Ein verhängnisvolles Versprechen
erwachsen waren.
Er räusperte sich und versuchte, lässig zu klingen. »Bist du immer noch mit diesem Randy zusammen?«
Ihre Antwort: »Nächste links.«
Er bog ab.
»Das Haus ist da drüben rechts.«
»Am Ende der Sackgasse?«
»Ja.«
Myron hielt vor der Einfahrt. Das flache Haus stand geduckt am Hang, als wollte es sich verstecken. Es war absolut dunkel. Hier gab es keine Straßenbeleuchtung. Myron blinzelte ein paarmal.
Er war immer noch müde und doch ziemlich benebelt von der Hochzeitsfeier. Einen Moment dachte er an Esperanza, die so fantastisch ausgesehen hatte, und überlegte, obwohl er sofort merkte, wie selbstsüchtig das war, inwiefern ihre Hochzeit sein Leben verändern würde.
»Sieht nicht aus, als wäre jemand zu Hause«, sagte er.
»Wahrscheinlich ist Stacy schon ins Bett gegangen.« Aimee zog einen Schlüssel aus der Tasche. »Ihr Schlafzimmer ist auf der anderen Seite, gleich neben der Hintertür. Ich schließ mir immer selbst auf.«
Myron machte den Motor aus. »Ich bring dich hin.«
»Nein.«
»Woher soll ich dann wissen, dass alles in Ordnung ist?«
»Ich wink dir zu.«
Ein weiteres Auto bog hinter ihnen in die Straße ein. Die Scheinwerfer leuchteten Myron über den Rückspiegel direkt in die Augen. Er schirmte sie ab. Komisch, dachte er, zwei Autos um diese Zeit in so einer Straße.
Aimee unterbrach seinen Gedanken. »Myron?«
Er sah sie an.
»Du darfst meinen Eltern nichts davon erzählen. Die rasten sonst völlig aus, okay?«
»Ich sag ihnen nichts.«
»Im Moment …«, sie brach ab und sah das Haus durchs Wagenfenster an, » … im Moment läuft’s zwischen ihnen nicht so gut.«
»Zwischen deinen Eltern?«
Sie nickte.
»Du weißt, dass das normal ist, oder?«
Wieder nickte sie.
Er wusste, dass er behutsam vorgehen musste. »Kannst du mir mehr darüber sagen?«
»Bloß … das macht ihnen dann höchstens noch mehr Stress, wenn du ihnen von uns erzählst, meine ich. Also lass es bitte, ja?«
»In Ordnung.«
»Denk dran, du hast es versprochen.«
Mit diesen Worten stieg Aimee aus. Sie lief zur Pforte und dann den Weg zur Hintertür entlang. Sie verschwand hinter dem Haus. Myron wartete. Sie kam wieder an die Pforte, lächelte ihm zu und signalisierte durch ein Winken, dass alles in Ordnung war. Doch da war irgendetwas, irgendetwas stimmte nicht an ihrem Winken.
Myron wollte schon aussteigen, aber Aimee schüttelte den Kopf. Dann verschwand sie wieder im Garten, und die Nacht verschluckte sie.
8
In den kommenden Tagen sollte er noch häufig an dieses Lä̸̸̸̸̸̸cheln und das Winken denken und sich ins Gedächtnis zurückrufen, wie Aimee in der Dunkelheit verschwunden war. Er überlegte dann, was er dabei empfunden hatte. Hatte er eine böse Vorahnung gehabt, ein leichtes Unbehagen verspürt, hatte es ihm tief im Inneren einen Stich versetzt, der ihm eine Warnung hätte sein müssen? Hatte er die ganze Situation einfach nicht ernst genug genommen?
Eigentlich nicht. Es fiel ihm aber schwer, sich zu erinnern.
Er blieb noch zehn Minuten in der Sackgasse stehen. Nichts geschah.
Dann hatte Myron eine Idee.
Er machte sich auf den Weg. Es dauerte allerdings eine Weile, bis er wieder aus dem Viertel herausgefunden hatte. Er hätte wohl lieber ein paar Brotkrumen ausstreuen sollen, als Aimee ihn in dieses Vorort-Dickicht geführt hatte. Zwanzig Minuten lang kam er sich vor wie eine Ratte im Labyrinth, bis er zufällig auf die Paramus Road traf, die ihn schließlich zur Hauptverkehrsstraße, dem Garden State Parkway, führte.
Aber Myron wollte nicht mehr zurück zum Apartment in New York.
Es war Samstagnacht – na ja, genau genommen Sonntagmorgen – und wenn er jetzt nach Livingston fuhr, konnte er vor dem Abflug nach Miami am Morgen noch Basketball spielen.
Schließlich wusste er, dass Erik, Aimees Vater, jeden Sonntag dort spielte.
Das war Myrons erster, noch etwas unausgereifter und zugegebenermaßen etwas dürftiger Plan.
Also stand er frühmorgens auf – eigentlich viel zu früh – zog seine Shorts und ein T-Shirt an, entstaubte die alte Kniebandage und fuhr zur Heritage Middle School. Bevor er in die Sporthalle ging, versuchte er noch, Aimee auf dem Handy zu erreichen, doch es schaltete sich sofort die Mailbox ein, und Aimees fröhliche Teenagerstimme sagte: »Ey, hinterlass eine Nachricht.«
Gerade wollte er das Handy zur Seite legen, als es in seiner Hand vibrierte. Er sah aufs Display. Unbekannte Nummer.
»Hallo?«
»Du bist ein
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