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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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fragt, was ich da mache, deshalb hab ich mich hinter der Tür versteckt.« Sie kniff schmerzlich die Augen zusammen, während ihr Mary Salbe in ihre eingerissene Nagelhaut massierte, doch sie zuckte nicht zurück. »Die Zeitungen sind schon auf dem Tisch gewesen, aber er hat sie nicht gelesen, er ist im Zimmer auf und ab gelaufen. Hab mir nichts dabei gedacht; ich wollte doch nur mit dem Silberputzen fertig werden und wieder in die Spülküche. Erst als Mr Gray plötzlich ganz laut gesagt hat: ›Was zum Teufel spielen Sie?‹, da hab ich angefangen aufzupassen. Das hat er zu Miss Thorold gesagt, die dann gesagt hat, er soll leise sein.«
    Mary zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »War Mr Thorold auch im Zimmer?«
    »Nein, Miss. Es war ja noch vor acht, wissen Sie, und er kommt erst um Viertel nach acht runter.«
    »Sprich weiter.«
    »Ich hab Miss Thorold noch nie vor dem Mittagessen gesehen, ich war ganz überrascht; ich hab gedacht, dass ich mich vielleicht getäuscht hätte, aber ich konnte einen kleinen Streifen vom Zimmer durch den Türschlitz sehen   – Sie wissen schon, da, wo die Angeln sind   –, und da konnte ich sie erkennen. Sie war noch im Morgenmantel und hatte das Haar offen. Sie ist sehr hübsch, nicht, Miss?«
    Mary nickte. »Ja.«
    »Na ja, dann haben Miss Thorold und Mr Gray über was zu reden angefangen. Er hat sie Angie genannt und sie ihn Michael. Es war nicht so das übliche Geplauder: eher geschäftlich als freundschaftlich.« Sie legte die Stirn in Falten. »Ich hab nicht hören können, was sie gesagt haben. Sie waren ganz hinten im Zimmer, bei den Fenstern, und haben mit zusammengesteckten Köpfen gemurmelt. Aber er hat schließlich gesagt: ›Ich regle das so schnell wie möglich‹, und sie hat gesagt: ›Je eher, desto besser.‹ Dann haben sie noch ’ne Weile gemurmelt.«
    Mary strich Cass ein letztes Mal über die Hände, dann verkorkte sie das Gefäß wieder. Obwohl sie froh war, dass sich die Verbindung zwischen Michael und Angelica bestätigte, verstand sie nicht ganz, warum ihr Cass das hatte erzählen wollen. Doch als das Mädchen weitersprach, horchte sie auf. »Dann hat Miss Thorold gesagt: ›Und was ist mit Miss Quinn?‹Mr Gray hat nicht so recht gewusst, was er sagen soll, aber dann hat er gemeint: ›Sie ist keine Bedrohung; das wissen Sie doch.‹ Dann sind sie beide ein paar Minuten ruhig gewesen, dann hat er gesagt: ›Wenn es so weit kommt, was ist mit George und James Easton?‹, und Miss Thorold hat die Nase gerümpft und gesagt: ›Denken Sie doch mal nicht an die beiden.‹«
    Mary warf instinktiv einen Blick zur Tür. Aber natürlich kam kein Geräusch oder keine Bewegung vom Gang draußen. »Und was ist dann geschehen?«
    Cass schüttelte unglücklich den Kopf. »Nichts mehr, Miss. Direkt danach war nämlich ein Geräusch in der Diele und Miss Thorold hat das Zimmer verlassen. Ich hab ihre Pantoffeln gehört, aber ich weiß nicht, wo sie hin ist. Und ein paar Minuten später ist Mr Thorold ins Zimmer gekommen und Sie auch.«
    Mary ließ sich diese neuen Informationen eine Weile durch den Kopf gehen, da fiel ihr noch etwas auf. »Hast du das ganze Frühstück über hinter der Tür vom Butler festgesessen? Nachdem ich auch runtergekommen bin?«
    Cass machte ein verschmitztes Gesicht. »War nicht so schlimm; hab mich schön ausgeruht, Miss.«
    Unten schlug die Standuhr zehn. Gedämpft drang ihr Ton durch die geschlossene Tür. »Wo wir gerade beim Thema Ausruhen sind, du solltest zu Bett gehen.«
    Cass erhob sich folgsam. »Ja, Miss Quinn.«
    »Danke, dass du mir das erzählt hast.«
    Cass schüttelte heftig den Kopf. »Ich hab’s Ihnen einfach erzählen müssen, Miss.«
    Dabei beließen sie es.
    ***
    Während Mary später im Bett lag und sich die Ereignisse des Tages noch mal durch den Kopf gehen ließ, konnte sie nicht anders: Sie musste Spekulationen über den Inhalt der Zigarrenkiste anstellen. Darin würde auf jeden Fall stehen, wohin ihr Vater gefahren war   – vielleicht sogar die genaue Route. Es würde auch erklären, warum er um seine Sicherheit bangte und wer hinter dieser Gefahr steckte. Vielleicht würde auch mehr darüber herauskommen, wer er war   – und damit auch, wer sie selbst war. Wie würde sie die Wahrheit über ihren Vater bewältigen und in ihr eigenes Leben einfügen? Sie hatte keine Ahnung. Aber bald würde sie Bescheid wissen. Sie würde einige der Antworten bekommen, die sie so dringend brauchte.
    Mary hatte ihre Kette um, als

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