Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
wie du die Sache siehst.« Der Boden müsste wirklich mal dringend geschrubbt werden. Ich muss nachher unbedingt den Wischmopp holen. Was nützt es, wenn Hardy’s nach außen hin glänzt und strahlt, während das Warenlager der reinste Saustall ist? »Vergessen wir den Abend einfach, ja? Ich meine, das wäre wirklich besser so. Ich bin noch mit Joel zusammen …«
»Aber ich dachte, das mit euch wäre vorbei?«, meint Sam etwas verdattert.
»Nein, nein«, sage ich abwehrend. »Es gab bloß ein kleines Missverständnis. Wir wollen uns aussprechen und alles klären.«
Was auch wirklich wahr ist. Joel hat mich heute Morgen angerufen und gefragt, was los sei. Ich habe ihm erzählt, dass ich gehört habe, wie er mit Rupert geredet hat, und Joel meinte, er könne das alles erklären. Komisch, dass Männer mir immer wieder einreden wollen, sie könnten alles erklären. Selbst mein Dad hat heute Morgen angerufen und wollte genau dasselbe sagen. Aber ihn habe ich auch nicht ausreden lassen.
»Wir finden sicher eine Lösung«, sage ich, recke das Kinn undverschränke die Arme vor der Brust. Das ist eine glatte Lüge. Ich glaube Joel kein Wort mehr, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das mit uns aus und vorbei ist. Mal abgesehen davon, dass ich mir gar nicht sicher bin, ob ich ihn überhaupt noch will. Ich meine, wie soll ich ihm denn jemals wieder vertrauen?
Sam seufzt und schaut mir für eine gefühlte Ewigkeit tief in die Augen, was mir ziemlich unangenehm ist. »Tja, wenn du es so willst«, sagt er schließlich.
»Will ich, Sam, will ich«, entgegne ich. »Freunde?«, sage ich und reiche ihm förmlich die ausgestreckte Hand.
Sam sieht mich eindringlich an, und sein Blick versengt förmlich mein Gesicht. Dann dreht er sich um und geht zum Lieferanteneingang hinaus. Traurig lasse ich den ausgestreckten Arm sinken und mache mich daran, die neuen Kisten und Kartons auszupacken, und wundere mich dabei, wie ein ordentlicher Mensch wie ich es schafft, so ein unglaubliches Durcheinander anzurichten.
»Sarah! Sa-rah! Wo bist duuuuu? Das musst du einfach hören!«
Irgendwie habe ich es geschafft, ein, zwei Stunden in wohltuender Einsamkeit zu verbringen, meine Gedanken zu ordnen und jeden einzelnen davon in meinem Kopf hübsch beschriftet in die jeweilige Schachtel zu legen, während ich wie ein Roboter Hardy’s neue Warenlieferung auspacke. Carlys Stimme erinnert mich schlagartig und äußerst unerwünscht an alles, was in meinem Leben schiefläuft. Und ich bin ganz untypisch entnervt, dass sie einfach ungefragt in mein stilles Heiligtum platzt. Schließlich ist sie schuld, dass ich meine Chancen bei Sam vermasselt und meine Schwester vernachlässigt habe. Hätte ich nicht sein wollen wie sie, hätte ich nicht alles darangesetzt, mich zu verändern, und dann wäre das alles nie passiert. Sam und ich wären immer noch befreundet, meine Schwester und ich müssten nicht erstmühsam wieder zusammenfinden, und ich wäre für Mum da gewesen, um ihr zu helfen, das Chaos durchzustehen, das Dad über unsere Familie gebracht hat. Frustriert zerre ich an der Schleife meiner Bluse herum und schaue an mir und meinen bescheuerten Schrank -Klamotten herunter. Ich muss einfach lächerlich aussehen, aufgedonnert wie ein wandelnder Rückfall in längst vergangene Zeiten, nur um im dunklen Warenlager Kisten auszupacken. Morgen komme ich wieder in meiner alten Kluft zur Arbeit und bin einfach nur Sarah. Ich meine natürlich, Evie. Vielleicht gewöhne ich mich ja sogar wieder daran, die scheußliche schwarze Hose und meine schlichten weißen Oberteile zu tragen.
Aber heute Morgen kann ich Carly einfach nicht ertragen, also ducke ich mich in einen Gang und spähe vorsichtig durch die Regale, während sie dasteht und sich nach mir umschaut.
»Sa-RAH!, ruft sie wieder und marschiert dann schnurstracks auf den Gang zu, in dem ich mich verstecke. Sie wird mich ohnehin finden, also rappele ich mich rasch auf, während mein Magen fast schäumt vor Wut.
»Herrgott noch mal!«, brülle ich und ziehe Sachen aus dem Regal, die ich gerade erst weggeräumt habe. »WAS DENN?«
Carlys verdutztes Gesicht erscheint hinter den Regalen, dann auch der Rest von ihr. Sie guckt mich verdattert an. Heute sieht sie wieder aus wie ihr altes strahlendes Selbst, mit enger schwarzer Caprijeans und einem cremefarbenen Chiffonrock mit floralem Muster, der an die vierziger Jahre erinnert, und dazu ein schwarzer Blazer mit auffallend spitzen Schultern. Schwarze
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