Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
kehrten auf Franks Stirn zurück. Er räusperte sich. „Der Bereich für die unverheirateten Männer und der für die unverheirateten Frauen befinden sich jeweils auf einer Seite der Maschinen. Wir sind hinter dem Maschinenraum. Es gibt ein winziges Deck für die Passagiere der dritten Klasse.“
„Das können gerne die Männer nutzen. Es ist sowieso zu windig da draußen.“ Isabelle ließ ihren Blick noch einmal durch den trüben Raum schweifen. „Ich nehme an, Millie und ich können zwischen den Mahlzeiten im Speisesaal nähen.“
„Das wird nicht gehen, Liebling. Mehr als das hier steht uns nicht zu. Es gibt keinen Speisesaal. Nur das winzige Deck und dieser Bereich.“
Entsetzt starrte Isabelle auf das Stockbett vor ihr. „So eng wie wir hier schlafen“ – ihre Stimme versagte fast – „bekomme ich bestimmt Albträume, dass wir alle lebendig begraben werden.“
„Nein, das wirst du nicht, hab ich recht, Frank?“
Frank streichelte seiner Frau liebevoll über die Wange. „Wir werden dafür beten.“
Millicent nahm Isabelles Hand in ihre und nickte. „Gott wird uns Kraft und Durchhaltevermögen geben. Außerdem kommt man bei diesem Lärm sowieso nicht dazu, dunklen Gedanken nachzuhängen.“ Zusätzlich zum lauten Dröhnen der Maschinen konnten sie überall Babys schreien, Kinder weinen und Erwachsene reden hören.
Links neben ihnen legte gerade eine Frau ihr Baby auf ihr Bett und wechselte ihm die Windeln. Isabelle wurde rot. „Es gibt hier überhaupt keine Privatsphäre.“
Millicent klopfte ihrer Schwester beruhigend die Hand. „Ich habe alles genau durchdacht. Frank hat uns sehr geschickt die Betten in einer Ecke ausgesucht, denn die kann man gegen die Wand klappen und festzurren. Dann sind sie uns nicht mehr im Weg. Die Decken können wir dann als Sichtschutz so hinhängen, dass wir unser eigenes Ankleidezimmer haben!“
Bump. Isabelle trat mit der Ferse gegen etwas Hartes unter ihrem Bett. „Hast du vielleicht vergessen, dass unser Gepäck unter dem Bett liegt?“
„Ich räume es zur Seite, wann immer du es möchtest, Liebling.“
Millicent sah ihren Schwager dankbar an. Er wusste, dass Isabelle dazu neigte, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen. Er und Millie hatten einen stillschweigenden Pakt geschlossen: Mit seiner Geduld und ihrer Kreativität würden sie es schaffen, Isabelles Sorgen auf ein Minimum zu reduzieren. Eine Woche auf diesem Schiff würde sie sowieso schon ihre gesamte Kraft kosten.
Isabelle straffte ihre Schultern. „Wenn wir erst einmal in Amerika sind, werde ich das alles hier einfach vergessen.“
Frank setzte sich neben seine Frau und berührte dabei mit den Knien das gegenüberliegende Stockbett. „Ich habe viel darüber nachgedacht, was wir in Amerika tun werden.“
„Du hast an nicht viel anderes gedacht, seit wir beschlossen haben, dass wir auswandern werden.“ Zärtlich schaute Isabelle ihren Mann an.
Frank beugte sich vor. „Warenhäuser und Kataloge verkaufen Kleider von der Stange. Wir müssen uns auf die gehobenere Kundschaft konzentrieren. Die Reichen achten nicht so sehr auf den Preis und wir können ihnen die teureren, maßgeschneiderten Kleider verkaufen. Wir brauchen nur ein paar zufriedene oder sogar begeisterte Kunden, dann wird sich unser Ruf wie ein Lauffeuer ausbreiten. In New York wohnen zu viele Menschen. Ich würde es eher in Baltimore oder Boston versuchen. Was meinst du, Isabelle?“
Isabelle zitterte. Millicent legte ihr Schultertuch ab und band es ihrer Schwester um die Schultern. „Irgendwo, wo es warm ist.“
Die Zeit für den Nachmittagstee kam, ohne dass sie auch nur einen Krümel Essen oder etwas zu trinken zu Gesicht bekamen. Millicent versuchte, ihren knurrenden Magen zu ignorieren. Wenn man sich ihre Unterkunft genauer ansah, konnten sie sich wahrscheinlich noch glücklich schätzen, wenn das Abendessen einigermaßen genießbar war. Millicent stand auf. „Warum gehen wir nicht auf das Deck?“
Frank zuckte unmerklich zusammen. „Es ist total überfüllt.“
„Ein bisschen frische Luft hört sich gut an.“ Isabelles Blick huschte über die anderen Passagiere. „Glaubst du, wir können unsere Sachen hier einfach unbeaufsichtigt stehen lassen?“
„Früher oder später werden wir es wohl müssen.“ Millicent schob das Armband unter ihren Ärmel. „Aber es ist sicher gut, die kleinen für uns wertvollen Dinge mitzunehmen, um niemanden in Versuchung zu führen.“
Isabelle fasste sich mit der Hand an den
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