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Ein Versprechen aus Afrika

Ein Versprechen aus Afrika

Titel: Ein Versprechen aus Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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überschritten hatte, machte sich diesmal mit Eifer an die Arbeit. Schon am nächsten Tag war das spiritistische Brett fertig.
    Für den Fall, dass Sie wie Dora Jung noch nie eines gesehen haben, folgt hier eine kurze Beschreibung des Gegenstandes. Es handelt sich um ein fünfzig mal fünfzig Zentimeter großes Brett, auf das ein großer Kreis mit allen Buchstaben des Alphabets gemalt ist. In diesem ist ein weiterer kleinerer Kreis mit den Zahlen von null bis neun gezeichnet und in den beiden oberen Ecken des Brettes stehen die Worte »Ja« und »Nein«. In die Mitte stellt man eine umgedrehte Kaffeetasse, auf die alle Anwesenden einen Finger legen. Der Geist lässt sie dann zum »Ja« oder zum »Nein« wandern, wenn es sich um eine einfache Frage handelt, oder zu den Buchstaben, wenn ein Satz gebildet werden soll.
    Schwer beeindruckt legte Dora also zitternd einen Finger auf die Tasse, gleichzeitig mit ihrer Jugendfreundin und dem Maurer. Sofort begann das Zwiegespräch mit dem Jenseits. In ihrer Eigenschaft als Medium stellte Ingrid Strauß die Fragen.
    »Wer ist da?«
    Von einer unsichtbaren Kraft getrieben spazierte die Tasse über die Buchstaben des großen Kreises.
    »M-A-N-N.«
    »Wo bist du?«
    Derselbe Vorgang.
    »F-E-G-E-F-E-U-E-R.«
    Dora Jung platzte vor Erregung. Sie war zwischen Freude und Enttäuschung hin und her gerissen, weil sie gehofft hatte, dass ihr verstorbener Mann längst im Paradies sei. Zumindest musste er nicht in der Hölle schmoren. Sie schnitt Ingrid das Wort ab und fragte hastig: »Was würde dir Freude machen?«
    Dieses Mal kam eine unerwartete Antwort: »S-E-K-T.« Dora war ehrlich verblüfft, weil ihr Mann in seinem Leben nie einen Tropfen Alkohol angerührt hatte. Auf demselben Weg ließ sie sich auch erklären, wie sie dabei vorgehen sollte: Sie solle die Flasche am Abend gut gekühlt ins Badezimmer stellen und nachts auf gar keinen Fall den Raum betreten.
    So kurz nach dem Krieg waren die Lebensmittel in Deutschland noch rationiert und Luxusprodukte kosteten ein Vermögen. Dora Jung zögerte jedoch nicht einen Moment. Sie hatte ihrem Mann immer gehorcht und aus dem Jenseits war sein Wunsch mehr denn je Befehl. Sie tat wie geheißen und stellte am Morgen fest, dass die Flasche leer war. Ganz aufgeregt zeigte sie sie Ingrid und Franz.
    »Habt ihr gesehen? Er hat sie getrunken. Das ist der Beweis dafür, dass alles stimmt.«
    Von dem Moment an bestimmten die Sitzungen mit dem spiritistischen Brett das Leben im Haus. Der Verstorbene erwies sich als ausgesprochen redselig und teilte seiner Frau selbst seine kleinsten Wünsche mit. Dabei zeigte er eine besondere Vorliebe für Luxusartikel, hauptsächlich Sekt, aber auch für Kognak und verschiedene Spirituosen, Edelschokolade und sogar Zigarren. Einmal verlangte er sogar Parfüm! Ein ziemlich teures französisches Parfüm, das zufällig auch das von Ingrid war.
    Diesmal wunderte sich Dora Jung, machte sich sogar Sorgen.
    »Was ist los? Bist du im Fegefeuer etwa andersrum geworden?«
    Zum Glück beruhigte er sie mittels der Kaffeetasse: Es handele sich nur um ein Geschenk für die Gottesmutter, um seine Verlegung ins Paradies zu beschleunigen.
    Nachdem Ingrid Strauss und Franz Weber jedoch ihren Spaß gehabt und festgestellt hatten, dass die Witwe felsenfest daran glaubte, beschlossen sie, zum eigentlichen Betrug überzugehen. Als Dora Jung ihren Mann das nächste Mal wie jeden Tag fragte, was ihm eine Freude machen könnte, kam plötzlich die Antwort: »Nichts.«
    Sie wurde blass, und zwar mit Recht, denn die Enthüllung des spiritistischen Bretts war alles andere als erfreulich.
    »Wegen des Hauses kriegst du Ärger mit dem Finanzamt.«
    »Mein Gott! Was soll ich tun?«
    »Überschreib das Heim vorläufig Franz Weber. Dann bekommst du es zurück, sobald der Ärger vorbei ist.«
    Gesagt, getan. Vor einem Notar verkaufte Dora Jung das Haus für 100 000 Mark (etwa 50 000 Euro) an Franz Weber. Natürlich handelte es sich nur um einen fiktiven Verkauf. Der Maurer wurde offiziell zum Eigentümer, überwies aber kein Geld. Dora hingegen stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Sie war gerettet!
    Die Tage verstrichen. Das Leben im Haus, das nun Franz Weber gehörte, änderte sich nicht. Auf einmal jedoch ereignete sich etwas völlig Unvorhergesehenes: Dora Jung bekam einen Verdacht. Eines Abends beim Nachtisch erklärte sie ihren Freunden plötzlich: »Ich frage mich, ob die Sache mit dem spiritistischen Brett wirklich

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