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Ein Winter mit Baudelaire

Ein Winter mit Baudelaire

Titel: Ein Winter mit Baudelaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Cobert
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sein Blick wird auf einmal gedankenverloren und leer. »Sei’s drum«, setzt er rasch nach und verschanzt sich hinter einem gewollt strahlenden Lächeln. »Machen Sie’s gut …«
    Philippe verzieht den Mund zu einem stummen Dankeschön, und der Anzug-Krawatten-Typ geht weiter. Er will jetzt wissen, wie viel auf der Treppe zusammengekommen ist, sammelt die Geldstücke ein, zählt sie: sechs Euro siebzig. Er wühlt eine Weile in seinen Taschen und holt weitere fünf Euro achtzig hervor. Auf der anderen Seite der Straße ist ein junger Marokkaner gerade dabei, seine Imbiss-Bude zu öffnen.
    Philippe befreit sich aus seinem Schlafsack und tritt auf den Bürgersteig. Der Hund steht ebenfalls auf, wedelt mit dem Schwanz. Philippe bedeutet ihm, zu warten, und geht hinüber. Der Hund legt sich wieder hin, kreuzt die Pfoten und fasst sich in Geduld.
    »Guten Morgen …«
    »Guten Morgen … Äh … Was kostet eine Crêpe mit Zucker?«
    »Zwei Euro fünfzig.«
    Philippe hebt zwei Finger und sucht nach den passenden Münzen. Der junge Marokkaner verteilt den Teig auf der schwarzen, runden Herdplatte.
    »Ist die zweite für den Hund?«
    Philippe dreht sich zu dem Tier um und nickt.
    »Ich hab auch einen von der Sorte zu Hause … Verflucht, was können die futtern, die Viecher!«
    Philippe antwortet mit einem vorsichtigen Lächeln.
    »Bitte sehr, zwei Crêpes mit Zucker … Macht zwei Euro fünfzig.«
    Philippe sieht ihn irritiert an.
    »Die zweite geht auf meine Kosten …«
    Er zahlt und nimmt die beiden Crêpes.
    »Danke …«
    Der Marokkaner zwinkert ihm zu und schnalzt dabei leise mit der Zunge. Philippe geht zurück, legt eine Crêpe vorsichtig auf den Boden und setzt sich.
    »Achtung, heiß und fettig …«
    Der Hund versucht, die Crêpe mit der Schnauze zu nehmen, doch es gelingt ihm nicht.
    »Warte …«
    Philippe reißt sie in kleine Stücke, die er abkühlen lässt und ihm dann einzeln gibt. Erst danach fängt er selbst an zu essen. Der Hund sitzt leise jaulend, mit sabbernder Schnauze vor ihm.
    »He, ich habe auch Hunger!«
    Der Hund zappelt, sein Jaulen wird lauter.
    »Na gut, hier …«
    Philippe wirft ihm ein Stück zu, das er geschickt in der Luft auffängt, und streichelt ihn. Dann packt er seine Sachen und macht Anstalten, zu gehen. Der Hund bleibt sitzen, beobachtet ihn aufmerksam, mit aufgestellten Ohren und zur Seite geneigtem Kopf, genauso wie vorher den Anzug-Krawatten-Typen.
    »Kommst du?«
    Leicht hinkend springt der Hund die Stufen hinab, läuft Philippe einige Meter voraus, macht eine übermütige Kehrtwendung,legt sich schwanzwedelnd, mit erhobenem Hinterteil auf die Vorderbeine und bellt ihm mehrmals zu.
    Philippe zündet sich eine Zigarette an, schließt zu ihm auf, und die beiden marschieren gemeinsam weiter.

Der Schmetterlingseffekt
    Sie wandern in Richtung Gare Montparnasse. Der Himmel ist milchweiß, verhangen wie durch einen Baumwollschleier. Ein typischer Januarhimmel, von morgens bis abends ein fast gleichbleibendes Licht.
    Manche Blicke gleiten jetzt nicht mehr über ihn hinweg. Ein Teil derer, die erst durch ihn hindurchsehen, stutzt beim Anblick seines Begleiters, der munter, mit stolzgeschwellter Brust und gespitzten Ohren an seiner Seite läuft. Dann wird auch Philippe wahrgenommen, und wenn der Blick der Passanten sich schließlich löst, wenden sie sich einfach wieder dem zu, was sie vorher beschäftigt hat, anstatt sich hinter einer gleichgültigen Fassade zu verschanzen.
    In einem Waschsalon machen sie zum ersten Mal Rast. Auf einer der Bänke wartet ein junges Mädchen, vermutlich eine Studentin, in ein Buch vertieft auf seine im Trockner herumwirbelnde Wäsche. Während sich Philippe bückt und seine schmutzigen Sachen in eine Maschine stopft, sieht sie von ihrem Buch auf, und ihr Blick wandert von ihm zu dem Hund, der friedlich hechelnd neben ihm sitzt, dann wieder zu Philippe, als dieser die Tür der Waschmaschine schließt. Sie sehen sich an, und sie schenkt ihm ein offenes, unbefangenes Lächeln. Er erwidert es. Sie vertieft sich wiederins Buch. Philippe braucht sein letztes Waschpulver auf und geht zu dem Automaten, an dem man die Waschprogramme auswählt. Mit einem Finger überprüft er routinemäßig das Geldrückgabefach und findet eine Ein-Euro-Münze.
    »Entschuldigen Sie«, fragt er die junge Frau. »Ist der von Ihnen?«
    »Nein, der lag schon drin, als ich gekommen bin.«
    Mit einer fragenden Geste hält er den Euro in ihre Richtung
    »Nehmen Sie ihn ruhig …«,

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