Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
Vom Netzwerk:
Grays, Georges oder auf meine Kosten? Oder vielleicht hatten Sie ja auch vor, uns alle zu täuschen, aus welchem Grund auch immer?«
    Sie konnte nichts sagen.
    Er sah aus, als habe er etwas Schlechtes gegessen. »Ich hoffe bei Gott, dass es niemand sonst rausfindet.«
    Sie zitterte inzwischen. »Das findet niemand raus!«
    Er sah sie nur erneut an, schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
    Mary starrte ihm hinterher. Als klar war, dass er nicht stehen bleiben würde, rannte sie ihm nach. »Warten Sie   – wo gehen Sie hin?«
    Er drehte sich um und sagte förmlich: »Ich bedaure, dass ich Ihnen diese sogenannte Partnerschaft aufgedrängt habe. Sie können sie als beendet ansehen.«
    Betroffen starrte sie ihn an. »Wie bitte?«
    »Auf Wiedersehen, Miss Quinn. Alles Gute.« Er machte auf dem Absatz kehrt und eilte davon.

Einundzwanzig
    Sonntag, 16.   Mai
    W ieder ein drückend heißer, übel riechender Tag. Sonnenlicht drang an den Rändern der Vorhänge herein. Mary öffnete ein Auge. Warum fühlte sie sich so   …? Doch noch ehe sie die Frage zu Ende formulieren konnte, kamen die Ereignisse des gestrigen Tages wieder hoch, prügelten auf sie ein. James. Ihr Streit. Die Trennung. Es war wahrscheinlich das Beste, aber davon hatte sie sich noch nicht ganz überzeugt. Hatte sie denn kein Ehrgefühl? Er war zwar arrogant und hitzig, aber ihr Benehmen war schlimmer gewesen: unehrlich und töricht.
    Bei ihrer Rückkehr gestern hatte sie Zuflucht genommen zu der klassischen Ausrede der Damenwelt, den Kopfschmerzen, um dem gemeinsamen Essen und einem Abend mit der Familie zu entgehen. Cass hatte darauf bestanden, ihr ein Tablett mit Abendessen heraufzuschmuggeln: eine lauwarme Tasse Tee, drei labberige Butterbrote und ein Stück von einem etwas trockenen Sandkuchen. Obwohl sie so voller Selbstverachtung war, konnte Mary nicht umhin,über das zu lächeln, was das Mädchen als Wohltat ansah, und sie konnte sie nur zu leicht überreden, das meiste selbst zu essen. Jetzt am Morgen fühlte sie sich jedoch ganz hohl aufgrund der verpassten Mahlzeit.
    Lohnte sich das Aufstehen heute überhaupt? Sie zog die Nase kraus. So eine Frage war beschämend, selbst wenn sie unausgesprochen blieb. Und   – wie hatte sie das vergessen können?   – der Auftrag musste ja heute abgeschlossen werden. Ihr erster Auftrag. Wonach sie endlich wieder in das Heim für verarmte Seeleute zurückkehren konnte   … Und stattdessen täuschte sie vor, krank zu sein, eines Mannes wegen, der sie verachtete.
    Diese Überlegung verlieh ihr Auftrieb, und als sie sich aufsetzte, hörte sie die Standuhr auf dem Flur neun Mal schlagen. Neun! Wo war Cass? Kein Tee, kein Badewasser, und es war schon zwei Stunden nach ihrer normalen Aufstehzeit. Sie wurde zu einer richtigen Lady, die in ihrem Zimmer festsaß, wenn das Mädchen nicht kam. Sie wusch sich an ihrer Handwaschschüssel, zog sich rasch an und ging hinunter ins Esszimmer. Es lag verlassen, und gerade wollte sie sich setzen, um Kaffee, Eier, Schinken, Tomaten und Toast zu genießen, als sie aus dem hinteren Teil des Hauses ein gedämpftes, aber doch eindeutiges Scheppern und danach gellendes Schimpfen hörte.
    Innerlich aufseufzend trat sie auf den Gang. Es war leicht, den Ursprungsort des Lärms festzustellen. Selbst am oberen Ende der Gesindetreppe reichte dieStimme der Köchin aus, um sie zusammenzucken zu lassen. Mary zögerte; natürlich hatte sie dort unten nichts zu sagen. Doch während sie noch innehielt, hörte sie das Klatschen von Haut auf Haut. Das reichte ihr.
    Das Ungemach kam aus der Vorratskammer. Als sie um die Ecke bog, sah Mary Glasscherben auf den Steinfliesen liegen. Zwischen den Scherben kauerte die schmächtige Gestalt von Cass Day auf dem Boden und hob schützend die Arme über den Kopf.
    »Guten Morgen, Köchin«, sagte Mary streng.
    Die Köchin, eine stämmige Frau Anfang vierzig, sah sie wütend an. Sie war außer Atem. »Was wollen Sie denn hier unten?« Die auf dem Boden liegende Cass rührte sich nicht.
    »Miss Thorold macht sich Sorgen wegen des Lärms«, sagte Mary aufs Geratewohl. »Sie hat mich zu Ihrer Unterstützung geschickt.«
    Die Köchin wischte sich mit ihrer Schürze die Stirn. »Diese faule, diebische Göre«, fauchte sie. »Hab sie erwischt, wie sie die Lampen hier klauen wollte.«
    Die Reste von zwei Petroleumlampen lagen umgekippt in einer Ecke. »Aha.« Mary richtete den Blick von den Lampen und Cass wieder auf die Köchin.
    »Sie ist gefeuert, ganz klar.

Weitere Kostenlose Bücher