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Ein Winter mit Baudelaire

Ein Winter mit Baudelaire

Titel: Ein Winter mit Baudelaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Cobert
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sagt sie.
    Philippe zögert, ehe seine Hand die Münze umschließt.
    »Danke.«
    Wieder das Lächeln. Er wirft das Geld ein, setzt die Maschine in Gang, lässt sich auf einer Bank nieder. Der Hund kommt an seine Seite, legt ihm den Kopf auf den Oberschenkel. Philippe streichelt ihn sachte. Allmählich senken sich die Lider des Hundes, und er fängt an, leise vor sich hin zu schnarchen.
    Beim Hinausgehen bleibt das junge Mädchen vor ihnen stehen.
    »Der ist vielleicht süß! Meinen Sie, ich dürfte mal …?«
    Sie hat ihre Hand ausgestreckt. Philippe zieht seine zurück. Beim Wechsel der Handflächen schlägt der Hund die Augen auf, sieht das junge Mädchen an, macht die Augen wieder zu und schnarcht weiter. Dann rückt das Mädchen seine Schultertasche zurecht und geht.
    »Auf Wiedersehen«, sagt sie noch.
    »Auf Wiedersehen …«
    Der Hund dreht kurz den Kopf zu ihr hin und legt ihn wieder auf Philippes Bein. Sein Schnarchen mischt sich mit dem Brummen der Maschine.

Ein neues Leben
    Als Nächstes gehen sie zu den Bahnhofs-Duschen. Am Eingang dieselbe Frau wie bei seinem ersten Besuch. Inzwischen sind sie sich mehrmals begegnet.
    Als sie Philippe sieht, leuchtet ihr Gesicht auf.
    »Guten Tag!«
    »Guten Tag …«
    »Lange nicht mehr hier gewesen …«
    Philippe hebt die Brauen und nickt. Er zahlt, sie gibt ihm sein Handtuch.
    »Ich freue mich, Sie zu sehen …«
    Er schaut sie fragend an.
    »Na ja«, erklärt sie, »wenn Leute, die regelmäßig gekommen sind, plötzlich nicht mehr auftauchen, dann ist das meistens, weil … nun … Sei’s drum! Ich freue mich jedenfalls, Sie zu sehen …«
    Sie bemerkt den Hund, der sich brav auf die Türschwelle gelegt hat. Ihr Gesicht erstrahlt.
    »Na, das ist aber ein süßer Kerl!« Ein sanfter, fast zärtlicher Klang schwingt in ihrer Stimme. Der Hund hat sie gehört, er dreht Kopf und Ohren in ihre Richtung.
    »Seien Sie mir nicht böse, aber ich habe eine Schwäche für Hunde …«
    Sie steigt von ihrem Stuhl und geht um die Theke herum.
    »Der letzte, den ich hatte, sah ihm ein bisschen ähnlich … Er ist an Krebs gestorben, Lymphknotenkrebs … Innerhalb von zwei Wochen …«
    »Das tut mir leid …«
    »Ich habe noch nicht den Mut gehabt, mir wieder einen anzuschaffen … Aber wenn ich den hier sehe, kriege ich richtig Lust! Wie heißt er?«
    »Ich weiß nicht … Er ist mir zugelaufen.«
    »Darf ich …?«
    »Natürlich.«
    Sie hockt sich nieder und streichelt ihn. Der Hund lässt es geschehen. Philippe geht zu den Duschen.
    »Nehmen Sie die letzte, die ist heute noch nicht benutzt worden!«, ruft die Frau ihm nach.
    Philippe schlüpft in die empfohlene Kabine. Als er nach einiger Zeit wiederkommt, gewaschen und sauber gekleidet, liegt der Hund auf dem Rücken und lässt sich genüsslich den Bauch kraulen. Sobald er Philippe sieht, setzt er sich, hebt mehrmals die Pfote und lässt sie wieder sinken, bis Philippe sie ergreift.
    »Wenn das nicht süß ist!«, bemerkt die Frau.
    Plötzlich steht sie auf und kehrt mit gespielter Verärgerung hinter ihre Theke zurück.
    »Los, los, jetzt aber Abmarsch, ihr beiden, das weckt alles viel zu viele Erinnerungen bei mir!«, sagt sie lächelnd. Und fügt, als die zwei schon fast verschwunden sind, munter hinzu: »Warten Sie nicht bis zum nächsten Winter, ehe Sie wiederkommen!«

Ein falscher Berber namens Bébère
    Es ist kurz nach Mittag, als sie den Bahnhofsvorplatz überqueren. Der Hund ist unruhig. Er läuft Philippe einige Meter voraus, kehrt um, springt zur Seite, tänzelt umher, jault, bellt, rennt los, hält inne und beginnt wieder zu jaulen und herumzuspringen.
    »Was hast du denn?«
    Der Hund läuft zu ihm.
    »Hm, was ist los?«
    Mit der Schnauze stupst er Philippe an, packt ihn am Ärmel und zieht ihn hinter sich her.
    »He!«
    Der Hund lässt ihn los, fixiert ihn mit aufgestellten Ohren und bellt mehrmals.
    Sie gehen weiter. Wieder überholt ihn der Hund, bis er schließlich an einer Ecke abrupt stehen bleibt und kräftig mit dem Schwanz wedelt.
    »Ist ja schon gut, ich komme …«
    Sie biegen in eine kleine Straße ein. Der Hund rennt los und verschwindet in einem Hinterhof. Philippe geht schneller. Als er ihn endlich einholt, hat sich der Hund auf die Hinterbeine gestellt, die Vorderpfoten auf ein Törchen aus bordeauxroten Holzplanken gestützt. Er bellt mehrmals,dann verharrt er mit leicht geöffneter Schnauze, hängender Zunge und energisch wedelndem Schwanz. Von drinnen ertönt eine raue

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