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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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Jungen und Mädchen mussten sich beim Rühren abwechseln, weil es so anstrengend war. Am Schluss wurde noch mehr Eis, in Musselin gewickelt, darauf gepackt, und so ruhte die Eiscreme im kühlen Keller bis zum nächsten Tag, wo Behälter für Behälter nach oben gebracht wurde.
    Auf einem frisch gemähten Feld hinter der Kirche wurde Softball gespielt. Die Jungen spielten den ganzen Nachmittag, und am Abend waren die Männer an der Reihe. Auch ein paar Frauen  – diejenigen, die begonnen hatten, Hosen zu tragen, und sich im Krieg das Rauchen angewöhnt hatten  – waren mit von der Partie.
    Sogar die Zwillingsschwestern Elinor und Ansolette Gadsden kamen, zwei alte Jungfern, die sich so ähnlich sahen, dass sie sich selbst kaum auseinanderhalten konnten. Die Trennlinie, die sie als Menschen voneinander unterschied,
war längst verschwunden. Natürlich sahen sie sich ähnlich, sogar die Falten in ihren sechzigjährigen Gesichtern waren identisch. Sie trugen auch die gleiche Kleidung, gingen Hand in Hand, und wenn die eine einen Satz begann, sprach die andere ihn für sie zu Ende.
    Als junge Frauen seien sie Schönheiten gewesen, sagten die alten Leute, die sie noch als Mädchen gekannt hatten, und das merkte man Elinor und Ansolette auch an, die immer eine Anmut besaßen, mit der sie sich von anderen abhoben. Ihre Familie, deren allerletzte Sprösslinge sie waren, weil sie sich immer geweigert hatten, zu heiraten und für den Fortbestand der Sippe zu sorgen, hatte schon von Anbeginn in der Stadt gelebt. Weil sie die einzigen noch lebenden Gadsdens waren und massenhaft Geld besaßen, galten sie als alter Adel.
    Es hieß, sie hätten deshalb nie geheiratet, weil sie sich einen Spaß daraus machten, die Jungs an der Nase herumzuführen, indem sie manchmal die Rollen tauschten, sodass ein ahnungsloser junger Mann, der um Elinors Hand anhielt, nur großes Gelächter erntete, wenn sich herausstellte, dass er in Wirklichkeit ihrer Schwester Ansolette einen Antrag gemacht hatte. Sie hörten beide auf den Namen Miss Allie, die ganze Stadt nannte sie so, und selbst Boaty Glass behandelte sie mit großem Respekt und sogar mit einer gewissen Zuneigung.
    Einmal im Jahr, anlässlich des Austernessens, spielten die alten Damen Softball. Sie spielten nicht im Feld, sondern wechselten sich am Schlag ab, wo sie die weichen Würfe der Männer mit dem Schläger abzuwehren versuchten. Da standen sie in ihren gleichen Kleidern, und jeder ihrer sechs Schläge sah genau gleich aus. Dann waren ihre sportlichen Aktivitäten für ein weiteres Jahr erledigt.

    Doch an diesem Tag, diesem Tag des Jahres 1948, war es Charlie Beale, der auf dem Spielfeld alle Herzen für sich gewann. Er spielte unermüdlich, zuerst mit den Jungs, dann mit den Erwachsenen, und es war einfach nur herrlich anzusehen. Er zog sein weißes Hemd aus und spielte im Unterhemd, sodass man gut erkennen konnte, wie wohlgeformt er war, nicht massig, sondern stark und schlank und jung. Die Haut an seinem Hals und den Schultern war rosig von der Anstrengung. Er hatte die Kraft und die Anmut eines sportlichen Naturtalents, und es war ein wunderbarer Anblick, wenn seine Augen zu strahlen begannen, wenn der Ball in seiner Nähe war oder er den Schläger in die Hand bekam.
    Er konnte jeden Ball zurückschlagen, der ihm zugeworfen wurde, indem er ihn gleich mit dem ersten Schlag traf und mit einem eleganten Sprung zur Base zurückbeförderte, ehe der Runner der gegnerischen Mannschaft dorthin gelangen konnte. Kam ein harter Ball auf ihn zu, warf er sich mit vollem Einsatz ins Gras, sprang blitzschnell wieder auf, und sein Wurf verfehlte sein Ziel nie.
    Sam Haislett war wie verzaubert und konnte durch kein Bitten und kein Betteln vom Spielfeldrand wegbewegt werden. Er musste einfach jeden Spielzug sehen.
    Wenn Charlie an der Home Plate stand, sah es so aus, als wäre der Schläger eine natürliche Verlängerung seines Armes. Er stand wie ein Profi hinter der Markierung, die Beine weit gespreizt, und wenn ihm der Ball zugeworfen wurde, selbst von den schnellsten Werfern, beugte er sich leicht zurück, holte aus und schlug das Ding einfach weg, jedes Mal, bei jedem Wurf.
    Sam ließ ihn bei keiner seiner Bewegungen aus den Augen, um ihn war es geschehen. Sein Beebo war wie all die Baseball-Bilder aus den Zeitungen, nur in echt. Ihn ausholen
und schlagen oder werfen zu sehen, mit unfehlbarem Blick und absoluter Treffsicherheit, schenkte Sam eine erste Ahnung davon, welche Kraft und

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