Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
rechts des Hinweisschilds zwei echte Tannenbäume aufgestellt und mit entzückendem klassischem Christbaumschmuck und Lichterketten in Kerzenform dekoriert hat. Dazu hängen im ganzen Raum altmodische Papiergirlanden. Augenscheinlich missfällt ihr die diesjährige Weihnachtsdekoration von Hardy’s genauso sehr wie mir. Sie winkt mir von ihrem Platz hinter der Theke zu, wo zahlreiche Porzellankuchenplatten mit den köstlichsten hausgemachten Kuchen, Gebäckstücken und Desserts locken. Wobei Lily nichts davon selbst gemacht hat. Sie hätte sicher nichts dagegen, wenn ich verrate, dass sie nicht mal dann etwas kochen könnte, wenn ihr Leben davon abhinge. Sie behauptet, das läge daran, dass sie in ihrer Jugend jeden Abend zum Essen ausgeführt wurde oder bei irgendwelchen Dinnerpartys war, weshalb sie keine Zeit hatte, kochen zu lernen. Das glaube ich ihr aufs Wort.
»Darling, Evie«, ruft sie. »Fast hätte ich dich nicht wiedererkannt! So wie du aussiehst, könntest du glatt ein Windmill Girl sein!«
Worauf ich mir etwas verdattert an die Haare fasse, und erst da merke ich, dass ich noch den Kopfputz mit den Pfauenfedern trage. Kein Wunder, dass Carly mich so komisch von der Seite angeguckt hat, als sie reinkam. Schnell reiße ich mir das Ding vom Kopf und gebe mir Mühe, nicht rot zu werden.
»Komm, setz dich.« Lily führt mich durch den Salon und wirbelt dabei mit der Anmut einer Tänzerin um mich herum. »Iris, schau mal, wer da ist!«, ruft sie fröhlich. Ich drehe mich um und winke Iris zu, die mich anstrahlt, während sie ein Gäbelchen Buttercremebiskuit zum Mund führt.
»Setz dich, mein Herz«, begrüßt Iris mich und tupft sich danndezent mit der Serviette die Mundwinkel ab. »Lily, Liebes, hör auf zu plappern und bring dem Mädchen eine Tasse Tee. Sie sieht aus, als könnte sie es vertragen.«
Mrs. Jackson ist Ende sechzig, wirkt aber, genau wie Lily, eher wie ein Filmstar denn wie eine Rentnerin. Irgendwie erinnert sie ein wenig an Jane Fonda. Iris hat gefärbte Haare mit eleganten Strähnchen, perfekt geglättet und zu einer flotten Frisur geföhnt, und ihre Augen blitzen strahlend unter den sorgfältig gold und rehbraun geschminkten Lidern hervor. Auf den Lippen hat sie stets Lipgloss in warmem Bronze. Dazu trägt sie wie immer einen Rollkragenpullover – heute cremefarben mit einer großen Brosche am Hals –, zu dem sie diesmal eine schwarze Hose mit hohem Taillenbund und eine Siebziger-Jahre-Safarijacke in Creme kombiniert hat. Passend dazu sind ihre schwarzen Pumps mit den halbhohen Absätzen und die große cremefarbene Lederhandtasche mit dem goldenen Verschluss. Sie sieht großartig aus, retro und sehr schick, wie einer alten Modezeitschrift entstiegen.
Ich setze mich zu ihr und reiche ihr die Seife, und sie klatscht entzückt in die Hände und steckt das Päckchen gleich in die Handtasche. »Das ist mein bestes Antifaltenmittel«, sagt sie augenzwinkernd. »Und nun, mein liebes Mädchen, erzähl mir, was es hinten im staubigen Warenlager Neues gibt. Besteht noch immer keine Aussicht, dass sie dich bald in den Verkauf holen, wo du hingehörst?«
»Nein. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, ich werde noch für sehr lange Zeit im Warenlager arbeiten.« Und dann erzähle ich kurz von meiner morgendlichen Enttäuschung und lächele dann matt, als Lily mir eine Tasse Tee bringt, einen Stuhl herüberholt und sich zu uns an den Tisch setzt. Offensichtlich hat sie unser Gespräch mitgehört.
»Tja, dann sind sie noch dümmer, als ich dachte«, meint Lily abschätzig und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen,wobei sie irgendwie unbeabsichtigt ein perfektes port de bras hinbekommt. (»Jahrelanges Balletttraining«, sagte sie einmal, als ich sie auf ihre ausdrucksstarken Gesten ansprach, »das verlernt man nie.«) »Kein Wunder, dass es mit diesem Laden den Bach runtergeht, wenn sie es nicht mal verstehen, ihre besten Leute richtig einzusetzen. Ich sage es immer wieder, Sebastian Hardy hat diesem Kaufhaus Herz und Seele aus dem Leib gerissen. Seitdem ist Hardy’s nicht mehr das, was es mal war; seit es ihm in die Hände gefallen ist. Und dieser Jungspund, Rupert, ist auch nicht viel besser.«
Missbilligend schüttelt sie den Kopf und gießt mir durch ein kleines Silbersieb eine Tasse Tee ein (»Diese schrecklichen Teebeutel wirst du hier nicht finden, Darling.«).
»Habt ihr diese erbärmliche Weihnachtsdekoration im Schaufenster gesehen? Minimalismus, Schminimalismus«, meint sie
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