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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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setzten ihn in ein Vernehmungszimmer, versorgten ihn mit ein paar Keksen und einem Becher Tee, gaben ihm fünf Minuten Zeit, um sich zu akklimatisieren, dann ging ich rein. Seawoll schätzte, dass wir ungefähr eine halbe Stunde hatten, bis sein Anwalt eintreffen würde – schön, wenn man ohne Druck arbeiten kann.
    Ich setzte mich und fragte ihn, ob er etwas brauche.
    Er sah blass und abgespannt aus, und sein Haar war schweißfeucht, aber seine blauen Augen hinter den Brillengläsern blickten hellwach.
    »Meinen Anwalt«, sagte er. »Ich bin sicher, dass ich noch alle möglichen Grundrechte habe.«
    Ich bestätigte ihm dies und versicherte ihm, dass wir seinen Rechtsbeistand jede Minute erwarteten.
    »Aber in der Zwischenzeit«, sagte ich, »sollten wir über ein paar Sachen reden, die wahrscheinlich in der Gerichtsverhandlung nicht erwähnt werden.«
    »Zum Beispiel?« Augenscheinlich war er dabei, seine Fassung wiederzugewinnen. Das ging natürlich nicht.
    »Das Stille Volk«, sagte ich. Er wirkte ehrlich überrascht, was ich etwas besorgniserregend fand. »Sonnenbrillen, bleich, leben in der Kanalisation, halten Schweine und machen Töpfe. Klingelt da vielleicht was?«
    »Oh«, sagte er. »Sie meinen die Wisperer.«
    »Nennen Sie sie so?« Ich dachte wieder einmal, dass wir dringend eine einheitliche Nomenklatur brauchten. Am besten gleich eine EU-Direktive, damit wir uns europaweit über das Unheimliche verständigen konnten. Oder nein, vielleicht besser doch nicht – am Ende wäre dann alles französisch.
    »Das Wispern müssen Sie doch bemerkt haben«, sagte er.
    »Und das Gegrabsche«, sagte ich.
    Er verzog den Mund zu einem halben Lächeln. »Das war eher die Sonderzulage.«
    »Sie kommen mir nicht sehr überrascht vor, dass wir darüber reden«, sagte ich.
    »Ein Volk, das unter Westlondon wohnt wie die Morlocks. Ein unterirdisches Volk der viktorianischen Ära, mit Schiebermützen und Dampfmaschinen und allem Drum und Dran. Ich als Ire bin überhaupt nicht überrascht, dass der britische Sicherheitsapparat seine Tentakel auch dorthin ausstreckt.«
    »Wenn Sie für ihn arbeiten würden, wären Sie’s.«
    Er lächelte dünn. »Wenn Sie von den Wisperern wissen, was genau wollen Sie dann eigentlich von mir?«
    »Ihnen ist klar, dass Sie für den Mord an James Gallagher dran sind, so oder so.«
    »Mir ist nichts dergleichen klar«, sagte er, ließ aber unbewusst seine rechte Hand, die mit dem frischen Verband, außer Sicht unter den Tisch gleiten. Die fingerlosen Handschuhe in der Tate Modern waren keine Schrulle gewesen, sondern Tarnung.
    »Die Wunden an Ihrer Hand entsprechen der Form der Mordwaffe. In zwölf Stunden haben wir das Ergebnisder DNA-Untersuchung des Abstrichs, den man vor zehn Minuten bei Ihnen gemacht hat, und das wird dem Blut entsprechen, das wir an der Waffe gefunden haben.« Ich verstummte, um das einsinken zu lassen. »Seit wir erfahren haben, dass es noch weitere Zugänge zum Tunnelsystem gibt, werten wir die Daten der Überwachungskameras um Bayswater und Notting Hill aus. Früher oder später knacken wir Ihr Alibi.«
    HOLMES zufolge hatte man Carroll am Tag nach meiner Begegnung mit ihm befragt. Er hatte ein Alibi: eine gewisse Siobhán Burke behauptete, er habe die fragliche Nacht in ihrem Bett verbracht.
    »Ob Ms. Burke eine Anklage wegen Beihilfe erwartet«, sagte ich, »hängt insbesondere vom Ausgang dieses Gesprächs ab.« Das war eine glatte Lüge – Stephanopoulos würde Siobhán Burke auf jeden Fall mit einer Anklage drohen, damit sie aufhörte, Ryan Carroll zu decken, aber vielleicht würden wir mehr aus ihm herausbekommen, wenn wir Burke ins Spiel brachten. Wir sind nicht wählerisch in unseren Methoden – wenn wir einen Hebel finden, dann benutzen wir ihn auch, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Diese Vorgehensweise – zu versuchen, den Verdächtigen noch vor Ankunft des Anwalts zum Geständnis zu bringen – war hochriskant. Ich konnte praktisch hören, wie Seawoll im Nebenzimmer, von wo aus er das Verhör zweifellos mitverfolgte, mit den Zähnen knirschte. Ich vermutete, dass auch Stephanopoulos da war, ganz sicher Nightingale und wahrscheinlich Agent Reynolds, in welchem Falle auch ihr Zerberus Kittredge dabei sein würde. Für ein Verhör, das offiziell gar nicht stattfand, war das ein ganzer Haufen Zeugen.
    »Das ist mies«, sagte er. »Selbst für die Polizei ist das unglaublich mies.«
    »Was ich sagen will, Ryan«, sagte ich, »ist, dass wir haben, was wir

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