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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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mehrere Wasser- und Abwasserleitungen zerriss, woraufhin Balham Station überflutet wurde. Ich war nicht wild darauf, diese spezielle historische Begebenheit nachzustellen. Ich redete mir ein, dass mein kleiner Hohlraum sich bestimmt nicht sehr schnell füllen würde und es auch gar keinen Grund gab zu glauben, dass das Wasser weiter als bis an meine Knöchel steigen würde. Es war alles sehr überzeugend, und ich überlegte gerade, ob ich mir die Zeit mal wieder mit ein bisschen panischem Geschrei vertreiben sollte, da hörte ich über mir ein Geräusch.
    Es war ein Vibrieren im Beton, ein scharfes Hämmern von Metall auf Stein. Ich öffnete den Mund, um zu rufen, aber aus der Dunkelheit fiel ein Dreckschauer auf mich herab, und ich musste den Kopf zur Seite drehen und wild um mich spucken, um nicht zu ersticken. Wie ein Schlag traf mich plötzlich helles Sonnenlicht an der Schläfe, und Finger gruben sich in meine Schultern. Es ertönte Fluchen, Keuchen und Lachen, und ich wurde ins Licht gezerrt und auf den Rücken gelegt. Ich zappelte wie ein Fisch und ruderte mit den Armen, nur weil es wieder möglich war.
    »Obacht, der Kerl ist besessen«, sagte eine Männerstimme.
    Ich hörte auf, mich zu bewegen, und blieb auf der Seite liegen, um meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen.
    Unter mir war Gras, was mich leicht überraschte. Ich spürte es an der Wange, und der grüne Duft kitzelte mich in der Nase. Über mir sangen Vögel – unglaublich laut –, ich hörte die Stimmen vieler Menschen, was zu erwarten war, und das Muhen von Kühen, was mir eher unmöglich vorkam.
    Im hellen Licht blinzelnd, sah ich, dass ich auf einem grasbewachsenen Flussufer lag. Ungefähr drei Meter vor mir hing eine weiße Staubwolke in der Luft, aufgewirbelt von Passanten und einer Herde Kühe. Mini-Kühe, stellte ich fest – ihr Widerrist reichte dem halbwüchsigen Jungen, der sie mit dem geübten Schnalzen einer langstieligen Peitsche vorantrieb, kaum bis zur Brust. Den Zwergkühen folgte ein Strom merkwürdig gekleideter Leute mit Säcken über den Schultern oder Beuteln unter dem Arm. Die meisten trugen rostrote, erdbraune oder grüne Tuniken, Kappen oder Kapuzen auf dem Kopf und unten herum entweder gar nichts oder Leggings. Ich beschloss, mich nicht weiter um sie zu kümmern und lieber zu versuchen, in eine aufrechte Position zu kommen.
    Von Oxford Circus sind es fünfzehn Kilometer bis zum nächsten Bauernhof – war ich versetzt worden?
    Ich versuchte etwas Speichel in den Mund zu kriegen – hier brauchte jemand was zu trinken. Und zwar bald.
    In zwei Metern Entfernung stand ein Trio nicht sehr vertrauenerweckender weißer Männer und starrte mich an. Zwei von ihnen trugen nichts bis auf eine Art weite Leinenhose, die um den Gürtel gerollt war und kaum bis zu den Knien reichte. Ihre sehnig-muskulösen Schultern glänzten vor Schweiß. Der eine hatte ein paar unschöne rote Striemen auf dem Oberarm. Auf dem Kopf hatten sie schmutzige weiße Leinenkappen, und beide trugen ordentlich gestutzte Bärte.
    Der dritte war besser gekleidet. Er trug eine smaragdgrüne Tunika mit feinen Stickereien an Kragen und Armschlitzen über einem strahlend weißen leinenen Hemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt waren.In dem Ledergürtel mit kunstvoller Schnalle, der die Tunika zusammenhielt, steckte in dreister Missachtung von Paragraph 139 des Strafgesetzes von 1988, wonach das Mitführen von Dingen mit scharfen Spitzen und Klingen an öffentlichen Orten verboten ist, ein klassisches englisches Breitschwert mit kreuzförmigem Heft. Er hatte einen schwarzen Pagenschnitt, blasse Haut und dunkelblaue Augen. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Als hätte ich mal einen Verwandten von ihm getroffen oder so.
    »Ist der verbrannt?«, fragte einer der Halbnackten.
    »Nur von der Sonne«, entgegnete der Mann mit dem Schwert. »Es ist ein Mohr.«
    »Ist er ein Christ?«
    »Gewiss ein besserer Christ als du«, sagte der Mann mit dem Schwert. Er deutete irgendwo hinter die beiden. »Ist dort nicht euer Meister? Solltet ihr nicht bei der Arbeit sein?«
    Der Schweigsame von den beiden spuckte auf den Boden. Sein Freund deutete mit dem Kinn auf mich. »Wir haben ihn ausgegraben.«
    »Und ich bin sicher, er weiß es euch zu danken.« Die Hand des Mannes glitt nach unten und legte sich beiläufig auf den Schwertgriff. Der Schweigsame spuckte noch einmal aus, packte seinen Kumpel am Arm und zog ihn fort. Als ich ihnen nachsah, bemerkte ich, dass in

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