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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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kleines weißes Kärtchen auf einem Tablett brachte. »Per Bote, Miss Quinn.«
    Die Notiz   – wenn man überhaupt als solche davon sprechen konnte   – lautete:
Einverstanden
. Ungläubig drehte Mary die Karte um und suchte nach einem weiteren Hinweis. »Ich nehme an, der Bote wartet nicht auf eine Antwort«, sagte sie trocken.
    Das Gesicht des Hausdieners   – war es William oder John? Mit dem gepuderten Haar war das schwer zu erkennen   – blieb völlig unbewegt. »Nein, Miss.«
    Sie schob die Karte gerade achtlos in ihre Tasche, da kam Angelica herein. Beim Anblick ihrer Gesellschafterin blieb sie unvermittelt stehen. »Oh.« Obwohl es gerade erst neun war, war sie richtig angezogen. Sie trug ein hübsches, aber schlichtes Kleid und hatte das Haar säuberlich auf dem Hinterkopf hochgesteckt. Es war ein solcher Kontrast zu ihrer sonstigen aufwendigen Garderobe, dass sie rot wurde undglaubte, eine Erklärung abgeben zu müssen. »Ich wollte nur schnell   … eine Tasse Kaffee trinken, ehe ich spazieren gehe«, sagte sie lahm.
    Mary nickte. »Kein schlechter Morgen für einen Spaziergang.«
    Angelica griff erleichtert nach dieser neutralen Antwort. »Tatsächlich? Besser als gestern, hoffe ich.« Sie füllte sich den Teller am Büffet: Eier, Schinken, Bohnen, Tomaten, ein warmes Brötchen und ein Muffin. Als sie sich setzte, und zwar so weit entfernt von Mary wie möglich, sah sie erstaunt auf ihren vollen Teller hinunter.
    Mary unterdrückte ein Lächeln. »Soll ich Ihnen eine Tasse Kaffee einschenken?«
    Angelica sah verärgert aus. »Ach, nicht nötig.«
    Doch Mary war schon aufgestanden, und als sie die Tasse hinstellte, bemerkte sie, dass sich Angelica auf die Lippe biss. »Haben Sie heute etwas Bestimmtes vor?«
    Angelica wurde tiefrot und ließ ihre Gabel auf den Teppich fallen. Sie sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Was meinen Sie damit?« Die Frage kam stotternd und endete mit einem Schluckauf.
    Es war recht faszinierend, sie so durcheinander zu sehen. Was war denn nur geschehen? Oder was würde geschehen? Mary kam sich allmählich etwas gemein vor. Sie hatte vorgehabt, Angelica über ihre Pläne auszuquetschen, doch stattdessen fragte sie nun: »Irgendwelche Einladungen oder etwas, wobei ich Ihnen helfen kann?«
    Angelica warf ihr einen Blick zu, der fast nach Dankbarkeit aussah. »Nein, danke.«
    »Wenn Sie mich dann eventuell entschuldigen würden   …«
    »Aber sicher. Ich benötige Ihre Gesellschaft heute nicht.«
    Mary erhob sich. Sie musste an Angelica vorbei, um das Frühstückszimmer zu verlassen, und als sie näher kam, hielt ihr das Mädchen unsicher eine Hand hin. »Aber ich   … äh, ich hoffe sehr   … Miss Quinn   …«
    »Ja?«
    »Ich hoffe sehr, dass   – wir uns besser   – anfreunden?«
    Mary starrte auf die ausgestreckte Hand   – mit den Fingern, die ihre Brandwunde so malträtiert hatten. Das musste doch eine List sein, um sie abzulenken, ähnlich wie Michaels Flirtereien. Doch als Angelica die Hand gerade wieder schüchtern zurückziehen wollte, nahm Mary sie in ihre und schüttelte sie. »Das hoffe ich auch.«
    ***
    Eine halbe Stunde später wurde die Haustür geöffnet und flog dann mit einem Knall zu   – ein Zeichen, dass Angelica nervös war. Mary brauchte nur einen Augenblick, um nach Hut und Handschuhen zu greifen. Sie war sogar fast zu schnell. Als sie die Tür öffnete, war Angelica höchstens fünfzig Meter weiter und sah sich ständig äußerst schuldbewusst um.
    Sie nahm den gleichen Weg wie zwei Tage zuvor, bis sie die Ecke Sloane Square erreichte. Michael warbereits dort und wartete auf sie. Sie wechselten ein paar Worte, ehe er ihr in die wartende Droschke half und sie sich in den langsam vorankommenden Verkehr einfädelten. Mary tat das Gleiche.
    Zu ihrer Verwunderung fuhren Angelica und Michael nach Nordosten. Die breiten Durchgangsstraßen von Belgravia brachten sie nach Green Park und in das stickige, dichte Chaos von Soho. Sie fuhren die Tottenham Court Road entlang, passierten Bloomsbury und kamen in das sumpfige Pentonville. Als sie den roten Backsteinbau des Gefängnisses Holloway erreichten, fragte sich Mary allmählich, ob sie genug Geld dabeihatte, um diese ausgedehnte Fahrt durch die unschönen nördlichen Vororte Londons zu bezahlen. Oder noch schlimmer: Hatten Michael und Angelica sie entdeckt und machten eine Schnitzeljagd mit ihr? Mary war sehr überrascht, als die Droschke vor einer gedrungenen anglikanischen

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