Ein weißes Land
zu anderen Männern Beziehungen knüpfen. Ich helfe dir dabei. Aber merke dir: Nichts ist umsonst.« Er blickte an mir vorbei und sein Gesicht hellte sich auf. »Da ist er«, sagte er, erhob sich und breitete erwartungsvoll die Arme aus.
Der dicke, sehr hellhäutige Mann, dem er ein paar Schritte entgegenging, wollte ihn zunächst ignorieren. Als ihm dies nicht gelang, lächelte er breit unter seinem buschigen Schnurrbart und hob ebenfalls die Hände. Ich erschrak, als ich ihn sah, denn ich kannte ihn von der Schule her: Es war Fadils Vater. Malik und er wechselten ein paar Worte, dann eilte der Mann davon, um weitere Bekannte zu begrüßen. Malik kam zurück an den Tisch und ließ sich in den Sessel fallen.
»Verdammter Obristenhund«, knurrte er. »Aber wir brauchen ihn«, fuhr er zu mir gewandt fort. »Er kommt gleich her. Sein Name ist Nidal. Ich will euch bekanntmachen. Sei einfach wie immer, überlass die Sache mir.«
Ich beeilte mich, Malik von meinem Zusammenstoß mit Fadil zu erzählen.
»Und der kleine Fettsack ist sein Sohn? Bist du sicher? – Nun, dann sei jetzt besonders ehrerbietig. Nidal ist ein Schwein wie ich, aber er ist ein machtvolles Schwein, das noch mächtigere kennt, verstehst du?«
»Fadil sagte, ich sei verloren, wenn ich mit dir ginge. Bedeutet das etwas?«
Malik dachte nach. »Sicher bedeutet das etwas«, sagte er schließlich. »Sie planen für die Zukunft, träumen vom Umsturz und hoffen, uns alle dabei loswerden zu können.« Er fuhr sich mit dem Daumen quer über den Hals. »Aber deshalb sind wir hier. Oder glaubst du, diese Leute sind meine Freunde?«
Nidal kam und gab sich aufgeräumt. Die Ähnlichkeit mit seinem Sohn war beeindruckend, seine kleinen, unruhigen Augen schienen alles im Raum abzutasten; der weichlich wirkende Körper tarnte seine bedrohliche Aufmerksamkeit. Nach der Begrüßung stellte ihm Malik seinen Schützling vor. Er beschrieb mich als zuverlässig, gelehrig und verschwiegen und wies darauf hin, dass er mich bereits ausgebildet habe und ich somit über spezielle Fähigkeiten verfüge, die möglicherweise von Nutzen sein könnten.
Nidal betrachtete mich ernst und rieb sich dabei die weißen Hände. Plötzlich grinste er und sagte, ohne den Blick abzuwenden:
»Du willst mir also wieder einmal einen Floh in den Pelz setzen. Wie viele davon hast du mir schon gebracht – und keiner taugte etwas.«
»Er ist anders«, warf Malik dazwischen, »ich liebe ihn wie einen Sohn. Und er ist hart, schau dir seine Hände an. Du hast gesagt, ihr braucht gute Leute. Bei ihm wirst du deine Großmut nicht bereuen, glaube mir.«
Nidal wiegte den Kopf. »Keiner von euch ist etwas wert. Aber, nun gut, wir arbeiten für eine bessere Zukunft. Du«, er wies mit dem Finger auf mich, »kommst ab morgen hierher, deine Aufgaben werden dir zugewiesen. Und du«, der Finger fuhr in Maliks Richtung, »bist in den nächsten Tagen besser vorsichtig. Denk an dein verbliebenes Auge.«
Malik bedankte sich unterwürfig, aber als Nidal fort war, verschluckte er sich fast vor Zorn. Im gelben Licht des Offiziersclubs sah sein Gesicht besonders verunstaltet aus. Er kratzte sich heftig die Stirn und sagte:
»Mögen die britischen Bomben euch und eure bessere Zukunft zerreißen.«
Der geheime Plan 1
1.
I ch habe nicht viel erwartet, nachdem ich Nidal kennengelernt hatte, und dennoch war die Enttäuschung über die neue Tätigkeit groß. Anfangs schien es, als wäre ich ein einfacher Laufbursche und Diener. Ich wollte mehr, denn ich war doch Maliks Mann. Aber ich musste jeden Tag bis spät in die Nacht Tische wischen, Stühle zurechtrücken und mich von den Gästen herumschicken lassen. Wenn ich ein paar Sekunden zur Ruhe kam, fand sich immer jemand, der, wenn auch nur zum Spaß, einen Auftrag für mich hatte. Noch nachdem alle gegangen waren, hatte ich Gläser zu spülen und den Boden zu wischen, denn bei den Offizieren herrschte Ordnung.
Zu jener Zeit war mein einziger Halt Malik, der mir klarzumachen suchte, dass dies alles nur ein Test war. Allein der Gedanke, dass ich in seinem Auftrag hier war, tröstete mich. Er wusste, was er tat, davon war ich überzeugt. Er hatte mich angesteckt mit seiner Verachtung für alles und jeden. Ich fühlte mich unabhängig, seit ich diese Verachtung mit ihm teilte. Es war, als hätte sie mir gefehlt in all den Jahren zuvor, es war, als hätte sie mich zum Mann gemacht. Damals fühlte ich mich als einer der wenigen, die begriffen, was gespielt wurde, ohne
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