Ein verhängnisvolles Versprechen
Stehen gekommen war.
»Ist alles okay?«, fragte er Claire.
Die sparte sich die offensichtliche Antwort. »Hast du von deiner Kontaktperson bei der Telefongesellschaft gehört?«
»Kennst du einen Lehrer namens Drew Van Dyne?«
»Nein.«
»Er ist auf der Livingston High. Der Name sagt dir aber nichts?«
»Auf Anhieb nicht, nein. Wieso?«
»Das Negligé, das ich in ihrem Zimmer gefunden habe – ich glaube, er hat es für sie gekauft.«
Sie wurde rot. »Ein Lehrer?«
»Er arbeitet im Musikgeschäft in der Shopping Mall.«
»Bei Planet Music?«
»Ja.«
Claire schüttelte den Kopf. »Ich begreif das alles nicht.«
Myron legte ihr die Hand auf den Arm. »Ich brauch deine Hilfe, Claire. Du musst ruhig bleiben und dich konzentrieren.«
»Behandel mich nicht wie ein kleines Kind, Myron.«
»Das hab ich überhaupt nicht vor, aber wenn du in der Schule einen Aufstand machst …«
»… macht der Täter sich sofort aus dem Staub. Das ist mir schon klar. Was hast du noch?«
»Bei Joan Rochester hast du einen Volltreffer gelandet.« Myron informierte sie, während Claire aus dem Fenster starrte. Sie nickte gelegentlich, schien aber nicht zu begreifen, was er ihr erzählte.
»Du glaubst also, dass Aimee schwanger ist?«
Ihre Stimme klang jetzt wirklich ruhig und fast zu sachlich. Sie versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Das war vielleicht auch gut so.
»Ja.«
Claire hob die Hand zum Mund und begann, sich an der Lippe herumzuzupfen. Wie früher in der High School. Myron fand es absurd, sie in den gleichen Straßen wie früher in derselben Pose vor sich zu sehen. Claire zupfte an ihrer Lippe, als stünde eine Algebraprüfung bevor. »Okay, dann gehen wir das jetzt mal durch und überlegen, was es bedeuten könnte«, sagte sie.
»Gut.«
»Aimee hat sich von ihrem langjährigen High-School-Freund getrennt. Sie hat uns nichts davon gesagt und sich auch sonst insgesamt sehr geheimnisvoll gegeben. Sie hat ihre E-Mails gelöscht.
Sie hat sich verändert. Sie hatte ein Negligé in der Schublade, das sie vermutlich von einem Lehrer geschenkt gekriegt hat, der in dem Musikgeschäft arbeitet, in dem sie regelmäßig einkauft.«
Die Worte hingen schwer im Raum.
»Ich habe noch eine Idee«, sagte Claire.
»Erzähl.«
»Wenn Aimee schwanger ist – Herrgott, unglaublich, dass ich so was sage –, ist sie irgendwo in ein Krankenhaus gegangen.«
»Möglich. Aber vielleicht hat sie sich auch nur einen Heim-Schwangerschaftstest gekauft.«
»Nein.«, widersprach Claire bestimmt. »Damit hätte sie sich nicht zufrieden gegeben. Wir haben uns intensiv über solche Dinge unterhalten. Eine Freundin von ihr hat da mal ein falsches positives Ergebnis bekommen. Aimee hätte das überprüfen lassen. Wahrscheinlich hätte sie sich auch einen Arzt gesucht.«
»Okay.«
»Und die einzige Klinik hier in der Umgebung ist St. Barnabas. Für alles und jeden. Vielleicht ist sie da auch gewesen? Wir müssen fragen, ob jemand in den Akten nachschauen kann. Ich bin schließlich ihre Mutter. Da müssen sie mir doch irgendwas sagen, oder?«
»Ich weiß nicht, wie die Gesetzeslage in dem Punkt momentan ist.«
»Die ändert sich andauernd.«
»Warte.« Myron nahm sein Handy, wählte die Nummer des Krankenhauses und fragte nach Dr. Stanley Rickenback. Er wurde mit seiner Sekretärin verbunden und nannte ihr seinen Namen. Dann fuhr er auf den Kreisel vor der Schule und parkte. Rickenback nahm den Anruf an. Er wirkte ziemlich begeistert. Myron erklärte ihm, was er wollte. Die Begeisterung verschwand.
»Das kann ich nicht machen«, sagte Rickenback.
»Ihre Mutter sitzt hier direkt neben mir.«
»Sie haben mir gerade gesagt, dass das Mädchen volljährig ist. Und damit wäre das gesetzeswidrig.«
»Hören Sie, bei Katie Rochester hatten Sie Recht. Sie war wirklich schwanger. Wir versuchen jetzt rauszukriegen, ob Aimee auch schwanger war.«
»Ich verstehe das, aber ich kann Ihnen nicht helfen. Ihre Krankenakte ist vertraulich. Seit Einführung der ganzen neuen HIPAA-Gesetze speichert der Computer jeden Zugriff – unter anderem auch, wer wann welche Krankenakte geöffnet hat. Selbst wenn ich Ihre Bitte nicht für moralisch bedenklich halten würde, wäre mir das Risiko zu groß. Tut mir leid.«
Er legte auf. Myron starrte aus dem Wagenfenster. Dann rief er noch einmal das Krankenhaus an.
»Dr. Edna Skylar, bitte.«
Nach zwei Minuten meldete sich Edna Skylar: »Myron?«
»Sie haben mit Ihrem Computer doch bestimmt
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