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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Röntgenassistenten hatten mich und Lesley seit dem Sommer immer mal wieder in den Fingern gehabt – Gott weiß, was sie glaubten, was ich hätte. Irgendeinen seltenen Gehirntumor, nehme ich an. Ich schien mich schon ganz gut an die Maschine gewöhnt zu haben, denn trotz des ohrenbetäubenden Gehämmers der Magnetspulen schlief ich mitten im Scan ein.

Samstag

23
Warren Street
    Ich erwachte in einem Einzelzimmer, das so aussah wie das, in dem auch Nightingale gelegen hatte, als er angeschossen worden war. Lesley war auf einem Stuhl neben meinem Bett eingeschlafen. Da sie mit der Maske nicht schlafen kann, hatte sie sie abgenommen, den Kopf aber auf unbequem aussehende Weise von der Tür weggedreht, damit niemand, der hereinschaute, ihr Gesicht sehen konnte. Die Maske lag unter ihrer Hand, damit sie sie sofort aufsetzen konnte, wenn ich erwachte.
    Im Schlaf sah ihr Gesicht so schlimm aus wie immer, aber erstaunlicherweise mehr wie ein Gesicht. Mir fiel es leichter, es zu betrachten, jetzt wo sie nicht zurückblickte und mit Argusaugen meine Reaktion beobachtete. Draußen war es dunkel, aber zu dieser Jahreszeit konnte das auch frühen Morgen oder späten Nachmittag bedeuten. Ich erwog, ob ich sie schlafen lassen sollte, beschloss aber, lieber nicht ihren Zorn zu riskieren, wenn sie von selbst aufwachte und mich dabei erwischte, wie ich sie anstarrte.
    Ich schloss die Augen und stöhnte theatralisch, bis sie sich regte und ich sie sagen hörte: »Ist okay. Ich hab sie wieder an.«
    Einen Hinweis darauf, wie lange ich geschlafen hatte,verschaffte mir die Tatsache, wie eilig ich es hatte, ins Bad zu kommen, und wie lange ich dort brauchte. Nachdem ich geduscht und ein frisches, aber ansonsten identisches rückenfreies Krankenhausnachthemd angezogen hatte, kroch ich dankbar zurück ins Bett und schlief wieder ein.
    Als ich wieder erwachte, war es Tag, und es roch nach McDonald’s. Mein Magen grummelte.
    Lesley war augenscheinlich weg gewesen und hatte mir ein unautorisiertes Mittagessen, die Zeitungen und die Bestätigung besorgt, dass Kumar und Reynolds beide mit unbedeutenden Prellungen und Schürfwunden entkommen waren.
    »Diese Miss FBI«, sagte sie. »Was sollte das eigentlich?«
    Im Austausch für den Big Mac und das Versprechen, dass sie mir ein paar saubere Anziehsachen holen würde, gab ich ihr einen ausführlichen Bericht über Peter Grants Reise zum Mittelpunkt der Erde. Ihr gefielen besonders die Disco am Holland Park und der Teil, wo ich mich ins 14. Jahrhundert halluziniert hatte.
    »Ich wette, der war sexy. All diese übernatürlichen Typen sind sexy.«
    Ich traute mich fast nicht zu fragen. »Stehen wir in der Zeitung?«
    Lesley hielt mir ein Boulevardblatt mit der Schlagzeile TERROR IN DER U-BAHN hin. Das war ja wohl das Understatement des Jahres. Ich merkte an, dass sie gar nicht auf den Weihnachtsfaktor hinwiesen. Woraufhin sie mir die Titelseite eines anderen Revolverblatts unter die Nase hielt, die komplett von der Riesenschlagzeile ausgefüllt war: XMAS-GRAUEN IM UNTERGRUND! Ich stöhnte.
    Der Commissioner war im Fernsehen aufgetreten undhatte kategorisch verneint, dass es einen terroristischen Hintergrund gebe. Dies wurde von Transport for London und dem Innenministerium bestätigt. Die offizielle Vermutung lautete, ein geplatztes Wasserrohr habe die Station unterspült und ein lokales Absacken herbeigeführt. Der Schaden war auf den Bahnsteig beschränkt geblieben, und man hoffte den Bahnverkehr pünktlich zum Ausverkauf am zweiten Weihnachtsfeiertag wieder aufnehmen zu können.
    Es herrschte eine bemerkenswerte Abwesenheit von Überwachungskamerabildern oder auch nur Handyfotos. Später erfuhr ich, dass mein Freund, der Erdbändiger, bei seiner Aktion jeden Mikrochip im Umkreis von zehn Metern geschreddert und innerhalb weiterer zwanzig jede Kamera und jedes Handy funktionsuntüchtig gemacht hatte.
    »Gratuliere«, sagte Lesley. »Nach dieser Geschichte wird sich kein Mensch mehr an den Brand in Covent Garden erinnern.«
    »Wurde ich mit Namen erwähnt?«, fragte ich.
    »Erstaunlicherweise nein. Weil in der Zeit, während sie dich ausgruben, am Sanitätspunkt eine hochschwangere Frau Wehen bekam und praktisch die ganze Geburt vor laufenden Kameras stattfand.«
    »Na, das war sicher ein gefundenes Fressen.«
    »Es wird noch besser. Sie bekam Zwillinge.«
    Das konnte unmöglich eine absichtliche Ablenkung sein, die Nightingale (oder wer auch immer für so was verantwortlich war) sich ausgedacht

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