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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Boards oder über die kostenfreie Nummer der Sonderkommission,
und sie weisen auch auf die Belohnung hin.«
    »Meinst du, dabei kommt was raus?«
    Achselzuckend sagte er: »Man kann nie
wissen. Die Leute, die diese Online-Dienste nutzen, sind in der Regel ziemlich
intelligent, und viele, mit denen ich kommuniziere, sind kleine
Amateur-Detektive. Also, ich denke, das ist ein ziemlich ausgefallener
Anschlag; die Leute werden massenhaft darauf reagieren. Wenn ich die Boards
überwache, kriegen wir vielleicht etwas mit, bevor die FBI-Leute es erfahren.«
    »Dann klemm dich dahinter. Aber laß dir
trotzdem gesagt sein, ich halte nicht viel von diesem ganzen Boards-Rummel. Der
Computer schafft Distanz, erlaubt den Leuten, Dinge zu verbergen oder
schlichtweg zu lügen. Denk dran, wie es Rae auf diesem Trip mit den
Wisdom-Boards ergangen ist.«
    Im letzten Herbst hatte sich Rae über
das Wisdom-Board »Tabulose Begegnungen« mit zwei Männern eingelassen. Worin
genau diese Beziehung bestanden hatte, war mir nicht klar, weil ich mir beim
besten Willen nicht vorstellen konnte, wie man per Computer — so Raes
Formulierung — »ein unglaublich sinnliches Erlebnis« haben konnte. Ich nahm an,
daß der Computersex zum Telefonsex mutiert war, und Rae war ihrer Arbeit mit
selig-entrücktem, wenn auch leicht glasigem Blick nachgegangen, bis die beiden
zu Silvester aus Kansas City und El Paso angereist waren, um sie zur
traditionellen All-Souls-Party zu begleiten. Leider endete der Abend insofern unglücklich,
als sich die beiden Männer zueinander hingezogen fühlten und gemeinsam
verschwanden. Rae hatte prompt dem Computer als Freizeithobby abgeschworen und
sich von den Männern im allgemeinen abgewandt. Sie verbrachte ihre Zeit nun
hauptsächlich damit, sich im Fernsehen alte Spielfilme anzugucken oder im
Remedy zu flippern.
    Ted, der seit kurzem ehrenamtlich in
einem Krisenzentrum für Schwule und Lesben in Noe Valley als Berater fungierte,
bemühte sich unablässig, Rae davon zu überzeugen, daß dieses Verhalten ungesund
war, aber sie verbarrikadierte sich entweder in ihrem Büro oder stellte den
Fernseher per Fernbedienung so laut, daß er Ted übertönte. Letzte Woche hatte
er mich gebeten, sie zur Vernunft zu bringen, aber ich hatte mich geweigert.
Ich hatte ihr schon zu oft in irgendwelchen emotionalen Katastrophenphasen mit
Trost und Rat zur Seite gestanden; die wenigen weisen Worte, die ich auf Lager
hatte, klangen allmählich abgedroschen, selbst in meinen Ohren. Und außerdem
war Rae ein erwachsener Mensch; wenn sie meinte, daß sie Hilfe brauchte, würde
sie darum bitten.
    Mick riß mich aus meinen Gedanken.
»Dieser Anruf auf der anderen Leitung — das war schon wieder Adah Joslyn. Der
zehnte heute.«
    »Wie klang sie?«
    »Ziemlich fertig und ziemlich giftig.
Sie hat gesagt: ›Wo zum Teufel steckt McCone, und warum zum Teufel hat sie noch
nicht zurückgerufen?’«
    Ich seufzte. »Was hast du ihr gesagt?«
    »Daß du noch nicht wieder im Büro bist
und dich auch nicht gemeldet hast. Ich dachte, du seist wohl nicht scharf
drauf, dich mit ihr rumzuschlagen.«
    »Bin ich auch nicht. Wenn sie wieder
anruft, sag ihr, ich bin übers Wochenende weg. Ich werde jetzt heimfahren und
meine Sachen zusammenpacken. Und weißt du, was ich dann tun werde? Ich glaube,
ich werde ein paar Stunden einfach nur relaxen.«
    »Das glaube ich erst hinterher. Bleibt
es dabei, daß Maggie und ich die Katzen versorgen, während du weg bist?«
    »Ja, aber verhätschelt sie nicht. Eine
der beiden ist gestern über W. C. hergefallen, und die andere weigert sich, den
Kronzeugen zu machen.«
     
     
     
     

5
    Um kurz vor neun parkte ich ein Stück
vom Konsulat entfernt und marschierte durch die zunehmende Dunkelheit die
Laguna Street hinauf. Der RKI-Kastenwagen stand unauffällig unter einem
Olivenbaum an der Nordwestecke der abschüssigen Grünanlage, die sich Lafayette
Square nennt. Als ich näher kam, stieg Renshaw aus.
    »Elektronische Überwachung des
Konsulats?« Ich zeigte auf den Wagen.
    »Wir haben Sicherheitsstufe eins. Bis
jetzt ist alles ruhig. Mrs. Hamid ist pünktlich aus dem Haus gegangen und hat
dem Fahrer befohlen, sie um Mitternacht wieder abzuholen. Aber Sie müssen sich
trotzdem beeilen. Wir gehen durch den Dienstboteneingang rein, und ich bringe
Sie nach oben. Sie haben eine halbe Stunde.«
    Als wir losmarschierten, fragte ich:
»Weiß Mavis Hamid, daß ich komme?«
    »Ich war vorhin bei ihr und habe sie
gefragt, ob ich ihr

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