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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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allein gehörte. Welches Mädchen wünscht sich das nicht? Welches Mädchen ihres Alters und ihrer Herkunft würde nicht alles tun, um dem Platz auf der Welt, den es sich für sich wünscht, näher zu kommen? Sie hatte schon viele Jahre, bevor sie ihren ersten Film gesehen hatte, von Filmstars geträumt, und als dann der Moment gekommen war und sie wie gebannt in der Dunkelheit des State Theater saß, konnte sie dem, was sie sich immer gewünscht hatte, endlich einen Namen geben.
    Woher hatte sie nur solche Ideen? Seit sie sechs Jahre alt gewesen war, hatte sie The Romance of Helen Trent im Radio verfolgt. Immer war Helen Trent in Gil Whitney verliebt, der sie von ganzem Herzen liebte, und doch nahm Helen, obwohl sie doch schon fünfunddreißig war, niemals seinen Heiratsantrag an. In der Sendung war sie immer und ewig fünfunddreißig, und Sylvan hing ihr buchstäblich an den Lippen, sie war stets dabei, wenn Helen Gils Anträge ablehnte, sprach die Worte mit, die die Schauspieler sagten, ahmte sie nach, und vielleicht lernte sie dort ja auch,
so zu sprechen. Für sie war Helen Trent eine reale Person, eingefroren in der Zeit, sie sprach makelloses Englisch und entwarf Kleider für Filmstars. Sylvan wollte so sein wie sie, wollte das Leben, das sie hatte. Vielleicht hatte das mit dem Träumen dort angefangen, vielleicht war das der Grund, warum dieses Leben ihre Phantasie anregte, sie entzündete. Hollywood. Die Menschen und die Kleider. Die hoffnungslos trügerische Beschaffenheit wahrer Liebe. Der Art von Liebe, die nur kleine Mädchen für möglich hielten.
    Wie kam ein Mädchen auf solche Gedanken? Woher bekam man Porzellanhaut, blondes Haar oder grüne Augen? Sie werden mit einem geboren, diese Gedanken, und die Geduldigen warten einfach ab, die Glücklichen finden, was sie suchen, und die Schlauen holen es sich.
    Man muss begreifen, woher sie kam, aus welchen Umständen sie kam. Wenn Sie ihren Mädchennamen hören würden, den Namen, den sie vor ihrer Ehe mit Boaty Glass getragen hatte, dann würden Sie lachen. Die meisten Leute lachten über sie. In der ersten Zeit lachten sie ständig über sie. Damals war sie erst siebzehn und wusste, dass über sie gelacht wurde, aber sie machte ganz ruhig mit ihrem Leben weiter und tat der Welt gegenüber so, als würde nichts von dem geschehen, was jedes Mal geschah, wenn sie einen Fuß in die Stadt setzte.
    Das ist Amerika. Sie hatte ein Recht darauf. Sie hatte ein Recht darauf, diejenige zu sein, die sie sein wollte, und diese Person wurde sie von Minute zu Minute, von Tag zu Tag mehr, lange bevor sie auch nur wusste, wer die Person eigentlich war. Wie der Rest des Landes war sie immer dabei, etwas zu werden, nie war sie einfach nur da, nie kam sie zur Ruhe, und da sie jetzt ein Teil der Geschichte ist, einer Geschichte, die wieder und wieder erzählt wird, macht sie
einfach weiter mit dem Werden, auch wenn alle, die sie einmal gekannt haben, längst tot sind. Die meisten von uns werden, wenn sie tot sind, aufhören zu sein, weil sie etwas geworden sind, doch sie nicht. Und so kam es, dass sie auf ihre Weise ein Filmstar wurde.
    Ich habe sie gekannt. Ich habe sie gesehen. Und sie war, das kann ich Ihnen versichern, eine Frau von Klasse.
    Sie war bemerkenswert, insbesondere, wenn man bedenkt, woher sie kam, aus was für einer Familie. Aus dem Nirgendwo, das war es, woher sie kam. Sie war wie ein vergrabener Schatz gewesen, ehe Boaty Glass es sich in den Kopf gesetzt hatte, sich eine Frau zu holen, die wie alles andere, was Boaty sich holte, günstig zu haben war und doch von allerbester Qualität. Er war so reich geworden, weil er schon als kleiner Junge Geschäfte machen konnte wie ein ausgebuffter New Yorker Anwalt, und so fett musste er sein, weil er einfach kein Maß kannte und nie wusste, wann es genug war.
    Ist jemandem schon einmal aufgefallen, dass die Hemden eines Dicken niemals knittern? Bei einem dünnen Mann ist ein Hemd schon um die Mittagszeit voller Falten, doch ein Dicker füllt den Stoff so aus, dass sein Hemd immer noch glatt ist, wenn er abends zu Bett geht und es auszieht.
    Und so stelle man sich Boaty vor, wie er Nacht für Nacht in seinem Bett liegt, in diesem großen Haus, in dem er schon sein ganzes Leben wohnt und das er einfach nicht loswerden kann. Nach dem Krieg wollten die Leute so etwas einfach nicht mehr, weil viele Familien, die zweihundert Jahre lang auf ein und demselben Grund gelebt hatten, ihrer eigenen Wege gingen und außer den

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