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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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die Schiffe zu schwer beladen sind, liegen sie so tief, dass auch ein leichter Sturm sie versenken kann. Unter Matrosen werden sie Sargschiffe genannt.« Es war schwierig, nicht verbittert zu klingen.
    »Thorold hat mir einmal erzählt, dass er lieber ausländische Crews nimmt, weil sie billiger sind. Der andere Vorteil ist: Wenn so ein Schiff untergeht, gibt es in England weniger Leute, die unangenehme Fragen stellen.«
    Marys Blick wurde härter. »Deshalb die Spenden an das Laskarenheim.«
    »Eine Art Entschädigung?«
    »Sieht wohl danach aus.«
    In der düsteren Stille, die folgte, knurrte plötzlich Marys Magen. Sie versuchte, das Geräusch mit einem Husten zu überdecken, was ihr aber nicht gelang.
    James warf einen Blick auf seine Uhr. »Es ist recht spät; darf ich Sie zum Essen einladen? Danach könnten wir uns die Liste ansehen.«
    »Oh nein, das geht nicht. Ich bin eigentlich gar nicht   –« Doch ein erneutes heftiges Grummeln ihres Magens verriet sie und ließ sie verstummen.
    Er grinste aufreizend. »Das geht nicht, weil Damen niemals essen, höchstens bei gesellschaftlichem Anlass. Sie trinken und schlafen auch nicht und haben auch keine anderen rohen oder vulgären menschlichen Bedürfnisse. Ich weiß.«
    Darüber musste sie lächeln.
    »Nun kommen Sie schon   – ich habe auch noch nichts gegessen. Essen Sie mit?«
    »Ich kann ja wohl kaum auf ein Sandwich und ein Glas Bier in einen Pub gehen«, hielt sie ihm entgegen.
    »Ziemlich unpraktisch, was? Wie kommen Damen überhaupt zurecht?«
    »Wir gehen zum Essen nach Hause«, sagte sie spitz.
    »Und wenn Sie nicht in der Nähe von zu Hause sind?«
    »Dann werden wir natürlich vor Entkräftung ohnmächtig. Es überrascht mich, dass Sie das nicht wussten.«

Zwanzig
    S ie nahmen belegte Brote und Bier zu sich, vorbeigebracht von einem nahe gelegenen Pub. Sie redeten nicht viel, aber es war ein freundliches Schweigen. Danach begleitete James sie heimlich aus dem Büro (sie konnten George irgendwo hören, wie er eine süßliche Ballade auf dem Akkordeon übte) und nach unten, wo er eine Droschke herbeirief.
    Als er ihr hineinhalf, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken. »Das ist das erste Mal, dass Sie mir Ihre Hilfe angeboten haben.«
    »Es ist das erste Mal, dass Sie es zugelassen haben«, murmelte er und setze sich neben sie.
    Das Licht war gelblich grau, so hell, dass man blinzeln musste, aber ohne direkten Sonnenschein. In diesem unschmeichelhaften diffusen Blenden wirkte ganz London schäbig. Selbst neue Gebäude wie der Palast von Westminster mit seinem im Bau befindlichen Glockenturm sahen traurig und verwittert aus. Als die Droschke langsam auf die Parliament Street einbiegen wollte, fuhr Mary plötzlich zusammen.
    Sie lehnte sich zurück, als wolle sie nicht gesehen werden. »Schauen Sie.«
    James konnte in dem üblichen Gedränge von schmuddeligen Passanten, geschundenen Pferden, bellenden Hunden und Staubwolken im engeren Umkreis nichts Besonderes erkennen. Er beugte sich zu Mary herüber. »Wohin soll ich schauen?«
    »Die Kutsche, die gerade auf der anderen Straßenseite an uns vorüberfährt: Das ist die von den Thorolds.«
    »Daran ist doch nichts Ungewöhnliches.«
    Ungeduldig schüttelte sie den Kopf. »Doch, ist es schon. Thorold nimmt niemals die Kutsche. Er und Gray haben immer die Fähre genommen. Jetzt reiten sie.«
    »Thorold liebt den stinkenden Fluss wohl wirklich, was?«
    Sie ging nicht darauf ein. »Das in der Kutsche muss
Mrs Thorold
sein.«
    »Ich dachte, sie ist unpässlich.«
    »Ist sie auch.« Die Kutsche der Thorolds rumpelte in südlicher Richtung davon. »Verdammt, verdammt, verdammt!« Mary drehte sich nach James um. »Schnell, wir müssen ihr folgen!«
    »Ich dachte, wir sind hinter Thorold her.«
    »
Bitte
, James. Auf mich hört der Kutscher nicht, wenn Sie dabei sind.«
    Mit resigniertem Blick gab er dem Kutscher ihre geheimnisvollen Anweisungen weiter, und die Droschke wechselte sofort die Richtung, sehr zumUnwillen eines Blumenmädchens, das bei dem Wendemanöver fast überfahren wurde. Es fluchte noch hinter ihnen her, als sie sich in den dichten Verkehrsstrom einfädelten, der sich langsam nach Millbank bewegte. Sie waren nur fünf oder sechs Fahrzeuge hinter der Kutsche der Thorolds.
    »Nun sagen Sie doch, warum wir einer hypochondrischen Hausfrau durch die Stadt folgen!«
    »Kommt es Ihnen nicht seltsam vor, dass Mrs Thorold über die Westminsterbrücke fährt? Sie hat nicht einen Grund, in diese

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