Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)
den vierzigern.
Aber sie war nicht mit dem Herzen dabei. Sie hatte keine Lust mehr zu bleiben. Sie wollte weg.
»Vielleicht könnten wir einmal zusammen ausgehen«, sagte der Mann, der Mark hieß und ein Kollege von Mitch war, nachdem sie getanzt hatten.
Siehst du, sagte sich Tess. Mit dir ist alles in Ordnung. Du bist nur wählerisch. »Ich werde in nächster Zeit wahrscheinlich nicht viel hier sein«, erklärte sie ihm. Sie beschloss, dass sie das nicht mehr tun würde; Verabredungen mit Fremden einzugehen, die sie nicht einmal kennenlernen wollte. Dazu war das Leben zu kurz und die Zeit zu kostbar. Jede Minute zählte.
»Oh?« Er wirkte enttäuscht. »Fahren Sie weg?«
»Ja«, sagte sie. Sie wusste noch nicht, wann. Das hing vor allem von Ginny ab. Vor nicht allzu langer Zeit war sie noch davon ausgegangen, dass sie vielleicht in einem halben Jahr oder so fliegen konnte, je nachdem, ob sie Urlaub bekam. Aber jetzt … Die Entscheidung stand klar und deutlich vor ihr. Sie sah ihren Weg.
Worin bestand er? War es die geheimnisvolle Vergangenheit ihrer Mutter, die sie enthüllen wollte? Die Verlockung der Villa oder der türkisfarbenen Bucht? Ein Versprechen, das sie einem Mann in einem alten griechischen Tempel gegeben hatte? Es kam nicht darauf an. Der Sog Siziliens war stark, und sie verspürte keine Lust, sich ihm zu widersetzen.
Tess war erst seit einer halben Stunde wieder zu Hause, als Robin anrief. Sie hätte fast nicht abgenommen. Dann dachte sie an die Party und daran, wie es sich anfühlte, immer allein zu sein.
»Endlich erwische ich dich«, sagte er. »Leg nicht auf. Ich weiß, dass du mir aus dem Weg gehst.« Er klang atemlos, als sei er schnell aus dem Haus gerannt, vielleicht unter dem Vorwand, den Müll wegzubringen oder so.
»Normalerweise rufst du mich bei der Arbeit an«, erklärte sie zugeknöpft. Allerdings würde er sie dort nicht mehr lange erreichen. Sie arbeitete nur noch bis zum Ende ihrer Kündigungsfrist. Man stelle sich vor: keine Kunden mehr, die sich über Wasserrechnungen, fehlerhafte Wasseruhren oder hohe Gebühren beschwerten. Kein schleimender Simon mehr und kein Malcolm. Die Zukunft war ungewiss, aber hey, konnte das nicht auch aufregend sein?
»Tess, ich war ein Idiot«, sagte Robin. Seine Stimme durchschnitt ihren Schutzschild, als bestünde er aus warmer Butter. Das war schon immer so gewesen.
Sie verzichtete darauf, ihm zu widersprechen.
»Ich hätte mit dir nach Sizilien fliegen und mich nicht von Helen unter Druck setzen lassen sollen. Aber ich habe kalte Füße bekommen, ich hatte Angst. Ich kann verstehen, wenn du mich hasst.«
»Ich hasse dich nicht«, gab sie zurück. Was merkwürdigerweise stimmte. Sie war nur verärgert. Das war das gleiche Gerede wie immer. Derselbe alte Robin. Nichts würde sich jemals ändern.
»Ich mache das wieder gut«, sagte er. »Wie wäre es, wenn wir morgen Abend essen gehen? Dann erzählst du mir davon. Von dem Haus und allem anderen.«
»Lieber nicht.« Tess war erstaunt über ihre eigene Entschlossenheit. Früher hätte sie nachgegeben; sie hatte damals einfach nicht anders gekonnt. Aber jetzt … Sie spürte den Sog Siziliens, und er arbeitete gegen Robin. Sizilien stand auf der anderen Seite, und es gewann.
»Tess. Tess, Liebste …« Er schnurrte geradezu und war sich vermutlich sicher, dass er sie schon in der Tasche hatte. »Du bist wütend. Das kann ich verstehen. Aber gib mir doch noch eine Chance … Dieses Mal wird alles anders.«
»Ich habe mir immer mehr von dir gewünscht, Robin«, sagte sie. »Aber jetzt ist mir klar geworden, dass ich es nicht bekomme.« Sie wusste wirklich nicht, warum sie so lange dazu gebraucht hatte.
»Da irrst du dich«, erwiderte Robin. »Du kannst mehr von mir bekommen, weil …«
»Kann ich nicht«, hielt Tess ihm entgegen. »Weil du verheiratet bist. Und jetzt … will ich nicht einmal mehr das Wenige, das übrig ist.« Sie hatte ihn immer für etwas Besonderes gehalten. Aber es war nichts Besonderes an einem Mann, der vor seinen Schwiegereltern katzbuckelte, weil sie Geld hatten. Und es war nichts Besonderes an einem Mann, der einem nur eine Zuschauerrolle in seinem Leben einräumte. Lisa hatte recht. Sie hatte es verdient, die Nummer eins zu sein.
»Aber, Tess …«
»Leb wohl, Robin«, sagte sie. »Ruf bitte nicht wieder an.« Sie drückte das Gespräch auf ihrem Handy weg, drückte die Schultern durch und konnte förmlich spüren, wie Robins Gewicht von ihr abfiel. Ein gutes
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