Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
über den Ozean getrieben hatten.
Durch seine Erfahrung mit unzähligen Geschäftsabschlüssen kannte sich Daniel gut mit dem Handel quer über den Ozean hinweg aus. Auf dem oberen Deck der Schiffe lagen immer die Kabinen der ersten Klasse. Doch was sich im Rumpf des Schiffes befand, hing immer davon ab, in welche Richtung es fuhr. Ein Schiff wie dieses brachte immer eine große Auswahl an Produkten aus der neuen Welt nach England. Auf der Rückfahrt befand sich dort unten eine ganz andere Fracht: Einwanderer.
Wenn er sich die Hölle dort unten zwischen den Maschinen vorstellte, bekam er Mitleid mit den armen Menschen, die an diesem Ort hausen mussten. Und doch hatte er zwischen all diesen Menschen ein Kindermädchen für seinen Sohn gefunden. Daniel warf einen Blick auf die Tür des Kinderzimmers. Zu Hause konnte er sich abends immer noch einmal ins Kinderzimmer schleichen, um seinem Sohn über den Kopf zu streicheln. Das hatte er oft getan. Nach Arthurs Geburt konnten er und Henrietta es gar nicht fassen, dass der Herr ihnen ein so wunderbares Kind geschenkt hatte, und sie konnten sich nicht sattsehen an ihm. Nach Henriettas Tod war er immer wieder zu Arthurs Bett gekommen, um Trost zu finden. Jede Minute mit seinem Sohn hatte er seitdem genossen.
Arthur hatte die Angewohnheit, mit dem Daumen im Mund zu schlafen. Er lag immer auf dem Bauch und zog seine Knie unter sich, sodass sein kleiner Popo in die Luft ragte. Meistens lagen seine Decken neben oder unter ihm, sodass Daniel ihn spät abends noch einmal zudecken musste. Hatte das neue Kindermädchen diese Eigenheit schon bemerkt und ihn zugedeckt?
In den letzten beiden Tagen hatte Daniel nur fünfzehn Minuten jeden Morgen mit seinem Sohn verbracht. Den Rest des Tages verbrachte er entweder auf Deck oder in der Bibliothek, damit kein falscher Eindruck in Verbindung mit dem Kindermädchen entstand. Nur durch die strikte Einhaltung dieser Regeln war es möglich, die anderen Passagiere davon zu überzeugen, dass er die Situation nicht zu seinen Gunsten ausnutzte. Es sind ja nur noch ein paar Tage. In all den Wochen, in denen ich auf Geschäftsreisen war, habe ich auch keine Zeit mit Arthur verbracht. Damals hat er ja auch nicht unter meiner Abwesenheit gelitten ... oder doch?
Der Gedanke, dass Arthur keine Mutter mehr hatte, nagte an Daniel, doch er wollte sich von dem Gedanken auf keinen Fall in eine überstürzte Heirat drängen lassen. Ein erfahrenes, liebevolles Kindermädchen könnte Arthur auch großziehen. Daniel war immer so beschäftigt gewesen, dass er wichtige Dinge in seiner Ehe und Familie meist nicht bemerkte. Am Ende hatte seine Unaufmerksamkeit seine Frau das Leben gekostet. Nach diesem schrecklichen Fehler konnte er sich nicht vorstellen, noch einmal die Verantwortung für eine Frau zu übernehmen.
Heute war der Ozean glatt und ruhig, sodass das Kindermädchen Arthur mit auf das Deck gebracht hatte. Durch das Fenster der Bibliothek hatte Daniel sie beobachtet und sich ihren Weg genau eingeprägt. Von jetzt an würde er sich in einen der Liegestühle auf dem Deck setzen und dem Kindermädchen die Anweisung geben, seinen Sohn jeden Morgen pünktlich um halb zehn dort vorbeizubringen. Dann könnte sie sich eine Stunde freinehmen, während er mit seinem Sohn spielte. Der Plan gefiel Daniel. Zufrieden nahm er die Lampe und ging in sein Zimmer.
Der weiche Ledereinband seiner Bibel fühlte sich gut an, als er sich neben sein Bett setzte und sie aufschlug. Er blätterte zu der Seite, in der der seidene Faden, sein Lesezeichen, lag. Von dem Moment an, als er sich für diese Reise entschieden hatte, las er jeden Tag ein Kapitel aus dem ersten Buch der Bibel – dem Buch Genesis. Im neununddreißigsten Kapitel las er heute Abend die erschreckende Geschichte, wie Potiphars Frau versuchte, Josef zu verführen. Obwohl Josef ihr nicht nachgab, beschuldigte sie ihn später vor ihrem Mann. Herr, ist das nur der nächste Schritt in der Geschichte deines Volkes, oder ist das auch eine Warnung für mich? Das Bild von Miss Fairweather schoss ihm durch den Kopf. Es stimmte schon, sie kümmerte sich sehr gut um Arthur – aber er wusste praktisch nichts über sie.
Besorgt kniete sich Daniel neben sein Bett. „Allmächtiger Gott, ich danke dir, dass du uns an diesem Tag beschützt hast und dass es Arthur gut geht. Du kennst meine Sorgen und Bedenken, Vater, wegen des neuen Kindermädchens. Gib mir die Weisheit, gute Entscheidungen zu treffen. Gib mir offene Augen
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