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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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George.
    Sie brauchte eine weitere Dosis Weidenrindenpulver, daher ging sie über die Gesindetreppe hinunterzum Raum der Haushälterin. Als sie um eine Ecke kam, stieß sie beinahe mit einem großen, ungepflegten Mann zusammen, der im Gang herumlungerte. Seiner Kleidung nach zu urteilen gehörte er zum Pferdestall und hatte eigentlich nichts im Haus zu suchen. Sie sah ihn erstaunt an und wartete auf eine gemurmelte Entschuldigung.
    Stattdessen starrte er sie mit glasigem Blick an. Langsam breitete sich ein Grinsen auf seinem stoppeligen Gesicht aus. »Na, wenn das nicht das neue Fräuleinchen ist   …« Sein Atem stank nach Gin.
    Mary richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und sah ihn fest an. »Sie haben sich wohl verirrt. Ich schlage vor, dass Sie durch die Küchentür in den Stall verschwinden.«
    Mit gespielter Empörung verzog er das Gesicht. »Sie könnten ruhig etwas freundlicher sein, Miss«, nuschelte er und wankte leicht. »Ist keine gute Idee, sich mit dem einfachen Personal anzulegen.«
    Mary konnte nicht umhin, belustigt zu sein. Schließlich war der Rat gar nicht schlecht, egal, von wem er kam. »Ich wollte nicht unfreundlich sein«, sagte sie. »Aber Sie sollten das Haus lieber verlassen, ehe jemand von der Familie hier auf Sie stößt.«
    Er machte eine unwirsche Geste. »Das zeigt nur, wie wenig Sie sich auskennen«, meinte er anzüglich und lehnte sich lässig an die Wand. »Dem alten Brown kommt niemand dumm   … und Sie schon gar nicht, Fräuleinchen.«
    »Und wieso das?« Kaum hatte sie ihren eigenenscharfen Ton gehört, bedauerte Mary, dass sie gefragt hatte. Was brachte es schon, sich mit dem Kutscher von Mrs Thorold zu streiten? Nachdem er gesagt hatte, wer er war, wusste sie, warum sie ihn nicht erkannt hatte: Er war bisher noch nicht ins Haus gekommen und sie fuhr nie in der Kutsche aus. Sie richtete sich auf und wollte an ihm vorbei, doch er verstellte ihr leicht schwankend den Weg.
    Sein Grinsen hatte jetzt etwas Drohendes. »Genau wie ich gesagt habe, Fräuleinchen, Sie brauchen gar nicht so hochnäsig zu tun. Sie sollten höflich sein zum alten Brown, wenn Sie wissen, was gut für Sie ist.«
    Sie warf einen kurzen Blick in das Treppenhaus, das in die Spülküche führte. Unten waren Stimmen zu hören   – die Köchin war auf jeden Fall dort und auch ein oder zwei Mägde   –, aber leider näherten sich keine Schritte. Selbst die Hausdiener waren verschollen. Sollte sie sich einfach in den Salon zurückziehen und so tun, als hätte sie Brown nie getroffen?
    Er lachte über ihr offensichtliches Unbehagen. »Da haben Sie es. Höflichkeit kostet doch nichts.«
    Mary hielt ihren Unwillen in Zaum und blieb aufrecht stehen. »Ich war doch nicht unhöflich zu Ihnen«, sagte sie bestimmt. »Nicht so unhöflich wie Sie zu mir.«
    Er grinste und schüttelte den Kopf. »Sie sind mir so eine, Fräuleinchen. Ihr Zorn gefällt mir.«
    Er musste noch betrunkener sein, als es den Anschein hatte. »Sie sind unverschämt.« Wieder versuchte sie an ihm vorbeizukommen, aber er streckteden langen Arm aus, der in muffig riechendem Tweed steckte, und blockierte den Durchgang. Sie schluckte. Wenn er auch nur ihren Ärmel berühren würde, würde sie zuschlagen. Aber bis dahin war es wohl besser, ihn nicht zu provozieren.
    »Lassen Sie mich durch«, sagte sie mit leiser Stimme und   – hoffentlich   – ganz ohne aufgebracht zu klingen.
    »Der hat vielleicht Schwein, der Kerl«, sagte Brown voller Bewunderung und stützte sich jetzt an der Wand ab. So wie er dastand, hätte er sie auch in einem Pub ansprechen können. »Wie sagt man doch, auf zwei Hochzeiten tanzen   …«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was Sie meinen.« Die Worte kamen automatisch heraus, steif und knapp, aber sie war doch etwas erschrocken. Er konnte doch wohl nicht   …
    »Klar wissen Sie, was ich meine«, spottete Brown. Vielsagend senkte er die Stimme. »Sie und Ihr Kerl. Hab Sie gesehen, wie Sie heute im Morgengrauen durch das Fenster gekraxelt sind, in Ihrer Hose. Ihn hab ich auch gesehen, wie er Schmiere gestanden hat. War zu sehr damit beschäftigt, Ihnen nachzuglotzen, und hat nicht gemerkt, dass ich alles beobachtet hab.« Brown stieß ein sattes, zufriedenes Glucksen aus.
    Marys Magen zog sich vor Schreck zusammen, doch gleichzeitig kribbelte ihre Haut wie verrückt. James hatte ihr hinterhergesehen?
    »Hab immer eher den blonden Typ bevorzugt, aber Sie sind auch nicht schlecht«, nuschelte Brown. SeinBlick

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