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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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war so zudringlich wie eine Hand am Korsett. »Muss den Gentleman wirklich beneiden: Wie kriegt er so ’ne hübsche kleine Dame wie Sie dazu, sich so großzügig zu zeigen?« Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Ein cleverer Bursche, der Herr.«
    Mary schluckte. »Sie reden ganz schön viel, Mr Brown.«
    Brown wurde von einem stummen Lachanfall geschüttelt, wobei sein Mund offen stand. Als er sich wieder beruhigte, wischte er sich die Augen mit seinem schmutzigen Ärmel und grinste. »Aha, auf einmal
Mister
Brown, was, Fräuleinchen?« Aber er schien jetzt guter Laune zu sein. »Ich weiß auch ’ne Menge, meine Beste   … Die Geschichten, die ich Ihnen über diese Familie erzählen könnte!« Er zwinkerte anzüglich.
    »Tatsächlich.«
    »Sie sind nicht der einzige Rock im Haus, der hier rumschleicht«, versicherte er ihr mit einem weiteren vertraulichen Zwinkern. »Alle feinen Damen in London haben es doch faustdick hinter den Ohren und in diesem Haushalt ist es nicht anders.«
    Mary versuchte wieder zu ergründen, wie betrunken er wohl war. Möglich, dass er immer angetrunken war, sagte sie sich. Oder dass er nur so tat   … Seine Augen schimmerten noch alkoholisiert, aber dahinter blitzte eindeutig Intelligenz auf.
    »Was geht denn in Ihrem kleinen Köpfchen so vor?«, wollte er plötzlich wissen. »Sie haben so einen speziellen Blick!«
    Bescheiden sah sie zu Boden. »Ich versuche nur zu ergründen, Mr Brown, ob Sie vorhaben, Ihren Verdacht meiner Arbeitgeberin mitzuteilen.«
    »Möglich   … aber vielleicht auch nicht, wenn ich mich erst mal an das
Mister
Brown gewöhnt habe«, prustete er übermütig. »Sie sind ja ’ne Nummer, Mädel   – die meisten Frauen würden mich anflehen, nichts zu sagen. Haben Sie denn nicht wenigstens ein winziges bisschen Angst vor mir?«
    Mary machte große, unschuldige Augen, als sie ihn ansah. »Aber ich habe doch nichts Schlimmes getan.«
    Er schnaubte, schien aber nicht verärgert. »Sie und Mrs T., alle beide.« Er nickte, als sie überrascht aufsah. »Ja, die Herrin. Jetzt hab ich wohl Ihre Aufmerksamkeit, was?«
    »Die hatten Sie schon die ganze Zeit, Sir.«
    Brown kicherte wieder. »Freches Ding.«
    Mary hielt die Luft an. Das Schimmern in seinen Augen hatte sich irgendwie verändert   – es war immer noch unverschämt, aber nicht mehr so lüstern. Hoffte sie wenigstens. »Sie wollen mir wohl einen Bären aufbinden, Mr Brown«, sagte sie lächelnd. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mrs Thorold etwas Ungehöriges tut.« Bestimmt meinte er doch
Miss
Thorold.
    »Dann sagen Sie mir mal, wo sie jeden verdammten Nachmittag hinfährt!«
    »Doch zu ihren ärztlichen Behandlungen?«
    »Tja, das sagt sie«, spottete er. »Aber das muss doch ’ne komische Lady sein, die zu irgendwelchenQuacksalbern fährt, statt den Doktor kommen zu lassen.«
    »Mrs Thorold konsultiert verschiedene Spezialisten.«
    Brown machte ein abfälliges Geräusch. »Hab noch nie von einem feinen Arzt gehört, der seine Praxis in Pimlico hat, Mädel! Die geht zu keiner Behandlung.« Er zog die Augenbrauen vielsagend hoch. »Auf jeden Fall nicht zu ’ner ärztlichen.«
    Mary klappte der Mund auf. »Sie   – Sie meinen also, dass Mrs Thorold eine Affäre hat?« Das war eine dämliche Frage   – Brown konnte wohl kaum etwas anderes gemeint haben   –, aber es war das Unwahrscheinlichste, was sie seit Langem gehört hatte. Mrs Thorold, die ständig stöhnte und ruhte und sich nur ganz langsam bewegte? Die Frau, die den Mann, mit dem sie seit zwanzig Jahren verheiratet war, »Mr Thorold« nannte?
    Und dennoch   … obwohl es mehr als unwahrscheinlich schien   – oder sogar unmöglich   –, lag eine perverse Logik in Browns Vermutung. Warum war Mrs Thorold so versessen darauf, ihre Arztbesuche auswärts zu machen, obwohl sie kaum die Kraft aufbringen konnte, beim Essen das Fleisch selbst zu schneiden? Selten ging sie aus einem anderen Grund aus. Sie hatte keine Freundinnen. Ihre Schneiderin und ihre Putzmacherin kamen ins Haus. Aber ihre Ärzte zwangen sie, zu ihnen zu kommen? Das war in der Tat ziemlich unwahrscheinlich. Eine heimliche Affäre, wie Brown sie andeutete, war die einfachste Erklärung.
    Es sei denn, es gab eine dritte Möglichkeit   …?
    Ein leises Geräusch zu ihrer Linken ließ beide zusammenfahren. Cass stand am Ende des Korridors, in der einen Hand einen Eimer, in der anderen einen Lappen. Sie wirkte äußerst interessiert, im Gegensatz zu ihrem sonst so

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