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Ein Versprechen aus Afrika

Ein Versprechen aus Afrika

Titel: Ein Versprechen aus Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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das herumspricht, da es dann alle nachmachen wollen, denn die Rendite ist, langfristig gesehen, sehr verlockend. Ich kenne mich sehr gut aus in der Branche. Wenn Sie zehntausend Franc (etwa 1700 Euro) anlegen und das Geld nicht anrühren und auch die gesamten Gewinne wieder reinvestieren, erhalten Sie eine Nettorendite von 29,5 Prozent pro Jahr. In neunzehn Jahren werden Ihnen dann für Ihre ursprüngliche Investition von zehntausend Franc 1 294 103 Franc (mehr als 220 000 Euro) ausbezahlt.
    Damit haben Sie ausgesorgt und sichern Ihren Erben einen schönen Batzen Geld.«
    Was für eine schöne Rede!
    Monsieur Cromelecque brauchte nicht lange zu überlegen. Er konnte unbedenklich zehntausend neue Franc investieren. Und so stellte er einen Scheck ohne Order aus. Dafür übergab ihm Lepage eine Quittung, auf der stand, dass der Betrag auf neunzehn Jahre angelegt worden war und dass er während dieser Zeit keine Zinsen abheben durfte. Und damit war alles in Ordnung.
    Monsieur Cromelecque bedachte jedoch nicht, dass er mit achtundsechzig Jahren wenig Chancen hatte, noch in den Genuss der Dividenden für seine Geldanlage zu gelangen. Lepage setzte also unter den Scheck über zehntausend Franc seinen Namen und zahlte den Betrag auf ein Konto ein, das er bei einer Konkurrenzbank eröffnet hatte.
    Ermutigt durch diesen ersten Erfolg, suchte er einen neuen Investor und fand ihn auch. Ob gute oder schlechte Zeiten herrschten, die Mundpropaganda funktionierte perfekt, und jeden Monat fand er einen bis zwei optimistische Anleger. Da ja vereinbart worden war, neunzehn Jahre lang keine Dividende auszuschütten, konnte er das Geld, das ihm anvertraut worden war, unbehelligt abheben. Einige Investoren, die genauso vermögend wie leichtgläubig waren, wollten ihr investiertes Kapital unbedingt vermehren. Einige überreichten ihm sogar Schecks in Höhe von hunderttausend Franc (etwa 17 000 Euro). Die Summe, die nach Ablauf der Geldanlage zu erwarten war, war schließlich traumhaft hoch. Doch die Leichtgläubigen waren überzeugt davon, ihr Geld gut angelegt zu haben.
    Schließlich war Lepage der Erste, der es leid war, dass all seine Aktionäre durch Tod oder Verkalkung daran gehindert wurden, nach neunzehn Jahren ihre Dividenden in Empfang zu nehmen. Seltsamerweise hatte auch nie ein Erbe irgendwelche indiskreten Fragen über diese Anlage gestellt, die auf neunzehn Jahre befristet war. Und keiner hatte jemals Anzeige erstattet. An seinem sechzigsten Geburtstag stellte sich der Schwindler Sébastien Lepage spontan der Polizei. Da er sich seit langem aus den Geschäften zurückgezogen hatte, hatte er schließlich auch nicht mehr die Gelegenheit, seinen privilegierten Kunden einmalige Tipps zu geben. Auf jeden Fall wirkte er nicht mehr überzeugend. Da er »sein« Geld immer mit vollen Händen ausgegeben hatte, war seit einigen Jahren alles aufgezehrt. Er war jetzt krank, abgebrannt und nicht einmal mehr in der Lage, seine Miete zu zahlen. Deshalb wollte er in aller Demut verurteilt, ins Krankenhaus eingewiesen und liebevoll umsorgt werden, wie es ein bedürftiger alter Mann verdiente. Er würde den Rest seines Lebens ohne Sorgen verbringen, aber bestimmt nicht im Gefängnis. Eventuelle Kläger konnten kein Geld von ihm erwarten — sofern die Erben überhaupt noch das Bedürfnis hatten, die unermessliche Naivität ihrer Vorfahren öffentlich preiszugeben.
     

Die vierzehntausend Vettern
     
    Im Großen und Ganzen kann man zwei Sorten von Betrügereien unterscheiden. Die häufigste besteht darin, sich zum Nachteil einer Person, einer Firma oder irgendeiner Organisation eine größere Summe anzueignen. Bei der zweiten, die weniger häufig vorkommt, nimmt der Betrüger sehr wenig, allerdings von einer großen Anzahl von Menschen, sodass auch ein rundes Sümmchen zusammen kommt. Dazu muss man nur eine Masche finden, auf die ein ganzer Haufen Leute gleichzeitig hereinfällt. Die Masche, von der diese Geschichte handelt, war ebenso einfach wie genial.
    In der Umgebung von Limoges machte seit dem Zweiten französischen Kaiserreich (1850 bis 1870) eine Legende die Runde. Ein gewisser Mallet war im 18. Jahrhundert nach Amerika ausgewandert und hatte dort ein Vermögen erworben, das jedoch niemand geerbt hatte. Die oberflächlichen, diesbezüglich von verschiedenen Familien mit Namen Mallet unternommenen Nachforschungen hatten jedoch zu keinem Ergebnis geführt.
    Im Juli 1961 nahm das Leben von Gisèle Youbi eine Wendung. Nachdem sie ihr ganzes

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