Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
süßen, Weihnachtslieder singenden Teddybären anzuschauen, die in einem der Schaufenster stehen, als Sam aus dem Laden kommt.
»Evie!«, japst er erstaunt und wirft dann einen nervösen Blick zurück in den Laden. Er sieht richtig schnuckelig aus, in seinen dicken braunen Dufflecoat gewickelt und mit der Sherlock-Holmes-Mütze mit Kunstfellbesatz auf dem Kopf, die ich ihm gegeben habe, als er gestern im Laden war. Er hat einen Dreitagebart und sieht aus wie ein großer knuddeliger Teddybär. Am liebsten würde ich ihn bei Hamleys ins Schaufenster setzen, damit die anderen Passanten auch was von diesem wahnsinnig süßen Anblick haben.
»Sam!«, rufe ich. »Was machst du denn hier? Ich hätte nicht gedacht, dass du bei Hamleys einkaufst.« Worauf er rot wird und ich mich frage, ob ich einen wunden Punkt getroffen habe. Spielerisch versetze ich ihm einen Rippenstoß. »Was machst du hier? Willst du deine Star-Wars-Sammlung erweitern? Oder nein, warte, du stehst mehr auf Kuscheltiere, stimmt’s?«
Er errötet, und in dem Moment kommt eine junge Frau – dieselbe junge Frau, mit der ich ihn schon gestern gesehen habe – aus dem Laden und bleibt neben ihm stehen. Sie ist hübsch und ein bisschen älter als er, würde ich schätzen. Sie trägt eine kurzePixie-Frisur und macht ein etwas gequältes, missmutiges Gesicht. Erst schaut sie mich an, dann Sam, und dann schiebt sie den Riemen ihrer Handtasche auf die Schulter.
»Ella, das ist meine gute Freundin Evie«, sagt er, mit besonderer Betonung auf ›gute Freundin‹. »Evie, das ist … Ella.« Es entgeht mir nicht, dass er bei der Nennung ihres Namens auf die nachdrückliche Verwendung von »gute Freundin« verzichtet.
»Hi.« Mit einem herzlichen Lächeln reiche ich Ella die behandschuhte Hand. Die ergreift sie und schaut weg, als fessele etwas in einem der Schaufenster ihre Aufmerksamkeit, und dann dreht sie uns einfach den Rücken zu.
»Wir kaufen gerade Weihnachtsgeschenke«, erklärt Sam fröhlich und zeigt wie zum Beweis eine zum Bersten volle Tragetasche von Hamleys.
»Das sehe ich! Ich habe noch kein einziges.« Ich bin still und schaue rüber zu Ella, die uns noch immer die kalte Schulter zeigt. Ich wünschte, sie würde sich umdrehen, damit ich sie mir noch mal genauer anschauen kann. »Tja, brrr!«, sage ich laut, stampfe mit den Füßen auf und klatsche in die Hände wie eine Moderatorin im Kinderfernsehen, die pantomimisch verdeutlichen will, wie kalt es ist. »Wir sollten nicht zu lange in der Kälte herumstehen. Ich, ähm, mache mich mal lieber wieder auf den Weg …« Und dann schlinge ich die Arme um meinen Körper und zittere demonstrativ und weise in die Richtung, in die ich unterwegs bin, wobei ich einem nichtsahnenden Passanten eine Ohrfeige verpasse. Er schnalzt missbilligend mit der Zunge, und ich entschuldige mich überschwänglich. Danach drehe ich mich fluchtartig um, worauf ich mit einem anderen ahnungslosen Fußgänger zusammenstoße, der mir stolpernd ausweicht.
»Im nächsten Schlussverkauf nehme ich dich mit zum Einkaufen«, meint Sam lachend. »Für deine Ellbogen brauchst du ja einen Waffenschein!«
Ich bleibe stehen und trete etwas näher ans Schaufenster, aus Angst, weitere Geschenkekäufer zu behindern. Ella ist nicht mehr zu sehen und hat sich wohl noch mal in den Laden locken lassen.
»Du siehst toll aus. Was hast du denn Schönes vor?«, meint Sam lächelnd und guckt mich ganz komisch an. Erst da wird mir klar, dass er mich noch nie anders als in meiner Arbeitskluft gesehen hat.
»Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Es ist eine Überraschung.« Er schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich habe eine Verabredung«, erkläre ich verlegen. »Ist eine lange Geschichte. Ich erzähl sie dir, wenn du das nächste Mal vorbeikommst.«
»Ähm, gut. Also dann, ich kann es kaum erwarten«, sagt Sam, zieht sich die Mütze fest über die Ohren und schaut sich suchend nach Ella um, deren Abwesenheit ihn offensichtlich ablenkt.
Was ich wiederum nutze, um mich aus dem Staub zu machen, ehe ich mich nachher von beiden verabschieden muss, denn die zwei zusammen zu sehen war doch irgendwie merkwürdig.
Schnell laufe ich weiter zum Piccadilly Circus, getrieben von dem Wunsch, Joel so schnell wie möglich wiederzusehen, wo mich grelle Farben und schreiender Lärm breitseits eiskalt erwischen. Die Menschenmassen auf den Straßen schieben und schubsen mich hierhin und dorthin, und doch bahne ich mir entschlossen einen Weg
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