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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Experimente (auch die ESP-Sache) möglichst nicht, außer wenn ich ihm erklären musste, warum wieder mal eins der Labors in Flammen stand. Lux war für meinen jetzigen Zweck perfekt, weil es dafür bekannt ist, dass es eine Menge Magie nach außen abstrahlt.
    Mein Betonsarg, der inzwischen halb voll Wasser stand, wurde in ein schwaches blaues Leuchten getaucht. An der Decke spielten grünliche Lichtreflexe. Ich versuchte den Zauber aufrechtzuerhalten, solange es nur ging, aber der Schmerz in meinem Kopf verstärkte sich, und die Forma entglitt mir.
    Ich begann mir einzubilden, die Stimmen der Toten zu hören. Jedenfalls hoffte ich, dass es nur meine Einbildung war. Im Londoner Untergrund sind schon haufenweise Leute gestorben, sei es durch Unfall, Blödheit oder Suizid – die vielen Personenschäden , deren letzter Wunsch es gewesen sein muss, dass die halbe Stadt zu spät zur Arbeit kam.
    Und ich hörte sie alle als ferne wortlose Schreie hilfloserWut, die ebenso plötzlich abrissen wie das letzte Graffito von Macky, dem glücklosen Sprayer.
    »Ich bin keiner von euch«, schrie ich – wobei ich glaube, dass auch das nur in meinem Kopf stattfand.
    Da fielen sie über mich her. All die Toten so vieler Jahre, aus den Zugunglücken und Tunnelbränden bis hin zu den Opfern des grässlichen Selbstmords des Jungen aus Bradford, der nicht mehr in der Frittenbude seines Vaters hatte arbeiten wollen. Viele von ihnen waren ohne Vorwarnung gestorben, aber andere hatten die Zeit gehabt, zu begreifen, was geschah, und am schlimmsten waren die Schreie derer, die noch einmal hatten Hoffnung schöpfen können, ehe die Finsternis sie verschluckte und dem steinernen Gedächtnis der Tunnel überantwortete.
    Das steigende Wasser lag als eisiges Band um meine Brust.
    Ich wollte nicht sterben, aber es ist leider so, dass einem diese Wahl nicht gegeben wird.
    Manchmal kann man nur noch warten und hoffen.
    Da ertönte über mir ein Rattern und Scharren. Zuerst dachte ich, es wäre Sir Tyburn, der wieder Lust auf ein Schwätzchen hatte, aber dann erkannte ich das unverwechselbare, himmlische Hämmern eines Pressluftbohrers.
    Ich wartete, bis der Lärm eine Pause machte, und gönnte mir ein letztes Mal den Genuss panischen Schreiens – diesmal legte ich sehr viel Gefühl hinein.
    Staub füllte meinen Mund.
    Und dann schien mir Licht in die Augen, aber gleich schob sich ein großes schwarzes Gesicht davor.
    »Alles in Ordnung, Kumpel?«, fragte das Gesicht. Ich fokussierte meinen Blick darauf und erkannte so etwas wieeinen gelben Helm und eine schwere feuerfeste Jacke. »Sind Sie Peter Grant?«
    Ich wollte Ja sagen, aber meine Kehle war staubverklebt.
    »Schluck Wasser?«, fragte der Feuerwehrmann. Er wartete nicht auf eine Antwort. Stattdessen schob er mir sanft einen Plastikstrohhalm zwischen die Lippen. »Erst nur ’n bisschen«, warnte er. »Sorry, wir haben keinen Sanitäter dabei, die Sache hier ist nämlich etwas heikel.«
    Wasser rann mir in den Mund und schmeckte so, wie Wasser schmeckt, wenn man stundenlang Durst hatte – wie das reine Leben. Wie lange war ich begraben gewesen? Ich wollte nachfragen, aber das führte nur dazu, dass ich husten musste. Ich beschränkte mich also darauf, das wundervolle Wasser zu trinken. Ich schwenkte es genussvoll im Mund und legte den Kopf zurück. Der Feuerwehrmann holte den Strohhalm ein. Wie es aussah, lag er auf dem Bahnsteig und sah durch ein Loch zu mir herunter. Hinter ihm stand auf einem Stativ ein Flutlichtscheinwerfer, und dahinter sah ich einen Wall aus noch mehr Schutt. Das verwirrte mich – ich hatte fest geglaubt, nicht tiefer als ein, zwei Meter gefallen zu sein.
    Es dauerte noch über eine Stunde, bis sie mich ausgegraben hatten.
    Es ist schwierig, die Herrlichkeit einer Rettung zu beschreiben. Es hat etwas von einer zweiten Geburt. Nur dass man diesmal schon weiß, was man mit seinem Leben anfangen wird – im Zweifelsfall genau das Gleiche wie vorher.
    Ich wurde auf eine Trage gelegt und bekam eine Infusion, ein EKG und eine coole Dosis Sauerstoff. Alles war wundervoll bis zu dem Augenblick, als Lady Ty sich mit finsterem Gesicht über mich beugte.
    »Tyburn«, sagte ich.
    Sie lächelte dünn. »Wen hatten Sie denn erwartet? Die UN-Hilfstruppen?«
    Ich verkniff es mir, »Toby den Hund« zu sagen, weil ich keine Lust hatte, doch noch zu sterben.
    »Haben Sie mich um Hilfe rufen hören?«, fragte ich, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass niemand in Hörweite war. »Ich hab

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