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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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Kirche in der Nähe der Seven Sisters Road anhielt.
    Michael stieg mit ernstem Gesicht aus. Angelica selbst sah beim Aussteigen noch weniger gelassen aus: Obschon verschleiert, zeigten ihre hochgezogenen Schultern und verschränkten Arme, was sie von der Gegend hier hielt. Michael bezahlte den Fahrer. Er und Angelica berieten sich einen Augenblick. Er schien die Geduld zu verlieren und sie fällte schließlich mit einem scharfen Nicken eine Entscheidung. Nachdem sie sich kurz umgesehen hatten   – Mary blieb noch in ihrer Droschke   –, reichte Michael Angelica seinen Arm und führte sie in die Kirche.
    Ein paar Minuten später erschien es Mary sicher, ihnen zu folgen. Die Straße wimmelte von Leuten   – Mädchen, die Brunnenkresse verkauften, Lumpensammler und dergleichen   –, und hundert Meter weiter hatte sich ein Drehorgelspieler aufgestellt, zur Freude eines ganzen Hauses, aus dem sich Kinder gefährlich aus den oberen Fenstern beugten.
    In der Kirche war es dunkel, und nachdem Mary ihre Schleier zurückgeschlagen hatte, brauchte sie einen Moment, um etwas zu erkennen. Die Kirche war größer als erwartet. Michael und Angelica waren nirgends zu sehen, aber als sie durch eine weitere Tür in den Altarraum kam, sah sie ganz entfernt am hintersten Ende einen Mann mittleren Alters, der einen Talar trug und in einem Gesangbuch blätterte.
    Ein leichtes Rascheln neben ihr veranlasste Mary, sich umzusehen. Sie musste nach unten blicken. Obwohl sie selbst nur von durchschnittlicher Größe war, überragte sie die alte Witwe zu ihrer Rechten. Die Frau war in schwarze Trauerkleider gehüllt und im Dämmerlicht der Kirche machte ihr Gesicht einen wächsernen, grünlichen Eindruck.
    »Eine Kirchenbank, meine Liebe?« Die Stimme der Frau war dünn und brüchig.
    Natürlich: eine Kirchendienerin. »Danke, aber ich wollte nur rasch eine Kerze anzünden und mir einen ruhigen Augenblick gönnen.«
    Das Gesicht der alten Dame fiel praktisch zusammen und sie wandte sich schnell ab.
    »Ach   – warten Sie!« Mary fischte ein paar Münzenaus ihrer Tasche. »Bitte   – nehmen Sie das.« Wie nachlässig von ihr, nicht daran zu denken. Es war das Privileg armer Witwen, die Kirchenbänke aufzusperren, eine öffentlich vertretbare Form des Bettelns.
    Die Hand der Frau schloss sich mit wildem Eifer um ihre und sie stieß hervor: »Gott segne Sie, meine Liebe.«
    Mary konnte sich kaum aus dem Griff der Frau lösen. »Gerne«, sagte sie sanft und machte ihre Hand frei.
    »Sie sind also nicht für den Gottesdienst gekommen?«
    Was für ein Gottesdienst? »Eigentlich nicht   …«
    »Ach, hab ich mir schon gedacht. Wenn man zwei wie die sieht, die so klammheimlich hereinschlüpfen, dann kann man sicher sein, dass keine Familienmitglieder dabei sind.« Neugierig ließ sie den Blick über Mary gleiten. »Sie sehen allerdings auch nicht wie eine Verwandte aus, so dunkel, wie Sie sind; Schottin?«
    Mary musste sichergehen, dass sie die Frau richtig verstand. »Sie meinen die beiden, die gerade hereingekommen sind?«
    »Aber sicher! Geben ein hübsches Paar ab, die zwei.« Die Frau sah Mary in die Augen. »Doch nicht schottisch, was? Es gibt ja jetzt auch ein paar Italiener, die drüben in Soho wohnen, wie meine Nichte erzählt hat. Aber Sie klingen englisch.«
    »Meine Mutter war Irin«, sagte Mary automatisch.Also waren Michael und Angelica doch nicht in die Machenschaften ihres Vaters verwickelt   …
    »Irisch!«, krächzte die Frau. »Hätt ich drauf kommen können! Schwarz-irisch, so nennt man das, nicht? So sehen Sie auch aus   – so beherzt. Was? Das junge Paar? Ach, die kommen gleich wieder. Der Pastor ist sicher bald fertig.« Dann sah sie plötzlich erschrocken aus. »Aber Sie lassen mich doch die Trauzeugin sein, nicht? Das wollen Sie mir doch nicht streitig machen, oder?«
    »Aber natürlich können Sie die Trauzeugin sein«, sagte Mary. »Ich bleib lieber hier hinten, wo es ruhig ist.«
    Die alte Frau schien besänftigt. »Sie sind ein gutes Mädchen«, flüsterte sie eifrig.
    Am anderen Ende des Altarraumes räusperte sich der Pastor. Seine Stimme schallte deutlich durch den stillen Raum. »Seid ihr bereit, ihr jungen Leute?«
    »Ja, Sir.«
    Marys Kopf flog herum, als sie Michaels Stimme hörte. Er und Angelica standen steif und förmlich vor dem Pastor. Angelica war immer noch tief verschleiert, aber es war eindeutig ihre Figur.
    Mary trat in den Schatten eines Pfeilers. Wenn sie ganz still stand, war es

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