Ein verruchter Lord
fragen, ob das erste Kleid in irgendeiner Weise nicht zufriedenstellend war? «
Jack räusperte sich und rieb sich verlegen den Nacken. » Schon, aber das Kleid ist … Äh, es wurde leider ruiniert. Ein Fleck, Sie verstehen. «
Ein vergnügtes Glitzern trat in Buttons Augen und wurde begleitet von einem kaum merklichen Heben der Mundwinkel. » Tatsächlich? Wie ungewöhnlich! « Er verneigte sich. » Ich nehme das als Kompliment, wenn Sie erlauben. «
Jack richtete den Blick zur Decke und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Besser war es, die Anspielung zu ignorieren. » Ich nehme an, Sie haben kein anderes mehr zufällig herumliegen? « , fragte er, ohne in Buttons wissende Augen zu schauen.
Der kleine Mann lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tippte die Fingerspitzen aneinander. » Ich denke, ich könnte ein angemessenes Gewand zur Hand haben – was allerdings bedeutet, dass ich einen anderen geschätzten Kunden um Geduld bitten muss … « Seine Stimme verklang erwartungsvoll.
Jack sah ihm in die Augen. » Halsabschneider. «
Das Gnomengesicht verzog sich amüsiert. » Es freut mich, dass wir einander so gut verstehen, Mylord. « Button stand auf. » Gedulden Sie sich einen Moment, denn ich muss mit Cabot reden. Vielleicht trinken Sie währenddessen einen Kaffee? «
Später fragte Jack sich, was ihm da serviert worden war, denn am Ende gab er dreimal so viel Geld aus wie jemand, der bei klarem Verstand war. Und im letzten Moment, als seine Kutsche bereits überbordete von Schachteln und Päckchen, wurde das bei seinem letzten Besuch georderte Abendkleid gebracht. Er hätte an Zauberei geglaubt, wären da nicht die horrenden Rechnungen gewesen. Button verstand zweifelsfrei sein Geschäft. In jeder Hinsicht.
» Möchten Sie es gerne sehen, Mylord? «
Jack schüttelte den Kopf. Er hatte genug von Stoffen und Farbmustern, von Handschuhen und Strümpfen und obskuren kleinen Spitzenteilen, mit denen er in der letzten Stunde bombardiert worden war. » Muss ich das? « Klang seine Stimme nicht irgendwie kläglich? Er räusperte sich mannhaft. » Ich bin mir sicher, dass es vollkommen angemessen ist. «
» Mylord, es wäre sogar angemessen für eine königliche Hochzeit! Ich hoffe, Sie begleiten die Dame zu einer entsprechenden Veranstaltung. Einem Ball vielleicht? «
» Button « , brach es aus Jack heraus, » ich brauche Ihre Hilfe. «
Wie aufs Stichwort verschwand Cabot, und der Modeschöpfer schenkte Jack eine weitere Tasse Kaffee ein. » Mylord, ich bin natürlich gerne bereit, Ihnen zu helfen, wo ich nur kann. «
» Ich möchte ihr etwas geben … « Er schüttelte den Kopf. » Verdammt, ich weiß nicht einmal, wie ich es ausdrücken soll … «
» Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Mylord … Ich gehe davon aus, Sie versuchen das Herz einer Dame für sich zu gewinnen, und meinen Beobachtungen nach – ich verfüge über einen reichen Schatz, wie Sie wissen – schafft man das am ehesten, indem man versucht, sie zu verstehen. «
» Das hat nicht geholfen. «
» Wirklich nicht? Sie lieben sie, deshalb … «
Die Worte durchfuhren Jack wie ein Pfeil – waren wie eine Offenbarung, die ihn überwältigte. Und sie entsprachen der Wahrheit.
Ich liebe sie und begehre sie nicht nur.
Ich will nicht bloß, dass wir einander wieder besser verstehen, und es geht mir nicht allein darum, Melody zu behalten.
Ich liebe sie. Wirklich und wahrhaftig.
Und als würde die Sonne nach einer langen Zeit der Finsternis endlich strahlend aufgehen, erkannte er, dass das nie anders war.
Ich habe sie immer geliebt.
Mit einem Mal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Laurel gehörte schon damals sein Herz, nicht der oberflächlichen Amaryllis, mit der er sich nicht länger als eine Viertelstunde unterhalten konnte. Darum verspürte er auch nie einen Funken von Eifersucht, wenn er sie umgeben von ihren zahlreichen Verehrern beobachtete.
Und vielleicht hatte er, ohne es zu begreifen, den Salon der Clarkes und Amaryllis nur so häufig verlassen, um in diese tiefblauen Augen zu schauen – um das ernsthafte, kluge Mädchen zu sehen, das ihm immer so erwartungsvoll entgegenblickte. Wenn er das alles rechtzeitig erkannt hätte, würde er auf sie gewartet haben, anstatt sich mit ihrer Schwester zu verloben.
Gütiger Gott, er hatte alles wirklich gründlich vermasselt!
In ihrem Ankleidezimmer wirbelte die junge Braut jetzt fröhlich im Kreis herum und vergaß ganz, dass sie sich vor ihrer bevorstehenden Trauung
Weitere Kostenlose Bücher