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Ein Versprechen aus Afrika

Ein Versprechen aus Afrika

Titel: Ein Versprechen aus Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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seiner italienischen Villa und der Lebensstil seiner Gattin immer mehr Geld erforderten. Die beiden Männer schlossen also ein Geheimabkommen ab, das durch einen Vertrag besiegelt wurde. Demzufolge erhielt Vladimir, der nun den Codenamen Dolly führte, fünfundzwanzig Prozent des Verkaufserlöses für alle Gemälde der italienischen Renaissance, für die er ein Echtheitszertifikat unterzeichnet hatte. Vladimir konnte der Versuchung nicht widerstehen, und schon bald fand man in den meisten großen amerikanischen Sammlungen sehr wertvolle Gemälde von Malern, deren Biografie deutlich ausgeschmückt worden war, was den Handelswert erhöhte und somit auch den Anteil, der in Vladimirs Geldbeutel wanderte. Es wäre eine lässliche Sünde gewesen, wenn es dabei geblieben wäre. Anfangs stellte Vladimir, der Experte und Ästhet, nur für die Werke Zertifikate aus, die er selbst gut fand. Doch Campbell forderte, mehr Geschäftsmann als Ästhet, dass alles etwas zügiger ablief. Er drängte Vladimir, seinen Ertrag zu steigern und die Zahl seiner Blitzverkäufe zu erhöhen, und verlangte, dass er auch Zertifikate für Werke ausstellte, die ihm weniger zusagten. Damit wurden die mit Levisson unterzeichneten Zertifikate in den Augen der Experten immer fragwürdiger.
    Hinzu kam, dass einige Werke, die von großen Meistern nach dem Geschmack ihrer Epoche ausgeführt worden waren, das heißt der italienischen Renaissance, nicht mehr dem amerikanischen Geschmack zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsprachen, auch wenn sie unbestritten künstlerisch wertvoll waren. Levisson, der stets die Auswüchse schlechter Restauratoren anprangerte, sah sich künftig gezwungen, nicht nur für skandalöse Manipulationen zu bürgen, sondern auch dafür zu sorgen, dass bestimmte Bilder dem Zeitgeschmack entsprechend umgestaltet wurden, auch wenn er schwor, nichts damit zu tun zu haben. So verlor jene üppige Dame aus dem 16. Jahrhundert, die wunschgemäß Rundungen hatte, ihr Doppelkinn und verwandelte sich aus unerklärlichen Gründen in ein Hollywood-Starlet.
    All diese Einzelheiten wurden erst nach dem Tode von Vladimirs Komplizen bekannt. Zuvor hatte es keinerlei Skandal wegen ihrer Manipulationen gegeben, auch wenn diese von einigen beargwöhnt worden waren. Als Campbell, der britische Kunsthändler, der zwischenzeitlich vom englischen König in den Adelsstand erhoben worden war, starb, entdeckte die Kunstwelt nach Bekanntwerden seiner geheimen Archive dessen Absprachen mit »Dolly«. Vladimir, der nach ihm in hohem Alter das Zeitliche segnete, galt noch lange als größter Experte des Jahrhunderts für die italienische Renaissance-Malerei — und als berühmter Zertifikatsfälscher.
     

Der Mann, der den Eiffelturm verkaufte
     
    Juli 1925. In der Schlange der Taxis, die vor dem Hotel Crillon geparkt waren, faltete der Fahrer des ersten Wagens gerade seine Zeitung zusammen, als die Wagentür aufgerissen wurde. Ein elegant gekleideter Mann — grauer Anzug, Seidenweste und Blume im Knopfloch — nahm auf dem Rücksitz Platz und sagte mit einer betont vornehmen Stimme, die einen leicht ausländischen Akzent verriet: »Zum Eiffelturm.«
    Der Taxifahrer erkannte schnell, mit wem er es zu tun hatte: einem reichen Touristen, vermutlich einem Amerikaner. Da dieser aus dem Crillon herausgekommen war, konnte er wohl mit einem guten Trinkgeld rechnen.
    Als sie beim Eiffelturm angelangt waren, gab ihm der Mann einen großen Schein und sagte: »Der Rest ist für Sie«, dann stieg er aus.
    Der Mann schlenderte unter den Eisenpfeilern auf dem Champ-de-Mars dahin. Doch war er tatsächlich ein Tourist? Er sah nicht gerade danach aus, als wäre er hier, um Sehenswürdigkeiten zu bewundern. Er hatte nicht, wie all die anderen Touristen, einen Fotoapparat über die Schulter gehängt und hatte auch keinen Reiseführer, um darin eifrig zu blättern. Er wirkte entspannt und um seine Mundwinkel spielte ein ironisches Lächeln. Niemand beachtete ihn, als er den Eiffelturm betrachtete und ihn genauestens untersuchte. Und doch, wenn die Leute gewusst hätten, woran er in diesem Augenblick dachte, hätten sie die größte Überraschung ihres Lebens erlebt. Denn dieser besondere Tourist mit dem ausländischen Akzent stellte sich, als er die Eisensilhouette betrachtete, die sich zum Himmel erhob, die unglaubliche Frage: Wie viel ist die wohl wert?
    Der Mann hieß Victor Lustig. In den letzten Jahren hatte er ungewöhnliche Kunststücke vollbracht. Doch dieser Coup hier

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