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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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Farm?«
    »Wie groß ist sie?«
    »Hundertzweiundvierzig Morgen, von denen aber bis auf zwölf alles schlechtes, saumiserables Gelände ist. Nur Fels und Kalkstein und irgendwelches Kraut, das da mal gepflanzt wurde und langsam vor sich hin welkt. Reicht kaum, um eine Familie zu ernähren.«
    »Ich zahle Ihnen zweitausend Dollar. Bar. Aber das ist noch nicht alles.«
    »Wir könnten nirgendwo hin.«
    »Das ist ja das Beste daran. Sie könnten hier bleiben. Nichts würde sich ändern, bloß müssten Sie die Grundsteuer nicht mehr zahlen.«
    »Und wo ist der Haken?«
    Boaty wartete, bis der andere Mann sich noch einen Schnaps eingeschenkt und ihn runtergekippt hatte. Seine Lippen schlossen sich um den Rand des Glases wie die eines Babys um die Mutterbrust. Als er das Glas wieder abgestellt, sich das Haar aus dem Gesicht gestrichen hatte und wieder aufblickte, ließ Boaty endlich die Katze aus dem Sack. Er sprach ganz ruhig, senkte die Augen und ließ das Kinn so tief auf seine Brust sinken, dass sich das Fleisch über dem Hemdkragen wölbte. »Ich möchte das Mädchen.«
    »Sie möchten was?«
    »Ich möchte das Mädchen. Ich möchte sie heiraten. Ihr ein besseres Leben ermöglichen.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Dreiundvierzig.« Boaty hatte vorgehabt, sogar ein noch geringeres Alter anzugeben, aber er wollte sein Glück nicht zu sehr strapazieren.

    »Das kann ich nicht machen.«
    »Natürlich können Sie das. Sie hätten einen Mund weniger zu stopfen. Und sie kriegt ein besseres Leben, als Sie ihr bieten können. Sagen wir dreitausend Dollar, das ist eine Menge Geld. Und einen Traktor. Ich kaufe Ihnen einen neuen Traktor.«
    Der Mann schaute ihn hilflos an, doch sein Interesse schien geweckt. Man hatte ihn nie vor irgendeine Wahl gestellt  – nicht einmal seine Frau hatte er sich selbst ausgesucht, denn sie war nach einem einzigen kurzen Techtelmechtel schwanger geworden, und er hatte sie mit seinen eben sechzehn Jahren heiraten müssen  –, und so wusste er damals wie heute nicht, wie er mit Anstand und Respekt eine Entscheidung treffen sollte. Nein, er wusste nicht, was er tun sollte, und um Rat fragen konnte er auch niemanden.
    »Welches Mädchen denn?«
    »Die gerade draußen ist und im Garten Bohnen pflückt.«
    »Sylvan. Meine Älteste. Sie ist mein Ein und Alles.«
    »Und was ist dieses Ein und Alles Ihnen jetzt wert, was schätzen Sie? Wie alt ist sie?«
    Der Mann hielt inne, zählte ihr Alter rasch an den Fingern ab. »Sechzehn, glaube ich. Nein, siebzehn.«
    »Was nutzt Ihnen das Mädchen auf der Farm? Was nutzt sie Ihnen? Möchten Sie, dass irgendein dahergelaufener Kerl sie sich unter den Nagel reißt? Vielleicht ist das ja schon passiert. Sie ist siebzehn. Für gebrauchte Ware zahle ich keinen solchen Preis. Vielleicht sollte ich’s mir noch mal überlegen.«
    »Sylvan ist ein gutes Mädchen. Sie ist was Besonderes. Nicht nur für mich. Und niemand ist auch nur in ihre Nähe gekommen. Ich passe auf. Wirklich.«
    »Kann sie lesen?«

    »Natürlich kann sie lesen.«
    »Rechnen?«
    »Bisschen. Teilen nicht. Aber sie ist klug. Hört sich all die Sendungen im Radio an.«
    »Gut. Ein gutes Mädchen. Ein bisschen älter, als ich gehofft hatte, aber sie wird genügen.«
    »Sie sind derjenige, der was will, Mister. Wenn Sie sie nicht wollen, und damit sage ich nicht, dass wir schon handelseinig sind, wenn Sie sie also nicht wollen  – da ist die Tür.«
    »Ich biete Ihnen dreitausend Dollar, einen neuen Traktor und ein besseres Leben für Sie, Ihre Familie und für Sylvan.«
    »Und ich hab’s gehört und werde drüber nachdenken. Und jetzt möchte ich Sie bei allem Respekt bitten, mein Haus zu verlassen.«
    »Eine Bedingung gäbe es noch«, sagte Boaty, während er aufstand.
    »Hab ich mir schon gedacht«, sagte der Vater.
    »Wenn sie wegläuft, verlieren Sie die Farm. Dann gehört sie mir, und Sie haben kein Zuhause mehr. Kapiert?«
    Es gab eine lange Pause. »Was, wenn sie stirbt oder so was?«
    So weit hatte Boaty noch nicht gedacht. »Es gibt kein ›so was‹«, sagte er. »Keine Scheidung. Kein Weglaufen. Aber ich würde sagen, wenn sie stirbt, bleiben Sie, wo Sie sind. Solange sie als meine Frau stirbt. Das heißt, für Sie gilt also auch das ›in guten wie in schlechten Tagen‹. Haben Sie das verstanden? Wenn sie weg ist, ist sie weg. Sie wird nicht zurückkommen, und Sie werden sie nicht wiedersehen. Nicht an Weihnachten und nicht an Ostern. Sie werden Ihre Enkelkinder nie sehen, zumindest

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