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Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Titel: Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Grey
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kannte Roman gut genug, um den Instinkten des Wallachs zu vertrauen. Er stieg ab, nahm sein Gewehr zur Hand und spannte den Hahn. Dann nahm er Roman am Zügel und führte ihn langsam weiter. „Es ist okay, ich beschütze dich“, sagte er in beruhigendem Tonfall. Zu seiner Linken konnte er die Baumgrenze sehen. Dort musste irgendetwas sein, wovor sich Roman erschreckt hatte.
    Dakota ging weiter voran, bis ihm eine Bewegung ins Auge fiel. Er blieb stehen und sah einen Wolf, der langsam und zögernd zwischen den Bäumen auftauchte. Anscheinend bemerkten sie einander gleichzeitig; Dakota starrte den Wolf an und dieser – ein großes männliches Tier, derselbe, auf den Dakota zuvor geschossen hatte – starrte geradewegs zurück. Er war ein prächtiges Tier, selbst Dakota musste das anerkennen: stark, fast schon majestätisch stand er da, seine Augen leuchteten im Licht der untergehenden Sonne. Roman wieherte leise und Dakota sprach mit leiser, tiefer Stimme beruhigend auf ihn ein. Für eine Sekunde sah er sein Pferd an. Als er sich umdrehte, war der Wolf verschwunden. Dakota stand einfach nur da und blickte zu den Bäumen. Das Gewehr in seiner Hand hatte er vollkommen vergessen; er hatte nicht einmal daran gedacht, es zu benutzen.
    Roman schnupperte und schien sich zu beruhigen. Er stupste Dakota sanft mit dem Kopf gegen die Brust. Dakota rieb ihm die Nase, dankte ihm mit der Berührung dafür, dass er nicht weggelaufen war. Er steckte das Gewehr zurück in die Satteltasche, schwang sich in den Sattel und lenkte sie beide nach Hause. Roman hatte es definitiv eilig und Dakota ließ ihn gewähren.
    Als sie den Hof erreichten, verschwanden gerade die letzten Sonnenstrahlen. Dakota sattelte Roman ab, brachte ihn auf die Koppel und ging dann ins Haus. Grace wartete auf ihn. Sie sah sehr besorgt aus. „Gott sei Dank, du bist zurück. Das Fieber deines Vaters ist gestiegen und er ist sehr unruhig. Ich wollte gerade den Arzt rufen.“
    Dakota eilte in das Schlafzimmer seines Vaters, trat ans Bett und legte ihm die Hand auf die Stirn.„So schlimm ist es nicht.“ Er überprüfte das Thermometer. „Ein bisschen über 37 Grad.“
    Etwas von Graces Anspannung verschwand. „Vor einer halben Stunde hatte er über 38 Grad.“
    „So was kommt vor. Das hätte ich dir sagen sollen. Die Antibiotika helfen, aber sein offener Fuß macht es nicht besser.“ Dakota und der Arzt hatten getan, was sie konnten, doch nun wussten sie nicht mehr weiter. „Ich fürchte, man muss ihn bald abnehmen.“ Beide blickten auf seinen Vater hinab, der jetzt friedlich schlief, ohne etwas um sich herum wahrzunehmen. „Ich weiß, dass er es wahrscheinlich gar nicht merken würde, wenn er weg ist, aber mir würde es so vorkommen, als würde ich noch einmal einen Teil von ihm verlieren.“
    Dakota schluckte und spürte, wie Grace seine Hand ergriff. „Dein Vater und ich sind zusammen zur Schule gegangen. Er war ein paar Klassen über mir, aber ich war unheimlich in ihn verschossen. Einmal habe ich ihm sogar eine Karte zum Valentinstag geschickt.“
    „Grace, du bist ja ein wildes Mädchen“, zog Dakota sie auf. Doch sie lächelte und gab ihm einen Klaps auf die Schulter.
    „Ich meine damit, dass ich genau weiß wie du dich fühlst. Er war immer so stark und aktiv.“
    „Ich weiß und das Seltsame ist, mir fällt es immer schwerer, ihn so in Erinnerung zu behalten – ich hasse das, weil ich mich immer an ihn erinnern möchte, wie er auf Sadie geritten ist, die Rinder getrieben hat oder die Zäune entlang geritten ist.“ Er hantierte mit den Decken, bevor sie das Zimmer verließen. Dakota schloss die Tür hinter ihnen. „Es gibt Zeiten, da wünsche ich mir für ihn, er könne gehen.“ Er musste schlucken, weil er einen Kloß im Hals hatte. „Dann gibt es Zeiten, da fürchte ich nichts mehr, als dass er nicht mehr da ist und ich mich nicht von ihm verabschieden könnte.“ Dakota wartete auf Grace, ohne zu wissen, worauf er eigentlich wartete. Auf einen weisen Rat von ihr vielleicht?
    Zu seiner Überraschung sagte sie nichts. Stattdessen winkte sie ihn näher zu sich und küsste ihn auf die Wange. „Du wärst ein verdammt guter Arzt geworden.“ Er spürte wie ihre Hand sich zärtlich an seinen Hals legte, bevor sie ging. Mit einem dankbaren Lächeln sah er ihr nach. Dann kehrte er in das Zimmer zurück, um seinem Vater eine gute Nacht zu wünschen. Jedoch schlief er bereits, also setzte er sich für eine Weile in den Stuhl. Dakota fühlte sich

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