Ein verhängnisvolles Versprechen
wie?«
»Aufgewühlt.« Er setzte sich aufrecht hin. »Ich hab überlegt, ob sie sich von ihrem Freund getrennt hat. Er heißt Randy, soweit ich weiß. Haben Sie schon mit ihm gesprochen?«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
»Bin ich Ihnen eine Erklärung schuldig?«
»Darum geht’s doch gar nicht, aber wenn ein Mädchen verschwindet, dann ermittelt man doch …«
»Es gibt noch keine Ermittlung. Aimee ist volljährig, es gab keine Anzeichen für Gewalt, und sie wurde erst seit wenigen Stunden vermisst …«
»Und dann bin ich plötzlich aufgetaucht.«
»Genau. Natürlich haben Claire und Erik Aimees Freunde angerufen. Randy Wolf, ihr Freund, ist gestern Abend nicht mit ihr unterwegs gewesen. Er war zu Hause bei seinen Eltern.«
Myron runzelte die Stirn. Loren Muse sah das im Rückspiegel. »Was ist?«, fragte sie.
»Samstagabend in der Endphase des letzten High-School-Jahrs«, sagte er, »und Randy bleibt zu Hause bei Mami und Papi?«
»Tun Sie mir einen Gefallen, Bolitar. Konzentrieren Sie sich nur darauf, das Haus zu finden, ja?«
Als sie um die nächste Ecke bogen, hatte Myron das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben. »Da hinten rechts. Am Ende der Sackgasse.«
»Das ist es?«
»Ganz sicher bin ich noch nicht.« Dann: »Ja. Ja, das ist es.«
Sie hielt vor dem Haus. Der Streifenwagen war direkt hinter ihnen. Myron sah aus dem Fenster. »Können Sie noch ein paar Meter vorfahren?«
Loren folgte seiner Bitte. Myron betrachtete das Haus.
»Und?«
Er nickte. »Das ist es. Sie ist da rechts durch die Pforte gegangen.« Fast hätte er hinzugefügt: Und da habe ich sie zum letzten Mal gesehen, verkniff es sich aber.
»Warten Sie hier.«
Sie stieg aus. Sie ging zum Streifenwagen und unterhielt sich mit Banner und dem Polizisten vom Ridgewood Police Department. Dabei deutete sie mehrmals auf das Haus. Dann ging sie zur Tür und klingelte. Eine Frau öffnete. Anfangs konnte Myron sie nicht sehen. Dann trat sie einen Schritt vor die Tür. Nein, kein bekanntes Gesicht. Sie war schlank und trug eine Baseball-Kappe, unter der blonde Haare hervorragten. Sie sah aus, als hätten sie sie mitten im Fitness-Programm unterbrochen.
Die beiden Frauen unterhielten sich gut zehn Minuten lang. Loren sah immer wieder zu Myron herüber, als fürchtete sie, er würde fliehen. Nach ein paar weiteren Minuten schüttelten die beiden Frauen sich die Hände. Die Frau kehrte ins Haus zurück und schloss die Tür. Loren kam zum Wagen zurück und öffnete die Hintertür.
»Zeigen Sie mir, wo Aimee langgegangen ist.«
»Was hat sie gesagt?«
»Was glauben Sie?«
»Sie hat den Namen Aimee Biel noch nie gehört.«
Loren Muse tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Nase und deutete dann damit auf Myron.
»Das ist das Haus«, sagte Myron. »Ich bin vollkommen sicher.«
Myron ging zur Pforte. Dort blieb er stehen. Er dachte daran, wie Aimee an dieser Stelle gestanden hatte – wie sie gewinkt hatte, und dass ihm irgendetwas daran nicht geheuer gewesen war.
»Ich hätte …« Er brach ab. Das brachte nichts. »Sie ist da reingegangen. Dann war sie kurz aus meinem Blickfeld verschwunden, ist zurückgekommen und hat mir gewinkt, dass ich fahren soll.«
»Und das haben Sie getan?«
»Ja.«
Loren Muse sah sich kurz den Garten hinterm Haus an. Dann führte sie ihn zum Streifenwagen. »Die bringen Sie nach Hause.«
»Kann ich mein Handy wiederhaben?«
Sie warf es ihm zu. Myron setzte sich hinten in den Streifenwagen. Banner ließ den Motor an. Myron öffnete noch einmal die Tür.
»Muse?«
»Was ist?«
»Es gab einen Grund, warum sie zu diesem Haus wollte«, sagte Myron.
Er schloss die Tür wieder. Sie fuhren schweigend los. Myron betrachtete das Tor, das immer kleiner wurde, bis es – wie Aimee Biel – schließlich verschwunden war.
17
Dominick Rochester, Katies Vater, saß am Kopfende des Esszimmertischs. Seine drei Jungs saßen auch am Tisch. Joan, seine Frau, war in der Küche. Also waren zwei Stühle frei – ihrer und Katies. Er kaute sein Fleisch und starrte auf den Stuhl, als
wollte er Katie allein durch Willenskraft dazu bringen zu erscheinen.
Joan kam aus der Küche. Sie brachte eine Platte mit geschnittenem Roastbeef. Er deutete auf seinen fast leeren Teller, aber sie war schon dabei, ihm etwas aufzutun. Dominick Rochesters Frau ging nicht arbeiten, sie war nur für das Haus verantwortlich. Nichts von diesem Quatsch von wegen Frau und Beruf. Das kam für Dominick nicht in Frage.
Er grunzte ein Danke. Joan
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