Ein verhängnisvolles Versprechen
auch noch ein ›Aber‹ zu hören?«
»Du denkst einfach intensiv an die Zeit, die wir miteinander verbracht haben – die Liebe, die Trennungen, meine Verletzung, den Schmerz, die vielen gemeinsamen Erlebnisse, die Tatsache, dass ich dich heiraten wollte …«
»Darauf wollte ich gleich noch näher eingehen.«
»Moment, ich bin gerade so gut in Schwung.«
Jessica lächelte. »Entschuldige.«
»Wenn zwei Menschen so viel gemeinsam erlebt haben, verflechten sich ihre Leben. Und wenn man das plötzlich beendet, wird dieses Geflecht wie mit einer Machete durchtrennt. Man war aber so eng verbunden, dass immer noch etwas übrig bleibt.«
»Unsere Leben sind ineinander verstrickt«, sagte sie.
»Verstrickt«, wiederholte er. »Das klingt so hochtrabend.«
»Aber es stimmt irgendwie.«
Er nickte.
»Und was machen wir jetzt?«
»Nichts. Das gehört einfach dazu.«
»Weißt du, warum ich dich nicht geheiratet habe?«
»Das spielt doch keine Rolle mehr, Jess.«
»Ich denke doch. Ich finde, wir müssen darüber reden.«
Myron ließ ihre Hand los und signalisierte: Gut, wenn du meinst.
»Die meisten Menschen hassen das Leben ihrer Eltern. Sie rebellieren dagegen. Aber du wolltest genauso leben wie sie. Du wolltest ein Haus, Kinder …«
»Und du nicht«, unterbrach er sie. »Das wissen wir doch alles.«
»Das stimmt so nicht. Wahrscheinlich wollte ich dieses Leben auch.«
»Aber nicht mit mir.«
»Das ist Quatsch, und das weißt du auch. Ich war mir nur nicht sicher …« Sie legte den Kopf schräg. »Du wolltest so leben. Mir war aber nie richtig klar, ob du dieses Leben mehr willst als mich.«
»Das«, sagte Myron, »ist der größte Mist, den ich je gehört habe.«
»Schon möglich, dieses Gefühl habe ich damals trotzdem gehabt.«
»Klasse. Also hab ich dich nicht genug geliebt.«
Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Kein Mann hat mich je so geliebt wie du.«
Schweigen. Myron verkniff sich die Frage: Und was ist mit Stoner?
»Als du deine Knieverletzung hattest …«
»Jetzt fang nicht wieder damit an. Bitte.«
Jessica sprach weiter: »Als du dir das Knie verletzt hast, hast du dich verändert. Du hast extrem hart dafür gearbeitet, darüber wegzukommen.«
»Wäre dir Selbstmitleid lieber gewesen?«, fragte Myron.
»Es hätte vielleicht besser funktioniert. So hast du im Endeffekt nämlich Angst gekriegt. Du hast alles so fest umklammert, dass du es fast erstickt hast. Du warst kein Gott mehr, sondern ein Normalsterblicher. Du wolltest nicht noch mehr verlieren und hast …«
»Das ist ja alles ganz prima, Jess. Hey, das hatte ich vergessen. Bei wem hast du auf Duke eigentlich den Einführungskurs Psychologie gemacht? Der wäre jetzt nämlich sehr stolz auf dich.«
Jessica schüttelte den Kopf.
»Was ist?«, fragte er.
»Du bist immer noch nicht verheiratet, oder, Myron?«
»Du auch nicht«, erwiderte er.
»Touché. Aber hast du im Lauf der letzten sieben Jahre mehrere ernsthafte Beziehungen gehabt?«
Er zuckte die Achseln. »Ich habe eine Freundin.«
»Ehrlich?«
»Was? Ist das wirklich eine so große Überraschung?«
»Nein, aber überleg doch mal. Du, Mr Feste Bindung persönlich, Mr Langzeitbeziehung – warum brauchst du so lange, um eine andere zu finden?«
»Verrat’s mir nicht.« Er hob eine Hand. »Durch unsere Beziehung hast du mir alle anderen Frauen verdorben.«
»Tja, das wäre nur allzu verständlich.« Jessica zog eine Augenbraue hoch. »Aber ich glaube, das ist es nicht.«
»Also, ich bin ganz Ohr. Warum bin ich noch nicht glücklich verheiratet?«
Jessica zuckte die Achseln. »Ich überlege noch.«
»Hör auf, darüber nachzudenken. Es geht dich nichts mehr an.«
Wieder zuckte sie die Achseln.
Sie saßen sich gegenüber. Seltsam, wie wohl er sich in der Situation fühlte.
»Erinnerst du dich an meine Freundin Claire?«, fragte Myron.
»Sie hat doch diesen verklemmten Typen geheiratet, oder? Wir waren auf der Hochzeit.«
»Erik.« Er wollte nicht die ganze Geschichte erzählen, also fing er mit etwas anderem an. »Er hat mir gestern Abend erzählt, dass es Probleme zwischen Claire und ihm gibt. Er meinte, es ist unvermeidlich, dass die Liebe irgendwann abnimmt, alles langweiliger wird und sich grundsätzlich verändert. Er meinte, dass ihm die Leidenschaft fehlt.«
»Geht er fremd?«, fragte Jessica.
»Wie kommst du darauf?«
»Weil das nach einer Rechtfertigung klingt.«
»Du glaubst also nicht, dass an diesem Abflauen der Leidenschaft
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