Ein verhängnisvolles Versprechen
bestimmt nicht, dass sein Name da mit reingezogen wurde.
»Macht keinen guten Eindruck«, sagte sie, »so schnell einen Anwalt anzurufen.«
»Es interessiert mich eigentlich absolut nicht, was für einen Eindruck das macht.«
»Nein, wohl nicht.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Wir fahren nach Ridgewood und suchen nach dem Haus, vor dem Sie Aimee Biel angeblich abgesetzt haben.«
Sie fuhren los.
»Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor«, sagte Myron.
»Ich bin in Livingston aufgewachsen. Als ich klein war, bin ich ein paar Mal bei Basketballspielen in der High School gewesen.«
»Das war’s aber nicht«, sagte er. Dann richtete er sich auf. »Moment mal, waren Sie nicht irgendwie am Hunter-Fall beteiligt?«
»Ich war …«, sie machte eine Pause. »Ja, ich war daran beteiligt.«
»Dann war’s das. Die Geschichte mit Matt Hunter.«
»Kennen Sie ihn?«
»Ich bin mit seinem Bruder Bernie zur Schule gegangen. Ich war auch auf seiner Beerdigung.« Er lehnte sich zurück. »Und jetzt? Besorgen Sie sich einen Durchsuchungsbescheid für mein Haus und mein Auto oder so?«
»Beides.« Sie sah auf die Uhr. »Die Anträge sind schon in Arbeit.«
»Vermutlich finden Sie in beiden Spuren von Aimee. Ich hab Ihnen ja von der Party erzählt, bei der sie bei mir im Keller gewesen ist. Und dass ich sie vorgestern Nacht im Wagen abgeholt habe, wissen Sie ja auch.«
»Das passt natürlich alles bestens.«
Myron schloss die Augen. »Nehmen Sie auch meinen Computer mit?«
»Selbstverständlich.«
»Ich hab da jede Menge vertrauliche Korrespondenz drin. Klienteninformationen und so was.«
»Unsere Spezialisten werden vorsichtig sein.«
»Nein, werden sie nicht. Bitte tun Sie mir einen Gefallen, Muse. Sehen Sie sich den Computer persönlich an, ja?«
»Und mir vertrauen Sie? Da fühle ich mich ja fast schon geschmeichelt.«
»Na gut, dann legen wir die Karten offen auf den Tisch«, sagte Myron. »Mir ist durchaus bewusst, dass ich ein guter Verdächtiger bin.«
»Tatsächlich? Wie kommen Sie denn darauf? Weil Sie der Letzte waren, der Aimee gesehen hat? Weil Sie ein alleinstehender Ex-Profi sind, der allein in seinem alten Elternhaus wohnt
und um zwei Uhr morgens junge Mädchen auf der Straße aufsammelt?« Sie zuckte die Achseln. »Warum sollte Sie das zu einem Verdächtigen machen?«
»Ich war’s nicht, Muse.«
Sie sah weiter auf die Straße.
»Was ist?«, fragte Myron.
»Erzählen Sie mir, was an der Tankstelle los war.«
»An der …« Dann wusste er, worauf sie hinauswollte. »Oh.«
»Was heißt ›oh‹?«
»Was haben Sie? Die Aufzeichnung aus einer Überwachungskamera oder die Aussage vom Tankwart?«
Sie sagte nichts.
»Aimee war sauer auf mich, weil sie dachte, ich würde ihren Eltern davon erzählen.«
»Wie kam sie drauf?«
»Ich hab nicht aufgehört, ihr Fragen zu stellen – wo sie gewesen ist, mit wem sie unterwegs war, was passiert ist.«
»Und eigentlich hatten Sie versprochen, sie zu bringen, wohin sie wollte, ohne irgendwelche Fragen zu stellen.«
»Genau.«
»Und warum haben Sie Ihr Wort gebrochen?«
»Ich hab mein Wort nicht gebrochen.«
»Aber?«
»Das passte alles nicht zusammen.«
»Was?«
»Sie war in Midtown, und das ist nicht gerade ein Treffpunkt der Jugend. Sie hat nicht den Eindruck gemacht, als wäre sie angetrunken, und ich hab auch keinen Alkohol gerochen. Sie kam mir eher verstört vor. Und ich wollte einfach wissen, warum.«
»Und das hat ihr nicht gefallen?«
»Genau. Und darum ist sie an der Tankstelle aus dem Wagen gesprungen. Sie ist erst wieder eingestiegen, als ich ihr noch mal versprochen habe, dass ich keine Fragen mehr stelle und
ihren Eltern nichts von der ganzen Sache erzähle. Sie hat noch gesagt …«, Myron runzelte die Stirn – es gefiel ihm ganz und gar nicht, so private Angelegenheiten einer Polizistin zu erzählen, »… dass es zu Hause Probleme gibt.«
»Zwischen ihren Eltern.«
»Ja.«
»Und was haben Sie dazu gesagt?«
»Dass das normal ist.«
»Mann«, sagte Loren. »Sie sind echt gut. Was haben Sie sonst noch für Weisheiten von sich gegeben? ›Die Zeit heilt alle Wunden‹?«
»Lassen Sie’s gut sein, Muse, ja?«
»Sie sind immer noch mein Hauptverdächtiger, Myron.«
»Nein, bin ich nicht.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Wie bitte?«
»So dumm sind Sie nicht. Und Sie wissen auch, dass ich nicht so dumm bin.«
»Was soll das denn jetzt heißen?«
»Sie wissen seit gestern Abend, dass ich Aimee abgeholt habe. Also
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