Ein Versprechen aus Afrika
früher Straftaten in Frankreich begangen zu haben. Der Beamte von Interpol notierte sich gewissenhaft die Identität dieses Individuums. Er sah das Ganze als einfache Routineangelegenheit an.
»Es geht also um Honoré Duval, 1912 in Pantin geboren? Wir überprüfen alles und informieren Sie dann.« Der Polizist fand die entsprechende Akte schnell. Tatsächlich hatte der Mann nach dem Krieg in Französisch-Äquatorialafrika mehrere Betrügereien begangen. Doch da gab es ein Detail, das ihn stutzen ließ: Unter der Akte stand in roter Schrift: »Verstorben am 12. August 1947«.
Der Polizist rief daraufhin seinen Schweizer Kollegen an und bat ihn, dies nachzuprüfen. Es konnte sich nur um einen Irrtum handeln. Doch der Fall war eindeutig. Er selbst hatte die Papiere des Mannes gesehen. Er bestätigte, dass der Name, der Vorname, Tag und Ort der Geburt korrekt waren.
Dieses Mal wurde seitens der französischen Polizei eine gründliche Untersuchung angeordnet. Und so entdeckte sie, unter welch seltsamen Umständen Honoré Duval fünfzehn Tage nach der Unterzeichnung einer hohen Lebensversicherung verstorben sein sollte. Angesichts der verwirrenden Tatsachen verlangte die Polizei die Auslieferung von Honoré Duval. Die Auslieferung erfolgte dann auch unmittelbar nach Duvals Verurteilung durch die Schweizer Justiz zu einer Geldstrafe und einer Gefängnisstrafe auf Bewährung.
Als der französische Kommissar, der mit der Untersuchung beauftragt war, Honoré Duval in seinem Büro in Empfang nahm, spürte er, dass er es mit einem ungewöhnlichen Fall zu tun hatte. Er betrachtete das Foto, das der Interpol-Akte beigefügt worden war, und verglich es mit dem Mann, der vor ihm stand. Er war es wirklich. Er nahm die Fingerabdrücke des Mannes und verglich auch sie noch einmal mit denen in der Akte: Es gab keinen Zweifel mehr, es war wirklich Honoré Duval.
Dann stellte er ihm die Frage, die ihm auf der Zunge brannte: »Monsieur Duval, wie haben Sie eigentlich Ihren Tod inszeniert?«
Honoré Duval lächelte. Er wirkte nicht einmal verärgert. Man spürte, dass er beinahe froh war, seine ungewöhnliche Geschichte erzählen zu können. Als er anfing zu reden, wurde er lebhaft. Ja, er war stolz auf die Tat, die er vollbracht hatte, und er hatte auch allen Grund dazu. Denn in der langen Reihe von Versicherungsbetrügereien war der Schwindel, den er im August 1947 begangen hatte, fast einmalig in seiner Art. »Also, Herr Kommissar. Anfangs — ich bitte Sie, mir zu glauben — hatte ich nicht die Absicht, etwas Unrechtes zu tun. Ach ja, natürlich, früher habe ich ein paar Dummheiten begangen. Aber all das gehörte der Vergangenheit an. Als ich Bernadette kennen gelernt hatte, wollte ich wirklich mein Leben ändern. Die Versicherung, die ich abschloss, war für sie für den Fall, dass mir etwas zustoßen sollte. Ich versichere Ihnen, dass ich nicht die Absicht hatte zu betrügen.«
Der Kommissar war, ohne es zu zeigen, begierig, die Fortsetzung zu hören. Er sagte in einem Ton, der seine Neugier verriet: »Und doch haben Sie es getan.« Honoré Duval zuckte schicksalsergeben mit den Schultern.
»Wissen Sie, Herr Kommissar, die Gelegenheit hat sich einfach ergeben und da ist mir die Idee gekommen. Eine solche Chance konnte ich nicht ungenutzt lassen. Es war der 12. August. Wie üblich waren Bernadette und ich den ganzen Tag am Strand. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, aber im August 1947 herrschte eine mörderische Hitze. Als wir in unsere Villa zurückkehrten, fühlte ich mich plötzlich sehr schlecht. Zweifellos hatte ich mir einen Sonnenstich geholt. Da kam mir der Gedanke an die vier Millionen. Ich erinnerte mich an etwas, das ich während meines Militärdienstes in den Kolonien gehört hatte. Wenn man bei einem Sonnenstich richtig krank werden wollte, musste man Chinin nehmen. In Nizza hatte ich zufällig ein Röhrchen bei mir. Und ich schluckte den ganzen Inhalt: 24 Tabletten.«
Honoré Duval bedachte den Kommissar mit einem breiten Grinsen.
»Ich muss gestehen, dass ich beinahe die größte Dummheit meines Lebens begangen hatte — und die letzte. Um ein Haar hätte ich das Zeitliche gesegnet. Meine Frau hat den Arzt gerufen, und als er eintraf, lag ich schon fast im Koma, ich war bereits bewusstlos. Ich erinnere mich an nichts.
Einige Stunden später kam ich wieder zu Bewusstsein. Mir war immer noch hundeelend. Ich sagte zu Bernadette, sie solle erneut den Arzt anrufen und ihm mitteilen, dass ich tot sei.
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