Ein Versprechen aus Afrika
Natürlich war das riskant. Wenn er mich gründlich untersuchte, würde er den Schwindel entdecken. Aber meine Frau konnte ja immer noch behaupten, dass sie sich getäuscht habe.
Doch alles verlief ohne Probleme. Der Arzt fühlte sich aufgrund der unerträglichen Hitze selbst nicht wohl. Er war nur kurz bei uns und unterschrieb den Totenschein, ohne mich genauer zu untersuchen. Dann ging Bernadette aufs Bürgermeisteramt, um die Bestattungsformalitäten zu erledigen. Anschließend benachrichtigte sie die Familie und die Freunde, die am nächsten Tag eintrafen.«
Honoré Duval hielt inne. Sein Bericht machte ihm zu schaffen.
»Ach, Herr Kommissar, Sie können sich nicht vorstellen, wie überwältigend es ist, wenn man feststellt, wie sehr die Menschen einen lieben! Ich lag auf dem Bett und muss gestehen, dass ich seltsam beeindruckt war. Ich hatte mir Gesicht und Hände mit Permanganat eingerieben und war somit leicht grünlich.
Nie werde ich meinen Vater, meine Mutter, die ganze Familie, die Freunde, die herzzerreißenden Klagelaute vergessen, die sie ausstießen, all die Liebenswürdigkeiten, die sie über mich äußerten. Ich glaube, dieser Augenblick war der schwerste für mich. Ich war dermaßen aufgewühlt, dass ich mich am liebsten erhoben und ihnen gestanden hätte, dass ich nicht tot war. Ich schämte mich, ihnen einen solchen Schmerz zuzufügen. Aber ich dachte an die vier Millionen und rührte mich nicht.« Honoré fuhr in heiterem Ton fort. Offensichtlich ziemlich amüsiert, beschrieb er die darauf folgenden Ereignisse.
»Bernadette und mir war allerdings bange vor der Einsargung. Kurz vor dem Eintreffen der Sargträger verabschiedete sie sich von der Familie. Wir haben den Sarg mit einem Sandsack gefüllt und ich habe mich in einem Schrank versteckt. Als die Angestellten des Bestattungsinstituts läuteten, erklärte ihnen meine Frau, dass sie es nicht mehr ertragen habe, meinen Leichnam zu sehen, und dass die Familie ihr geholfen habe, mich in den Sarg zu betten. Sie glaubten es aufs Wort.
Und dann kam der Höhepunkt: meine Beerdigung. Der Trauerzug begann bei unserer Villa. Die ganze Familie folgte dem Sarg und trotz der Hitze verhielt sich die schwarz gekleidete Bernadette bewundernswert. Anfangs tat sie so, als ginge es ihr nicht gut. Sie musste gestützt werden, als sie hinter meinem Sarg herging. Ich selbst verfolgte die Szene von meinem Fenster aus, hinter geschlossenen Vorhängen. Ich versichere Ihnen, es ist ein seltsames Gefühl, an seiner eigenen Beerdigung teilzunehmen.«
Schließlich beendete Honoré Duval seinen Bericht. »Später gab es natürlich eine Untersuchung. Die Versicherungsgesellschaft schickte einen Detektiv. Sie hätten sehen sollen, welche Komödie Bernadette ihm vorspielte. Ich befand mich im Nebenzimmer und um nichts in der Welt hätte ich ein Wort dieser Unterhaltung missen wollen.
Die Versicherungsgesellschaft hat bei der Auszahlung der Summe keine Schwierigkeiten gemacht. Bernadette war bereits in die Schweiz gereist und ich hatte beschlossen, noch eine Weile dort zu bleiben, bevor ich ihr nachfolgte. Bevor ich dann abgereist bin, habe ich mir ein letztes Vergnügen gegönnt. Ich ging zu meinem Grab und schmückte es mit Blumen. Die Millionen hatte ich dabei vergessen, aber ich werde mich mein Leben lang an diesen Augenblick erinnern...«
Trotz allem hatte das Gericht wenig Verständnis für die eher heitere Seite der Geschichte. Honoré Duval musste nicht nur die vier Millionen Franc zurückzahlen, sondern wurde zudem mit einer hohen Geldstrafe belegt, und er und Bernadette wurden zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
Denn das Spiel mit dem eigenen Tod verdient letztlich keine Nachsicht, da es wahrlich nicht komisch ist.
Glücklich wie Ulysses
Frankreich, Januar 1993. Ulysse Caulaert hatte vor langem eine wichtige Entscheidung getroffen: Er wollte unter keinen Umständen seinen Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen. Und daran hielt er sich auch. Er war ständig unterwegs, zog von einer Stadt zur anderen und verdiente seinen Lebensunterhalt mit seiner Schlagfertigkeit, besser gesagt, er hinterließ überall Schulden. In diesem Jahr beging der achtundsechzigjährige Belgier den vierzigsten Jahrestag seiner Betrügereien — Zechprellerei und Ausstellung ungedeckter Schecks. Allerdings musste er sich auch eingestehen, dass es in dieser Zeit immer wieder Auseinandersetzungen mit der Justiz gegeben hatte. Zum dreizehnten Mal schon saß er wegen mehr oder
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