Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)
Augen und darin einen Ausdruck panischer Entschlossenheit registrierte.
Die notorisch schlechte Zielgenauigkeit der Sten-Gun rettete mir vermutlich das Leben.
Ein blendender Blitz, ein betäubender Knall, und dann schlug mir ein Presslufthammer in die Brust, einmal, zweimal, dreimal. Ich taumelte rückwärts und versuchte den Zauber aufrechtzuerhalten, während ein Teil meines Gehirns schrie, dass ich tot war.
Dann wurde es stockfinster, und ich stürzte rücklings über das Wehr.
Ich rollte die Stufen hinunter, stieß mir Ellbogen, Knie, Hüfte und Schultern an, wurde plötzlich unter Wasser gezogen und schrammte mit dem Gesicht über den rauen Stein des Kanalbodens. Ich stieß mich ab, kam an die Oberfläche, schnappte nach Luft und versuchte auf die Füße zu kommen.Ich hatte es gerade geschafft, als etwas Menschengroßes gegen mich prallte und wir beide wieder untergingen.
Jemand packte mich unter den Achseln, hievte mich in den klassischen Rettungsschwimmergriff und schnaufte verärgert dicht an meinem Ohr.
»Reynolds?«, keuchte ich.
»Still«, zischte sie.
Sie hatte ja recht. Mister Sten-Gun stand vielleicht noch oben am Wehr, vielleicht war er sogar auch heruntergekommen – ich hätte das sicher nicht mitgekriegt.
Reynolds ließ sich und mich mit der Strömung treiben, um möglichst viel Distanz zwischen uns und den Schützen zu legen.
»Ich glaube nicht, dass er uns folgt«, sagte mir in diesem Moment Kumar genau ins Ohr.
»Jesus Christus!« Es gelang mir, es nur leise zu keuchen.
»Ich? Ich bin hier nicht derjenige, der von den Toten auferstanden ist«, flüsterte er zurück.
»Keine Gotteslästerung, bitte«, zischte Reynolds.
Ich erinnerte mich wieder an die Hammerschläge auf meine Brust. »Die Weste hat sie aufgefangen.«
Kumar grunzte erstaunt – das mit dem Stich- und Kugelschutz der Metvest hat kein Beamter, den ich kenne, je wirklich geglaubt.
»Ich denke, wir sind weit genug weg, dass Sie die Lampe wieder anschalten können, Sergeant Kumar«, sagte Reynolds.
»Würde ich liebend gern, aber ich fürchte, sie hat den Geist aufgegeben.«
»Ihre auch? Das gibt’s doch nicht. Was ist mit Ihrer, Peter?«
Ich musste es nicht ausprobieren. Ich fragte Kumar, ob er noch Leuchtstäbe hatte.
»Nur einen.« Er knickte ihn und schirmte das gelbliche Licht sorgfältig mit seinem Körper ab.
»Sie können mich loslassen«, sagte ich zu Reynolds. »Ich kann allein stehen.«
Sie ließ mich los, und ich rutschte prompt auf dem schlüpfrigen Boden aus und musste mich schräg gegen die Strömung stemmen, um nicht abgetrieben zu werden. Das Wasser reichte mir bis zur Taille. Nach Kumars Vermutung bestand es wohl aus geschmolzenem Schnee und einem ungewöhnlich starken Regenguss im Nordlondoner Einzugsbereich.
»Wie viel Zeit haben wir?«, fragte ich.
»Höhlensysteme können sich rasend schnell füllen, und dieses System hier wurde eigens dazu gebaut, so schnell wie möglich Unmengen von Wasser aufzunehmen.«
»Dann sollten wir wohl nicht länger hier unten bleiben.«
»Ach, meinen Sie?«, fragte Reynolds.
Wir kamen zu dem Schluss, dass wir es unabhängig von dem Amokschützen hinter uns vermutlich sowieso niemals schaffen würden, uns wieder stromaufwärts zu kämpfen. »Weiter stromabwärts wird es auch Zugänge zur Oberfläche geben«, sagte Kumar. »Am besten, wir lassen uns mit der Strömung treiben, bis wir einen finden.«
Ich sah Reynolds an. Sie zuckte mit den Schultern. »Na gut, von mir aus.«
Also stellte Reynolds sich hinter mich und packte mich an den Schultern, und Kumar stellte sich hinter sie und packte sie an den Schultern, und auf drei ließen wir uns alle fallen und das Kanalrohr entlangschwemmen.
Das Wasser füllte es bereits bis über die Hälfte und war so kalt wie ein Gebirgsbach. Fragen Sie nicht – ich bin schon mal Kajak auf einem Gebirgsbach gefahren, auf einem Schulausflug, und einen großen Teil der Zeit habe ich unter Wasser verbracht. Wie auch jetzt, weil ich der Vordermann war, nur war das Wasser nicht ganz so sauber. In der absoluten Schwärze bewirkte Kumars Leuchtstab nicht viel mehr, als der Dunkelheit ein paar Konturen zu geben und den generellen Eindruck zu verstärken, dass wir völlig ausgeliefert waren.
»Jaa!«, schrie ich. »Jetzt sind wir ein Dreierbob.«
»Nein, ein Dreierrodel«, schrie Kumar zurück. »Zum Bobfahren braucht man erst mal einen Bob.«
»Sie haben doch beide keine Ahnung«, rief Reynolds. »Dreierrodel gibt’s gar
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