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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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meine Selbstachtung zurückgegeben hatte. Er
lachte. »Das zeugt nur von mangelnder Sachkenntnis«, sagte er. Dann wurde er
wieder sachlich: »Sie müssen mir schon beweisen, daß ein solches Gespräch mit
Mavis unbedingt nötig ist.«
    »Beweisen kann ich gar nichts. Aber Sie
sollten doch wissen, daß jedes Fitzelchen Information, auch wenn es noch so
irrelevant scheinen mag, für die Ermittlungen von entscheidender Bedeutung sein
kann.«
    Renshaw schwieg wieder. Ich klemmte den
Hörer zwischen Kinn und Schulter und sah durch den Durchgang zu Micks Büro. Er
saß an seinem Schreibtisch, den sandfarbenen Kopf über die Tastatur gebeugt,
und der Gesundheitsstuhl wirkte winzig unter seinem kräftigen Körper. Seine
Finger hackten hektisch auf die Tasten ein. Plötzlich sah er auf den
Bildschirm, sagte: »Aha!« und begann wieder zu tippen.
    »Gage?«
    »Moment. Ich überprüfe gerade Mrs.
Hamids Terminplan.« Wieder Schweigen. Mick sagte: »Ahaaa!« Ich versuchte, seine
Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, aber er war gebannt von dem, was da auf
seinem Monitor erschienen war.
    »Okay«, sagte Renshaw, »das magenkranke
alte Kamel — gefällt mir, Ihnen nicht? — wird heute abend mit dem Leiter der
saudiarabischen Handelsmission dinieren; vermutlich kochen sie eine Anhebung
der Ölpreise aus. Sie wird das Konsulat um sieben verlassen; ich schleuse Sie
beim Schichtwechsel um neun Uhr zu Mavis hinein — dann fällt es weniger auf. Um
diese Zeit wird die junge Mrs. Hamid zwar schon stockvoll sein und auf den
Teppich kotzen, aber wenn Sie darauf bestehen...«
    »Ich bestehe darauf.« Dann dachte ich
daran, daß ich eigentlich vorgehabt hatte, heute abend mit einer weiteren
Ladung Habseligkeiten zur Dämonenabschreckung in unserem Häuschen einzutreffen.
Wenn ich nicht käme, würde Hy das, im Unterschied zu anderen Männern, mit denen
ich zu tun gehabt hatte, sicher verstehen. Aber das Gespräch mit Mavis Hamid
würde vermutlich nicht lange dauern. Ich würde ein Nickerchen machen, ehe ich
das Konsulat aufsuchte, um danach noch munter genug für die vier Stunden Fahrt
zu sein.
    Renshaw sagte: »Eine unserer mobilen
Einheiten steht vom Konsulat aus gleich um die Ecke, in der Laguna Street am
Lafayette Square. Dort warte ich auf Sie.«
    Ich versprach, dort hinzukommen, legte
auf und winkte Mick zu, der im Durchgang stand. »Was war denn so interessant?«
Ich wies mit dem Kinn auf den Computer.
    »Die FBI-Leute benutzen das Techno-Web,
um an Informationen über den Bombenleger zu kommen.«
    »Das Techno-Web?« Das war einer der
Online-Dienste, bei denen wir uns auf sein Drängen eingeklinkt hatten, aber ich
konnte mir einfach nicht merken, was was war.
    »Shar, ich habe es dir doch letzte
Woche erst demonstriert.«
    Auf Mick wirkte meine Unfähigkeit,
computerbezogene Informationen in meinem Hirn zu speichern, so aufreizend, daß
ich mich manchmal absichtlich dumm stellte, nur um des perversen Vergnügens
willen, ihn auf die Palme zu treiben. Das war wieder einer meiner perversen
Momente. »Du mußt mein Gedächtnis auffrischen.«
    Er seufzte. »Das Web ist ein
bundesweiter Dienst mit über zwei Millionen Abonnenten. Es bietet Nachrichten,
Sport und Wetter; Lern- und Lexikonprogramme; Spiele, Shopping,
Reisebürodienste; Investment- und Immobilienberatung; Bulletin-Boards, E-Mail
und Live-Discourse.«
    »Diese Boards...«
    »Es gibt verschiedene Boards für
verschiedene Interessengebiete; du hängst gewissermaßen einen Zettel auf, den
alle anderen lesen können, und jeder kann dir antworten, indem er seinerseits
eine Notiz hinterläßt. E-Mail ist die Versendung von schriftlichen Botschaften
an einzelne Adressaten. Live-Discourse ist wie Reden, nur über den Computer.
Die FBI-Leute sind so klug, ins Web zu gehen, und ich wette, sie tummeln sich
auch in den anderen Diensten wie Prodigy, CompuServe und America Online und
auch im Internet.«
    »Das Internet — ist das das
Monsterding, wo man einen Straßenatlas braucht, um sich durchzufinden?«
    Mick lächelte selbstgefällig. »Manche
Leute brauchen einen Straßenatlas, aber nicht dein Computerspezialist.«
    »Okay — die Sonderkommission hat also
einen Zettel an einem Bulletin-Board aufgehängt?«
    »An dreien, soweit ich bisher
feststellen konnte: Verbrechensbekämpfung, Verbrechen und Verbrecher und
berühmte Kriminelle. Im Grunde ist es nur eine Zusammenfassung dessen, was
jeder Zeitungsleser über die Sache weiß. Sie bitten um sachdienliche Hinweise,
entweder über die

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