Sie glauben, ich lasse zu, dass Sie mir die Hand aufschneiden.«
    »Seien Sie keine Idiotin. Das muss gesäubert werden.«
    »Hören Sie auf, mich eine Idiotin zu nennen!«
    »Dann lassen Sie mich die Wunde säubern, ehe sie eitert und Sie umbringt!«
    Sie seufzte und hielt ihm die Hand hin. »Ich bin keine Lügnerin.«
    Er lächelte schwach. »Sie komisches Ding. Beißen Sie die Zähne aufeinander«, fügte er hinzu und klappte sein Taschenmesser auf. »Das tut weh.«

Elf
    S ie hatte vergessen, die Läden zu schließen. Als die ersten Sonnenstrahlen ihre Lider wärmten, öffnete sie die Augen. Sie richtete sich eilig auf, dann ließ sie sich jedoch wieder an das Kopfende sinken. Welche der Ereignisse der letzten Nacht hatte sie geträumt? Die Flucht aus dem Lagerhaus   … James Easton, der aus der Dunkelheit aufgetaucht war   … die seltsame Auseinandersetzung   … James, der ihre entzündete Wunde mit Whisky und einem Taschenmesser gesäubert hatte! Er hatte sie bis nach Cheyne Walk zurückbegleitet und aufgepasst, während sie ins Haus kletterte.
    Ehe sie zu Bett gegangen war, hatte sie ihre Hand bandagiert und etwas Weidenrindenpulver genommen, um das Fieber zu senken. Jetzt, als sie dasaß und den klappernden Schritten der Dienerschaft lauschte, merkte sie, dass sie sich besser fühlte als seit geraumer Zeit. Natürlich nicht ausgeschlafen   – sie war ja zwei Nächte hintereinander auf gewesen. Aber sie hatte nicht mehr solche Schmerzen und einen klareren Kopf.
    Ihre Zimmertür wurde unsanft aufgestoßen und das Küchenmädchen trat ein und knallte eine Tasse samt Untertasse auf Marys Nachttisch. »Tee.« Es war eher ein Fauchen als ein Wort.
    Mary lächelte dennoch dankbar; sie war am Verdursten. »Danke, Cass.«
    Das Gesicht des Mädchens blieb unbewegt. »Mary-Jane sagt, dass die Heißwasser-Leitungen Probleme machen und ob Sie Ihr Bad hier nehmen können, Miss.«
    »Aber sicher.« Es gab immer Ärger mit den Leitungen, diese Frage gehörte also quasi zum morgendlichen Ritual. Während sie badete und sich anzog, ließ sich Mary die neue komplizierte Situation mit James Easton durch den Kopf gehen. (Sie hatten letzte Nacht beschlossen, sich beim Vornamen zu nennen, irgendwann zwischen ihrem Ringkampf und seinem Schmierestehen, als sie kurz vor der Dämmerung durch das Fenster gestiegen war: eine Reihe von Erniedrigungen, an die sie nur ungern dachte.) Er hatte bewiesen, dass er entschlossen, klug und   – das musste sie widerwillig zugeben   – auch ganz freundlich sein konnte. Trotz all der schönen Jahren im Institut überraschte sie Freundlichkeit immer noch. Aber, so rief sich Mary ins Gedächtnis, er war auch arrogant, unverschämt, misstrauisch und überzeugt von der gottgegebenen Überlegenheit der Männer. Angelica tat ihr
fast
leid, weil sie ihn netter fand als

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