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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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aus den Augen verloren hätten. Doch als sie die Kreuzung hinter sich hatten, entdeckte sie, wie die vertraute Kutsche in einer Seitenstraße verschwand. Ihr Fahrer trieb die Pferde an.
    Die Thorold-Kutsche bog schließlich nach links in eine schmale Straße mit Reihenhäusern ein, die Denbigh Place hieß. Sie war erstaunlich leer: keine spielenden Kinder, keine Hausierer, die von Tür zu Tür gingen. In einer Stadt, in der ständig Getriebe war,wirkte das befremdend. Es war, als habe man die ganze Gegend evakuiert.
    Mrs Thorolds Kutsche hielt etwas weiter vorne in der Straße, und die Tür flog auf, noch ehe Brown vom Kutschbock geklettert war. Es gelang ihm zwar, den Tritt unbeholfen auszuklappen, doch die Dame in der Kutsche wehrte seinen Versuch, ihr herauszuhelfen, mit scharfer Bewegung ab. Ihre Gestalt war rundum vertraut: Sie trug die übliche matronenhafte Kleidung   – weiten Reifrock, mehrere Röcke, Haube. Ihr Schritt war sicher, und sie stieg mit einer selbstverständlichen Gewissheit aus, die Mary völlig unbekannt war. Vom Rinnstein bis zur Haustür waren es nur ein paar Schritte. Dennoch reichte das aus, um die aufrechte Haltung und den forschen Schritt der Dame zu bemerken. Sie öffnete die Tür mit einem eigenen Schlüssel und verschwand im Inneren.
    James und Mary sahen sich perplex an.
    »Haben Sie   …?«
    »War das   …?«
    Sie blickten wieder zu dem Haus und sahen gerade noch, wie Brown weiterfuhr und in eine Hintergasse abbog. Offensichtlich wollte sie eine Weile bleiben.
    »Wie groß ist die Chance, dass eine andere Dame Mrs Thorolds Kutsche benützt?«, fragte James.
    »Eine andere Dame mit der gleichen Figur?« Mary schüttelte den Kopf. »Das ist fast unmöglich.«
    »Nette Familie«, bemerkte er. »Papa ist korrupt, Mama treibt sich in London herum   … Gibt es auch etwas, das ich über Angelica wissen sollte?«
    Mary schwieg. Das gab es ja in der Tat, aber sie hatte versprochen, es keinem zu sagen. Und ehrlich gesagt wollte sie es auch nicht erzählen. Wenn er diese Neuigkeit erfuhr, würde er keinen Grund mehr haben, mit ihr zusammenzuarbeiten. Er war ihr aber von Nutzen. Und sie genoss seine Gesellschaft inzwischen, so arrogant er auch war.
    Er beobachtete ihren Ausdruck forschend. »Ist das ein Ja?«
    »Das hat Zeit.« Sie sprang aus der Droschke und wartete ungeduldig, während er den Kutscher bezahlte.
    »Also gut«, sagte er, als die Droschke davonfuhr. »Wie finden wir mehr darüber heraus, was Mrs Thorold hier zu suchen hat?«
    »Wir fragen die Nachbarn.«
    »Wir läuten einfach und sagen: ›Entschuldigung   – wer ist die Dame nebenan und was macht sie hier?‹«
    Sie verdrehte die Augen. »Wir läuten und sagen, dass mir die Hitze ganz schlimm zugesetzt hat und ob ich wohl kurz hereinkommen könnte.« Sie nahm seinen Arm und stützte sich mit theatralischer Geste darauf.
    »Und ich steh da wie ein Idiot?«
    »Sie sind mein Bruder, der sich große Sorgen um mein Wohlbefinden macht.«
    James schüttelte den Kopf. »Ich habe eine bessere Idee. Ich mache das und Sie schnüffeln so lange in der Hintergasse herum. Versuchen Sie einen Blick in die Fenster zu werfen.«
    »Aber mit Ihnen werden die Damen nicht so unbekümmert reden wie mit mir.«
    Er grinste. »Ich gehe ja nicht zum Vordereingang. Ich werde ein hübsches Hausmädchen bezirzen, mir alles zu erzählen.«
    »Sie scheinen ja sehr von Ihrem Charme überzeugt zu sein.«
    Er versuchte, ein bescheidenes Gesicht zu machen, was ihm jedoch nicht gelang. »Es hat bei Angelica gewirkt   … und da habe ich mich nicht mal bemüht.«
    ***
    Mary war schnell mit der rückwärtigen Gasse fertig. Der Hinterhof von Mrs Thorolds Haus war sauber und leer, die Fenster vor neugierigen Blicken gut geschützt. Selbst für einen cleveren Spürhund gab es nicht einen einzigen Hinweis. Sie schlich ungefähr zehn Minuten in der Gasse auf und ab, dann kehrte sie zur Ecke von Denbigh Place zurück und wartete auf James. Er ließ sich Zeit   – bestimmt eine halbe Stunde, so schätzte sie, obwohl sie keine Uhr hatte   –, und ihr kam der Gedanke, dass er sich   – absichtlich oder nicht   – für die Wartezeit vor dem Laskarenheim rächte. Das einzige andere menschliche Wesen in der Straße war ein ungefähr zehnjähriger Junge, der einen Fußball herumkickte.
    »Sie sehen aber selbstgefällig aus«, sagte sie zu James, als er endlich auftauchte.
    Er grinste. »Das Hausmädchen, Janet, ist ein bezauberndes Ding. Sie hat mir Tee

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